Jo Seki
Von grauen Staren und anderen Zugvögeln
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Inhaltsverzeichnis
Titel Jo Seki Von grauen Staren und anderen Zugvögeln Dieses ebook wurde erstellt bei
1. Vorgeschichte 1. Vorgeschichte „Es ist kurz vor sieben – sollen wir die Nachrichten um sieben oder um viertel nach acht anschauen?“ Es ist Mitte Januar, aber hier in Motril zeigt das Thermometer mittags 20 Grad im Schatten und in der prallen Sonne ist es zeitweise so heiß, dass man kurzfristig sogar den Schatten des nebenan stehenden Wohnmobils als angenehm empfindet. Auch jetzt ist es draußen noch so mild, dass es Fred gar nicht unrecht ist, dass ich für die Tagesschau votiere. Ich bin gerade dabei, mir noch ein paar Krimis auf mein ebook runterzuladen und da der Laptop gleichzeitig als Fernseher dient, muss ich meine PC-Aktivitäten immer mit Freds Fernsehbedarf abstimmen, was ziemlich nervig ist. Aber für den Anfang sollte das kein Problem sein – dachten wir. Davon geträumt hatten wir schon lange. Fred, der seinen Job in der Akademie früher immer ganz gern gemacht hatte, wollte zum Schluss nur noch weg, weg aus der Stadt, weg von der Akademie, in der das Klima inzwischen vergiftet war und die Stimmung unter den Kollegen einen Tiefpunkt erreicht hatte. Mir ging es nicht viel anders. Ich hatte genug von unberechenbaren Vorgesetzten, von ständigen angeblichen Verbesserungen von Verwaltungsabläufen, die tatsächlich Mehraufwand bedeuteten, letztendlich jedoch lediglich einer größeren Kontrolle der Mitarbeiter dienten, von Vorgaben, die sinnlos waren – die Art von Sozialarbeit, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht, gab es bei meinem Arbeitgeber nicht mehr. In meiner Wut hatte ich sogar einmal den Landesdatenschutzbeauftragten eingeschaltet, der daraufhin die sofortige Stilllegung einer neuen Datenbank veranlasst hatte. Der Aufruhr und die Racheaktionen der diversen Vorgesetzten trugen dann natürlich auch nicht zur Verbesserung des Klimas bei, trotzdem ging es mir danach etwas besser. Nichtsdestotrotz kreiste auch bei mir nur noch alles um den Gedanken „Nichts wie weg, so bald als möglich“! Die finanziellen Einbußen, die wir dafür in Kauf nehmen müssen, schmerzen zwar, wiegen aber den Gewinn an Zeit und Lebensqualität bei Weitem nicht auf. Im Oktober wurde unser langgehegter Traum dann endlich wahr: Vor der Tür stand unser nagelneues Wohnmobil und wir waren bereit, uns jetzt damit in das immer größer werdende Heer der motorisierten Zugvögel einzureihen.
2. Aufbruch
3. Anfänger und Fortgeschrittene
4. Im Pool
5. Eine Busfahrt, die ist lustig....
6. Sehen und gesehen werden
7. Jorge, Pepe und Juana
8. Frei nach W. Busch: Musik wird oft nicht schön gefunden...
9. Raffa
10. Camper und Hunde
11. Home sweet home
12. Reserve
13. www.
14. Weinkauf
15. Philosophische Betrachtungen
16. Shit happens
17. Großputz
18. Individualisten
19. Wenn wir mal alt sind
Impressum neobooks
„Es ist kurz vor sieben – sollen wir die Nachrichten um sieben oder um viertel nach acht anschauen?“
Es ist Mitte Januar, aber hier in Motril zeigt das Thermometer mittags 20 Grad im Schatten und in der prallen Sonne ist es zeitweise so heiß, dass man kurzfristig sogar den Schatten des nebenan stehenden Wohnmobils als angenehm empfindet. Auch jetzt ist es draußen noch so mild, dass es Fred gar nicht unrecht ist, dass ich für die Tagesschau votiere.
Ich bin gerade dabei, mir noch ein paar Krimis auf mein ebook runterzuladen und da der Laptop gleichzeitig als Fernseher dient, muss ich meine PC-Aktivitäten immer mit Freds Fernsehbedarf abstimmen, was ziemlich nervig ist. Aber für den Anfang sollte das kein Problem sein – dachten wir.
Davon geträumt hatten wir schon lange. Fred, der seinen Job in der Akademie früher immer ganz gern gemacht hatte, wollte zum Schluss nur noch weg, weg aus der Stadt, weg von der Akademie, in der das Klima inzwischen vergiftet war und die Stimmung unter den Kollegen einen Tiefpunkt erreicht hatte.
Mir ging es nicht viel anders. Ich hatte genug von unberechenbaren Vorgesetzten, von ständigen angeblichen Verbesserungen von Verwaltungsabläufen, die tatsächlich Mehraufwand bedeuteten, letztendlich jedoch lediglich einer größeren Kontrolle der Mitarbeiter dienten, von Vorgaben, die sinnlos waren – die Art von Sozialarbeit, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht, gab es bei meinem Arbeitgeber nicht mehr. In meiner Wut hatte ich sogar einmal den Landesdatenschutzbeauftragten eingeschaltet, der daraufhin die sofortige Stilllegung einer neuen Datenbank veranlasst hatte. Der Aufruhr und die Racheaktionen der diversen Vorgesetzten trugen dann natürlich auch nicht zur Verbesserung des Klimas bei, trotzdem ging es mir danach etwas besser. Nichtsdestotrotz kreiste auch bei mir nur noch alles um den Gedanken „Nichts wie weg, so bald als möglich“! Die finanziellen Einbußen, die wir dafür in Kauf nehmen müssen, schmerzen zwar, wiegen aber den Gewinn an Zeit und Lebensqualität bei Weitem nicht auf.
Im Oktober wurde unser langgehegter Traum dann endlich wahr: Vor der Tür stand unser nagelneues Wohnmobil und wir waren bereit, uns jetzt damit in das immer größer werdende Heer der motorisierten Zugvögel einzureihen.
Ende Oktober soll es losgehen. Fred hat mit seiner Zahnbehandlung die Arbeitsplätze der Angestellten von Dr. M. für einige Monate gesichert und es steht nur noch eine kleine Kontrolle im Oktober an. Aus dieser Kontrolle wird dann eine zwingend notwendige Wurzelbehandlung (...die Helferin sagt Ihnen, was es kostet...), für die es erst einen Termin Anfang November gibt. Da es Dr. M. Zu diesem Zeitpunkt aber ins schöne Kuba zieht und seine neue Vertretung mit den Bräuchen der Praxis noch nicht so vertraut ist, kommt er mit der Empfehlung, sich eine Flasche Hexoral zum Spülen gegen die leichte Zahnfleischentzündung zu kaufen, davon.
Am 9. November ist es dann endlich soweit. Unsere Freunde und Nachbarn waren bereit, Wetten abzuschließen, dass wir in spätestens 3 Wochen wieder zurück sind, und wir selbst haben uns nicht getraut dagegen zu halten. Aber optimistisch wie wir sind, haben wir das Taschengeld für Dezember und Januar für Annika, die dreizehnjährige Schülerin, die zuhause keinen Internetzugang hat, schon hergerichtet. Sie wurde von uns als Haussitterin angestellt, gegen ein kleines Taschengeld und, für sie das Wichtigste, weiterhin freien Internetzugang, Zugang zu Schüler-CC und facebook, von meinem alten PC, den ich nur noch als Reserve herumstehen habe. Schließlich wollten wir ja nicht ihrer drohenden sozialen Vereinsamung schuld sein. Sie gießt die 3 Palmen, leert den Briefkasten und mailt uns alle 2 Wochen die Absender der Post, die für uns angekommen ist.
Die ersten Reisetage verlaufen unspektakulär, das trübe und kalte Wetter in Frankreich unterscheidet sich nicht wesentlich von dem in Deutschland und die manchmal etwas eigenwillige Straßenführung durch das Navi ist journalistisch und literarisch bereits ausreichend ausgeschlachtet.
Am vierten Tag passieren wir endlich die französisch – spanische Grenze und am fünften Tag finden wir einen schönen Platz bei Castellón. Hier sind die Nachttemperaturen bereits im zweistelligen Bereich und wir beschließen, noch einen weiteren Tag hier zu verbringen. Am Morgen des zweiten Tages fällt mir auf, dass die Temperatur im Kühlschrank ziemlich hoch ist und wir stellen den Kühlschrank auf die höchste Stufe. Das zwischen den Wurstverpackungen versteckte Thermometer zeigt am Nachmittag trotzdem zwölf Grad an und wir stellen sofort auf Gasbetrieb um und überlegen, wie wir unseren Speiseplan umstellen können, um wenigstens einen Teil des Inhalts noch durch Verzehr entsorgen zu können. Anschließend wird die schwarze Mappe mit den Fahrzeugpapieren hervorgeholt, die Internetverbindung hergestellt und bald wissen wir, dass es ganz in der Nähe, in Castellón, eine Vertragswerkstatt von Dometic gibt. Da meine Spanischkenntnisse noch nicht soweit fortgeschritten sind, dass ich mir ein Telefonat mit einem Handwerker, womöglich im valencianischen Dialekt, zutraue, bitten wir die Dame an der Rezeption des Campingplatzes die Firma für uns anzurufen. Wir versichern, dass wir auch alle Unterlagen inklusive Kaufvertrag dabeihaben und sie vereinbart mit der Werkstatt, dass diese sich im Laufe des Tages meldet und Bescheid gibt, wann ein Monteur herauskommen kann.
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