Nach zwei Tagen hatte ich mich soweit gefangen, dass ich ihn anrief. Ich erklärte ihm, dass ich eine Vertrauensperson schicken würde, welche mich vertreten und die Aufsicht über meine Geschäftsanteile übernehmen werde. Kurz darauf erschien er bei mir. Und wieder spielte er mir sein ganzes Repertoire vor. Er weinte, auf Knien vor mir liegend, wie ein kleines Kind. Ich müsse seine Situation verstehen. In mühsamer Arbeit habe er in vielen Jahren sechzigtausend Mark gespart. Er könnte es sich einfach nicht erlauben auf diese Ersparnisse zu verzichten. Für den Bau seines Hauses müsse er diese Summe dringend haben. Jedoch wolle seine Frau das Geld nur dann rausgeben, wenn er bei ihr bliebe. Um unseres Kindes Willen solle ich Verständnis und Geduld haben. Schließlich baue er das Haus um eines Tages mit mir darin zu leben. Diesmal wurde ich nicht weich. Ich erklärte ihm: dass er erst einmal seine Familien- Angelegenheiten bereinigen solle. So lange wolle ich nicht den geringsten Kontakt zu ihm haben. Dummerweise ließ ich mich aber dazu überreden, dass er weiterhin über meine Anteile verfügen könne. Auf die Einstellung einer Vertrauensperson verzichtete ich. Einige Tage später hatte sich dies von alleine geregelt. Die Polizei machte das Casino dicht.
Nun wollte ich von Franco mein restliches Geld haben. Jedoch ließ ich mich von ihm zu einer neuen Investition überreden. Er hatte die günstige Gelegenheit, Anteile an einem Würfel-Casino in der Nachbarstadt zu kaufen. Obwohl ich eigentlich von dieser Art Geschäfte gar nichts hielt, schaffte er es trotzdem, meine Gelder mit einzubauen. Schließlich müsse er doch mich und später auch das Kind von irgendeiner Einnahme ernähren. Dieses Argument sah ich dummerweise ein.
„Ruth, hallo! Was ist denn? Sag mal, träumst Du? Ich habe Dich jetzt schon dreimal gefragt, was Du trinken möchtest. Das muss ja ein spannender Film sein, den möchte ich auch gerne sehen. Also was ist jetzt? Gibst Du mir jetzt endlich eine Antwort?“ schimpft Nina empört. Ich nehme mich zusammen, antworte: „Wenn Du hast, hätte ich am liebsten Malzbier. Hm, das sieht aber lecker aus! Aber das soll ich doch nicht alles essen, was Du mir da auf den Teller gelegt hast? Das ist doch viel zu viel, Nina! Mit vollem Magen schlafe ich nicht so gut. Außerdem wird man davon dick.“
Lachend stellt sie die Gläser mit der leckeren, braunen Flüssigkeit auf den Tisch und meint: „Wenn Du davon dick wirst ist das gut! Du hast es ja dringend nötig! Nur noch Haut und Knochen bist Du. Wird Zeit, dass Du die verlorenen Pfunde wieder zulegst. Sonst fällst Du noch eines Tages vor Schwäche um. So, nun iss, es wird ja schon fast wieder kalt. Guten Appetit!“
Sie hat sich wie immer sehr viel Mühe gegeben. Kochen und Essen gehören zu ihren Leidenschaften. Man sieht es ihr auch an. Allgemein ist sie ein liebes, kumpelhaftes Mädel. Vielleicht ein bisschen verrückt und oft etwas zu vorlaut. Dafür sind Hilfsbereitschaft und Fleiß ihre hervorstechenden guten Eigenschaften. Aber leider kann sie auch oft launisch und mürrisch sein. Diese Eigenheiten und ihre Besitzergreifende Art sind wohl der Grund, warum es kein Mann lange bei ihr aushält. (Komisch, ich weiß die Kerle nie loszuwerden!)
Kauend fragt Nina: „Willst Du mir nicht endlich erzählen, was Du vorhin mit Ede besprochen hast? Du hast meine Frage schon zweimal überhört. Willst Du ihn als Teilhaber nehmen?“
Nickend bestätige ich: „Ja, darum ging es. Seine Mannschaft und er wären mir am liebsten. Alleine schaffe ich es nicht mehr. Du hast ja selbst gesagt, dass ich dringend Urlaub brauche. Ich fühle mich total geschlaucht!“ Lustlos und mürrisch wendet sie ein: „Das stimmt. Ich verstehe Dich ja auch. Aber wenn ausgerechnet der bei uns Chef ist, haben wir nichts mehr zu lachen. Ich hab das mal auf der ‚Treppe’ mitgekriegt. Da hat er einen Croupier vor allen Leuten zur Sau gemacht. Dem passte kein Hut mehr! Ede hat den total zusammengeschrien. Wenn dem was nicht passt, kann der fürchterlich grantig werden. Nee, eine gute Idee ist das nicht von Dir. Ausgerechnet der Boxer. Nee, ich weiß nicht!“
Abwehrend erkläre ich ihr: „Sei nicht so voreilig, Nina. Es ist doch gar nicht gesagt, dass er dann bei uns Dienst macht. Da Ede genug mit der ‚Treppe’ und dem ‚Luisa’ zu tun hat, wäre es möglich, dass der Dicke oder Klaus zu uns kommen. Außerdem ist die Diskussion noch verfrüht, solange die Sache noch nicht feststeht.“
„Wenn Klaus zu uns kommen würde, wäre es gut. Den Dicken kenne ich kaum. Aber bei Klaus hab ich früher mal kurz gearbeitet. Der ist in Ordnung. Ich bin damals mit ihm sehr gut ausgekommen. Manchmal ist der richtig lustig und ein großzügiger Chef. Ich hab bei ihm gut verdient!“ schwärmt sie mir vor.
Grinsend denke ich: Ist ja interessant. Dann durfte er Dich sicher auch befummeln. Es ist ja dafür bekannt, dass er bei seinem weiblichen Personal gerne an Arsch und Titten herum grabscht. Wenn man ihn lässt, zeigt er sich gerne großzügig. Aber wenn man ihm auf die Finger haut, kehrt er den strengen Chef heraus. Bei mir durfte er damals nicht, deshalb war er auch ganz schön eklig zu mir. Du hattest also nichts gegen seine Fummelei? Na ja, Dir ist eh egal, wer fummelt. Hauptsache es wird gefummelt. Du bist ja als geiles Huhn bekannt! Warum Du nicht in nen Puff gehst, verstehe ich nicht. Da kämst Du doch mal endlich voll auf Deine Kosten, dort wärst Du genau richtig. Und Freier fändest Du auch wegen Deiner Riesen-Titten genug. Du vergeudest Deine Talente!
Belehrend erwidere ich: „Für mich hätte es den Vorteil, dass ich entlastet wäre. Nino könnte ich auszahlen, außerdem mal in Ruhe vierzehn Tage Urlaub machen. Wenn Du willst, nehme ich Dich mit. Du hast doch heute Abend selbst noch gesagt, dass Du gerne in Urlaub fahren möchtest. Oder nicht? Wenn diese Vereinbarung zustande kommt, könnte ich es mir sogar erlauben, Dich einzuladen! Was hältst Du davon?“
Nun ist sie Feuer und Flamme! Sie strahlt sofort! Im Hinblick auf den kostenlosen, gemeinsamen Urlaub freut sie sich: „Das wäre ja toll! Eigentlich hast Du ja recht. Sicherlich wirst Du weiterhin mitarbeiten? Dumme Frage von mir. Ich weiß doch, dass Du kein Hausmütterchen bist und an dem Laden hängst. Was sollst Du auch den ganzen Tag zu Hause? Also, wenn ich es mir genau überlege, finde ich Deine Idee doch gut. Wann erfährst Du denn, ob es klappt?“ fragt sie ungeduldig und sieht mich neugierig an. „Spätestens übermorgen. Wenn das klar ist, werde ich noch wegen der Renovierung mit denen sprechen. Aber ich denke, sie werden damit einverstanden sein. Wenn das alles geklärt ist, fliegen wir beide nach Gran Canaria.“ verspreche ich. Begeistert überlegt sie schon jetzt laut, was sie alles auf der Reise mitnehmen will. Das belustigt mich. Schmunzelnd über ihre kindliche Vorfreude, höre ich ihr zu. Als sie beginnt den Tisch abzuräumen, lehnt sie meine Hilfe mit den Worten ab: „Nein, lass mal. Ich wasche das Geschirr alleine ab. Für zwei Personen ist es in meiner Küche sowieso zu eng. Mach es Dir inzwischen gemütlich. Möchtest Du eine süße Nachspeise?“ Entsetzt wehre ich ab: „Willst Du mich mästen? Ich bin so satt, da passt kein Krümel mehr rein. Von Süßigkeiten ganz zu schweigen. Igitt! Das ist sowieso nichts für mich. Einen Cognac zur Verdauung könnte ich vertragen, wenn Du hast. Das Essen war sehr lecker, aber zu reichlich für mich!“ stöhne ich.
Nach dem gewünschten Getränk bringt sie mir noch einen Schlafanzug. Ich bitte sie um Bettzeug, damit ich mir die Couch herrichten kann. Ihr Angebot, mit in ihrem Bett zu schlafen, lehne ich dankend ab. Das ist mir zu beengend.
Nachdem ich erfrischt im Nachtzeug aus dem Badezimmer komme, lege ich mich faul, mit vollem Magen auf die Bett-Couch. Nina hantiert klappernd in der Küche. Meine Frage, ob ich ihr nicht doch schnell helfen soll, verneint sie energisch. Plötzlich kommt sie mit dem Handtuch in der Hand aus der Küche gerannt und fragt: „Du warst doch schon mal auf Gran Canaria, oder?“
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