1 ...6 7 8 10 11 12 ...24 Mel hob die Arme, beschwichtigend machte sie einen Schritt auf Emilia zu. "Lia, es ist nicht so, wie es aussieht."
"Tatsächlich? Weißt du nämlich wie es für mich aussieht? Drogen! Das ist gefährlich! Nicht nur für dich, sondern für alle die was davon mitkriegen könnten!"
„Das Zeug ist überhaupt nicht so gefährlich" sagte Mel ausweichend.
"Ich meine nicht deren Wirkung du Idiot! Ich meine was passiert, wenn dich irgendwer erwischt!" Emilia wurde richtig wütend. Sie bemühte sich dennoch leise zu sprechen, das hier sollte schließlich nicht jeder mitbekommen.
"Nein- die sind nicht-" nur ein paar abgehackte Wörter purzelten aus Mels Mund.
"Was? Die sind nicht für dich? Na dann stört es dich nicht, wenn ich das mache oder?!" Knurrte Emilia. Sie nahm das Drogensäckchen in ihre rechte Hand, riss es auf und katapultierte es in hohem Bogen in einen Gartenteich wenige Meter neben ihnen. "NEI-" rief Mel und griff dem Säckchen nach ins Leere. Es plätscherte und das weiße Pulver verteilte sich in dem dunklen Wasser. Die Hand immer noch erhoben drehte sich Mel mit entsetzten Gesichtsausdruck zu Emilia herum. Ihr Gesicht schien vor Wut rot anzulaufen.
"Was hast du getan? Bist du WAHNSINNING?" Brüllte Mel los.
"Nein Mel, Was hast DU getan!" Gab Emilia nicht minder wütend zurück.
"Ich wollte nur deine Kette zurückholen, du, du-" ihr schien kein passendes Schimpfwort einzufallen. Stattdessen stürzte sie plötzlich auf Emilia zu. Emilia stolperte überrumpelt ein paar Schritte zurück und hob die Hände schützend vors Gesicht. Sie hatte nicht damit gerechnet das Mel sie angreifen würde. Tat Mel auch nicht. Sie umschloss aber Emilias Hand und entwendete ihr die Skarabäuskette.
"Was du kannst, kann ich schon lange Lia!" Schnaufte sie wütend und warf die Kette ebenfalls ins Wasser.
Na und? Wollte Emilia ihr entgegen pfeffern, aber sie brachte die Silben nicht über die Lippen. Plötzlich fühlte es sich so an als ob ein Anker in ihrem Bauch versank und das schwere Gefühl auf ihren Lungen war wieder da. Sprachlos starrte sie auf den Teich. Bevor die Situation noch weiter ausufern konnte, hörten die beiden klirrende Geräusche aus der Villa. Beide wandten die Köpfe automatisch zurück zum Haus. Glas klirrte, irgendetwas war zerbrochen und laute Rufe hallten zu ihnen herüber. Das war kein Partygeschrei.
"Mist!" Fluchte Mel und lief zurück ins Haus.
"Was zum-?" Emilia folgte ihr so schnell sie konnte.
Mel war zu schnell im Haus verschwunden und Emilia verlor sie aus den Augen. Sie trat durch eine moderne Tür und stand in einem der unzähligen Hausflure von Dr. Salveters Villa. Durch welche weitere Tür war Mel jetzt gehuscht?
Emilia hielt inne und lauschte von wo die Geräusche kamen. Jemand hatte etwas zerbrochen und sich gestritten. Durch den Lärm, den die ausartende Party verursachte, konnte sie jedoch nichts anderes mehr hören. Brummende Musik und das trippelnde Tanzen der vielen Gäste schluckte alle anderen Geräusche.
Wahllos riss sie die nächstbeste Tür auf und geriet in ein selten benutztes Nebenzimmer. Bis auf ein paar teure Designermöbel von zweifelhaftem Geschmack war nichts zu sehen. Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich eine weitere Tür. Emilia durchquerte rasch das schwach beleuchtete Zimmer darauf zu. Da schwang die Tür wie bei der Auktion, von selbst nach hinten auf und, ebenfalls wie bei der Auktion, stolperte sie in einen Kerl hinein. Einen blonden jungen Kerl. Erschrocken tapste Emilia wieder einige Schritte zurück. Sonnenblondes Haar fiel ihm in die Stirn und er trug seine schwarze Motorradjacke.
„Ups, falsches Zimmer.“
Diesen Blondschopf hatte Emilia mehr als einmal gesehen:
"DU! Was zum Teufel willst du hier?" Fragte sie ihn übermäßig feindselig (viel feindseliger als es für sie üblich war, selbst bei einem Dieb).
Der Blondschopf dagegen erkannte sie nicht und zog spöttisch eine Augenbraue hoch.
"Tut mir leid Prinzessin, aber ich merke mir nicht jedes eurer Gesichter.“ Grinste er selbstgefällig. Er sah ziemlich, ziemlich gut aus. Was er wusste, denn er strahlte die pure Arroganz und Selbstsicherheit aus. Emilia hatte nicht vor sich einschüchtern zu lassen.
"Du bist dieser Dieb der mir meine Kette von der Auktion gestohlen hat! Was wollen du und deine Drogendealer Freunde hier? Das ist eine Privatveranstaltung, ohne kriminelles Terrino-Gesindel.“ Fauchte sie bissig. Ihre ganze angestaute Wut entlud sich auf den Typen. Naja er war auch irgendwie ursächlich für den ganzen Schlamassel. Es war ihr momentan egal, dass sie die Bewohner eines gesamten Stadtteils auf ihren gesellschaftlichen Status dezimierte. Etwas, dass sie unter gewöhnlichen Umständen niemals tun würde. Die Aura des Jungen hatte einfach etwas an sich, dass sie reizte. War es seine Arroganz oder seine Selbstgefälligkeit: Sie wusste es nicht, aber sie wollte das er wütend wurde und ihm das selbstgefällige Grinsen aus dem Gesicht fiel. Etwas in ihr wollte ihn provozieren.
Da blickte er ihr zum ersten Mal direkt in die Augen. Emilia erschauderte innerlich. Seine Augen waren... selten hatte sie so dunkle, katzenhafte Augen gesehen. Eigentlich waren sie schwarz und bildeten dadurch einen strengen Kontrast zu seinem hellen Haar. Sie waren kalt und hart, dennoch saß ein glänzender, hämischer Schalk in ihnen und ein loderndes Feuer brannte dahinter.
„Terrino-Gesindel?“ fragte er auf einmal gefährlich süß. Er kam einen Schritt näher und legte den Kopf schief. Emilia wich leicht zurück. Die Luft kühlte plötzlich um zehn Grad ab. Ihr stellten sich die Nackenhaare auf.
„Oh wir werden doch wohl keine Angst haben? Wir bösen Nachbarn wollten nur ein bisschen Spaß mit euch haben.“ Höhnte er voller Spott.
„Seht zu, dass ihr verschwindet oder ich rufe die Polizei.“ Sagte Emilia mit fester Stimme, wich jedoch noch ein Stückchen zurück.
„Du hältst dich für so viel besser als wir nicht wahr? Los mach doch kleines Mädchen, ruf die Polizei. Deine kleine rothaarige Freundin kann uns dann gleich begleiten." Grinste er böse.
Unsicherheit huschte kurz über Emilias Gesicht, was dem Blondschopf nicht entging.
"Ach wusstest du das nicht? Wir sind von ihr eingeladen worden. Die Rothaarige hat nämlich noch ein paar Schulden zu begleichen." Er schien es zu genießen wie sehr er Emilia verunsicherte.
"Tja das kommt davon we-"doch weiter kam er nicht. Schreie drangen durch die Türen. Emilia erkannte Bens Stimme und der Blondschopf schien auch jemanden an der Stimme zu erkennen. Schon ließ er Emilia stehen und flog zur Tür hinaus. Emilia folgte ihm auf dem Fuße. Das unfreiwillige Duo platzte mitten hinein in ein kleines Spektakel. Emilia hatte recht behalten. Alle Terrinotypen die sie gestern am Parkplatz gesehen hatte, waren auf Mels Party aufgetaucht. Sie standen auf dem schwarzen Perser Teppich vor der Haustür.
Ben hatte die Drogendealer ausfindig gemacht und sie vor allen anderen angeprangert. Er wollte sie mit dem kollektiven Willen aller vertreiben. Melica stand verzwickt daneben und hatte keinen Plan was sie jetzt tun oder lassen sollte. Sie wollte nicht zeigen, dass sie etwas mit den Kerlen zu tun hatte. Schon gar nicht neben dem großen Publikum an Partygästen.
Emilia trat angespannt der Schweiß auf die Stirn. Sie hätte Ben nichts davon erzählen sollen. Er brachte erst recht einen Radau rein. Bezüglich Mel war der Typ einfach nicht berechenbar. Betrunken zu sein war seiner Zurechnungsfähigkeit ebenfalls nicht förderlich. Er stand in vorderster Front und brüllte einen nicht minder großen schwarzhaarigen an.
„Ihr scheiß Terrino Dreckskerle! Haut ab ihr Abschaum!“ brüllte er. Dank des Alkohols bracht er nicht einmal den Satz gerade heraus. Happig wurde die ganze Sache als er sein Gegenüber zu Boden schubste. Ben war zwar betrunken, aber ein Berg an Muskeln, war immer noch ein Berg an Muskeln. Der Alkohol verursachte bloß, dass seine angesoffene Kraft schwerer zu kontrollieren war.
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