Zur Ehrenrettung von Fanny: Sie ist eine wohlerzogene und auch sehr menschenfreundliche Stute, die immer darauf bedacht ist, dass „ihrem Menschen“ nichts passiert. Sie hatte an diesem Abend nur etwas Lange Weile, da sie krankheitsbedingt mehrere Tage in ihrer Box bleiben musste. Wie menschenbezogen sie wirklich ist, habe ich vier Monate später erfahren dürfen. Dazu aber später mehr.
Warum vier Bäuche einer zu viel sind
Einige Zeit später, es wurde ganz langsam endlich etwas wärmer, wurden die Pferde wie gewohnt abends von der Koppel in den Stall geholt. Der Einfachheit halber nicht jedes einzeln, sondern vielmehr als Herde. Dazu wird der Laufweg für die Pferde entsprechend mit Absperrbändern bis zum Stall hin markiert. Es ist schon ein imposanter Anblick, wenn ca. 16 Pferde an einem in Richtung Stall „vorbeidonnern“. PS: Man sollte dabei nur aufpassen, dass man sich hinter der Absperrung befindet.
Wie gesagt, so geschah es auch an diesem Abend. Fast alle Pferde liefen in den Stall und wurden dort in die jeweiligen Boxen „einsortiert“. Drei davon blieben zunächst draußen unschlüssig stehen und wurden von uns, was das Einsortieren betrifft, zunächst einmal ignoriert. Diese wollten wir später einzeln reinholen. Manchmal ist das ebenso. Ich machte gerade die letzte Boxentür zu und wollte mir ein Halfter schnappen, um eben diese Nachzügler herein zu holen, als diese zusammen in den Stall gelaufen kamen. Mein erster Gedanke war „Oh wie nett.“. Dann stellte ich verblüfft fest, dass diese nebeneinander in meine Richtung durch die Stallgasse liefen. Ups, nun kam, was kommen musste. Ich stellte mich auf Zehenspitzen rücklings an die Boxentür und mein letzter Gedanke war: „Wenn das mal passt…“ Es passte nicht. Abrupt blieben die drei Norweger und ich in der Stallgasse stecken. Begleitet von einem nicht wirklich leisen Aufschrei von mir gingen mir Gedanken wie „…hättest du mal weniger essen sollen…“ bis „…ich bin wohl zu fett…“ durch den Kopf. Irgendwie „rutschten“ wir aber dann doch aneinander vorbei. Hinter mir hörte ich Chris in einer Box stehend leise lachen. Mit den Worten „Ich glaube, vier Bäuche sind zu breit für deine Stallgasse.“ machten wir uns dann immer noch lachend daran, diese drei Nachzügler „einzusortieren.“ An diesem Abend stellte ich mich abends zu Hause noch vor den Spiegel. Ich musste da dringend was überprüfen… Aber nein, an meinem Bauch kann das nun wirklich nicht gelegen haben…
Seit längerer Zeit stellte Chris fest, dass manchmal das in einer Stallecke lagernde Heu morgens weniger war als abends. Aber man kann sich ja auch irren. Als sie uns dieses berichtete, taten wir dieses etwas witzig mit der Bemerkung „Dann bekommt Levin halt etwas weniger Heu, der ist sowieso schon fett genug.“ ab. Wie gesagt, obwohl Levin in der Tat doch etwas pummelich über Winter geworden war (aber nur ein ganz bisschen), war diese Bemerkung wirklich als Witz gedacht und wir brachten dieses auch in keinerlei Zusammenhang mit dem fehlenden Heu. Einige Tage später bekam ich noch einmal eine Bitte von ihr. „Ihr müsst immer schön aufpassen, dass ihr abends, wenn ihr eure Pferde selbst in die Boxen bringt, die Boxentüren auch ordentlich verriegelt sind!“ Mit der Bemerkung „OK, machen wir eigentlich immer, aber wir achten jetzt besonders gut darauf.“ war auch diese Sache eigentlich „gegessen“ und wir brachten sie auch nicht in weiteren Zusammenhang mit dem fehlenden Heu. Die Boxentüren wurden also immer auf das peinlichste kontrolliert und die Sicherungshaken der Riegel ebenfalls. Nur die Sache mit dem wie aus Geisterhand über Nacht abnehmenden Heu blieb immer noch aktuell. Einige Tage später wurde der „Heudieb“ dann auf frischer Tat gestellt.
Jürgen arbeitet in der Landwirtschaft und muss, ihr könnt es euch denken, öfters in den frühen Morgenstunden auf die Felder zur Arbeit. Wie der Zufall es wollte, an jenem Tag sogar noch kurz vor Sonnenaufgang. Normalerweise trinkt er dann an der frischen Luft noch seinen „Guten-Morgen-Kaffee“, setzt sich anschließend auf seinen Traktor und düst los. Da es aber draußen noch recht frisch war, wollte er eben diesen besagten Kaffee etwas windgeschützt im Stall trinken und so gleich mal nach den Tieren sehen. Also begab er sich in den Stall, machte das Licht an und… da stand doch Levin in der „Heuecke“ und kaute genüsslich. Als dieser sich der Anwesenheit eines Menschen bewusstwurde, nahm er noch schnell einen Schwung Heu ins Maul und ging seelenruhig zurück in seine Box. Mit den Worten „Das gibt es doch gar nicht!“ verriegelte er die Boxentür und fuhr zur Arbeit.
Später beobachteten wir wieder durch einen Zufall, wie Levin das geschafft hat. Er fummelte solange mit der Zunge am Riegel herum, bis der Sicherheitshaken zurückklappte. Danach schnappte er sich den Riegel selbst mit den Lippen, bis er diesen ganz knapp zwischen die Vorderzähne bekam und schob diesen dann auf. Zwar hat die Boxentür weiter unten noch einen zweiten Riegel, aber der wurde von vielen nicht so wirklich beachtet und blieb ab und zu eben mal offen. Jetzt nicht mehr… und die Lehre aus der Geschicht: „Vergiss ja den unteren Riegel nicht!“
Die Koppeln für den Winter im Pferdehof sind ziemlich groß. Da kann man schon mal zehn Minuten von der einen zur anderen Seite unterwegs sein.
Wenn sich dann auch noch Pferde auf so einer befinden und es zusätzlich noch dunkel (ich meine Stockfinster) ist, würde ich jedem abraten, sich alleine auf so eine zu begeben. Aber das ist, wie gesagt, nur meine Ansicht.
Eines Abends, ich half wieder dabei mit, die Pferde von der Koppel in den Stall zu holen, fehlte eins. Es war eine sehr bewegungsfaule Haflingerstute. Also nahm ich mir ein Halfter und eine Taschenlampe und machte mich leise fluchend auf den Weg, diese zu suchen. Sie konnte ja nur auf der Koppel geblieben sein. Habt ihr schon mal auf einer großen Koppel im Stockfinstern ein Pferd gesucht? Hatte ich, das muss ich ehrlicherweise gestehen, auch noch nicht. Aber alles war ja eigentlich gar nicht so schlimm, ich hatte ja eine großartige Taschenlampe mit. Nach gefühlten 100 Metern Fußmarsch bemerkte ich plötzlich, dass es irgendwie nach und nach immer dunkler wurde. Nein, das lag nicht an meinen Augen, sondern an der wunderschönen Taschenlampe. Die meinte nämlich, dass jetzt ihre Batterie so langsam alle war. Verflucht nochmal, warum sind Batterien immer alle, wenn man diese nun mal wirklich braucht? Da ein Nachtsichtgerät mit super Restlichtverstärker nun auch nicht unmittelbar zu meinen Besitztümern zählte, blieb mir weiter nichts übrig als einfach weiter zu gehen, den Namen der Stute zu rufen und auf mein Glück zu hoffen. Also latschte ich immer weiter und weiter bis ich plötzlich die Lichter von vorbeifahrenden Autos wahrnahm. Ich war also, immer noch „stutenlos“ am Ende der Koppel angekommen. Mit der Überlegung „Wo ist dieses verdammte Pferd nur?“ drehte ich mich um und wollte kraft meiner „absolutes Schwarzlicht“ ausstrahlenden und wunderschönen Taschenlampe zurück zum Ausgang, als plötzlich und völlig unerwartet ein, sagen wir mal, „Erdbeben der Stärke 7,0“ durch meinen gesamten Körper ging. Was war passiert? Ganz einfach, die Stute ist mir hinterhergelaufen und als ich mich abrupt umdrehte, sind wir beide einfach aneinander gekracht. Nachdem wir uns beide „sortiert“ hatten, legte ich ihr zunächst das Halfter an. Nun musste ich mich erst mal orientieren, wie wir beide am besten zurückkommen. Vor dem Eingang der Koppel befindet sich der kleine Parkplatz des Pferdehofs. Dieser wird von einer einsamen Straßenlaterne beleuchtet. Den Blick genau auf diese „Funzel“ in der Ferne gerichtet, marschierten wir los und kamen auch gut im Stall an.
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