Dennoch blieb die Tatsache, dass dieses mysteriöse Objekt bei seinem jetzigen Kurs ziemlich direkt auf Lexis zusteuern würde, der gewaltigen und für Santara so lebenswichtigen Sonne im Mittelpunkt ihres Sternensystems.
Shamos beugte sich vor, nahm seinen Kommunikationschip vom Schreibtisch und steckte ihn in den eigentlichen Kommunikator, einem schwarzen Kasten mit einem Schlitz, einem Nummerndisplay davor und einem 8.Zoll-Bildschirm dahinter.
Als der Chip eingeführt wurde, erschien das Zeichen der Quantos-Corporation , dem Netzanbieter, der für Shamos zuständig war, in leuchtendem Rot und Blau auf dem Bildschirm.
Shamos tippte schnell ein paar Ziffern ein und ein Verbindungssymbol erschien für einige Sekunden, bevor sich der Bildschirm erhellte und einen Büroraum zeigte. Wieder nur einen Moment später schob sich von der linken Seite ein weibliches Gesicht mit einer auffälligen Hornbrille ins Bild. Es war Idis, die in der Telefonzentrale seiner Universität saß. Idis war bereits 54 Zyklen alt und bestimmt doppelt so schwer wie Shamos. Doch ihr Gewicht war pure Herzlichkeit. Idis war Witwe und versuchte fast ständig, einen neuen Mann für sich zu finden. Ihr Alter überspielte sie mit sehr viel Schminke und sie hatte noch immer die Energie eines jungen Menschen. Shamos wusste, dass Idis sofort mit ihm ins Bett gegangen wäre, doch Shamos blockte immer ab, denn er war sehr sicher, dass er ihre pure weibliche Plüscherotik , wie sie es selbst immer in Anspielung auf ihr Körpergewicht nannte, nicht lange würde überleben können.
„Hallo Idis!“ sagte Shamos freundlich und lächelte ehrlich.
„Oh, Hallo Shamos!“ gab Idis mit übertrieben erregter Stimme zurück. Shamos war sicher, dass Idis wusste, dass sie bei ihm niemals würde landen können, dass sie diese Tatsache längst akzeptiert hatte und sich nur noch einen Spaß daraus machte, mit ihm zu flirten. „....und dann auch noch mit nackten Oberkörper! Hast du Sehnsucht nach mir?“
Shamos lächelte erneut. „Klar Idis. Ich kann gar nicht genug kriegen von dir, das weißt du doch!“
„Shamos,…!“ rief sie gespielt überrascht. „...hör auf so zu reden! Sonst lass ich hier gleich alles stehen und liegen und komme zu dir geflogen!“
„Ha! Das glaube ich dir aufs Wort Idis!“
„Bei mir hast du mal richtig was zu greifen, mein kleiner...!“ Sie setzte ihren Schlafzimmerblick auf. „...Schnuckelputz. Nicht in jeder Hand nur eine halbe Hand voll. Bei mir reichen zwei Hände nicht mal für eine Brust!“
„Oh Mann, Idis!“ Shamos lachte auf. „Du bist echt genial, ehrlich! Wie lief dein Date am Wochenende?“
„Pah!“ Idis verzog ihr Gesicht. „Der hat schon nach zwei Stunden schlapp gemacht. Sagte, ich sei ihm zu wild und unersättlich...!“
„Er war 38, richtig?“
„36! Aber ein Waschlappen. Mit dir wäre mir das nicht passiert!“
„Bestimmt nicht. Aber wir müssen das noch einmal verschieben, Idis!“
Idis lächelte wissend, da Shamos immer diesen Spruch brachte, wenn er das Gespräch beenden wollte. „Wen willst du sprechen?“
„Listo! Ich hoffe, er ist da!?“
Idis nickte. „Hab ihn vor einer halben Stunde in der Kantine getroffen. Ich stelle durch. Bye, Süßer!“
„Ach Idis?“
„Ja?“
„Ich bin übrigens auch unten herum nackt!“
Idis erstarrte in ihrer Bewegung. „Eines Tages, Shamos...bist du dran!“ Sie lächelte sehnsuchtsvoll und Shamos konnte ihre Gedanken hinter der Stirn deutlich erkennen.
¤
Idis stellte die Verbindung her und eine Sekunde später konnte er auf dem Bildschirm ein weiteres Büro sehen. Listo, den Shamos sprechen wollte, saß mit dem Rücken zu ihm vor einem Computerbildschirm und drehte sich um, sobald er das Geräusch eines hereinkommenden Anrufs vernahm.
Als er Shamos erkannte, kam ein zerstreutes Lächeln über seine Lippen. „Oh, hallo Shamos!“
Listo war vier Zyklen älter, als Shamosund hatte beinahe dieselbe lockige, wilde Haarpracht wie er. Auf der Nase trug er eine feingeränderte Brille, in der linken Hand ein Sandwich.
„Hey Listo“ gab Shamos zurück. „Iss nicht so viel!“
„Wer viel arbeitet, darf auch viel essen! Kann sich ja nicht jeder so wie du leisten, nicht zur Arbeit zu erscheinen. Wo zum Teufel bist du?“
„Zuhause!“
„Was hast du gemacht?“
„Die ganze Nacht durchgebumst...!“
Listo erstarrte in seiner Bewegung und hätte sich beinahe an seinem Bissen im Mund verschluckt. Er musste husten, bevor er etwas sagen konnte. „Wie kann sich ein so intelligenter Mensch, wie du, nur diesen banalen Dingen hingeben?“
„Weil ich eben auch ein Mann bin. Außerdem kommen mir in einer Frau immer die besten Ideen!“
Listo pustete entnervt aus. „Na, du musst es ja wissen! Was kann ich für dich tun?“ Er schien leicht verärgert.
„Ich brauche nachher das Teleskop auf dem Mos Iridas ! Kannst du das für mich reservieren?“
Listo zog die Augenbrauen hoch. „Klar kann ich. Wozu brauchst du es denn?“
Shamos war Listo keine Rechenschaft schuldig. „Ich will meiner neuen Flamme mal ganz tief in die Bluse schauen!“ sagte er daher lapidar.
„Du willst...?“ Wieder verharrte Listo und starrte Shamos an. „....was? Aber das...!“
„Reg dich ab, Listo. Du wirst noch früh genug erfahren, was ich damit will. Ich möchte, dass du dabei bist!“
Listo lächelte erfreut. „Warte!“ sagte er schnell, stopfte sich das noch verbliebene halbe Sandwich komplett in den Mund, sodass er aussah wie ein Boxer mit Zahnschutz und drehte sich zurück zu seinem Computer.
Während Shamos wartete, schaute er zu Esha, die noch immer schlief. Die Bettdecke war heruntergerutscht und hatte ihre Brüste freigelegt. Ein herrliches Bild, doch bei einem Blick auf seinen Penis musste er enttäuscht feststellen, dass sich dort nichts regte.
Shamos verzog das Gesicht. War ja auch ein verdammt langer und heißer Ritt gewesen.
Einen Moment später sah er, dass Listo sich wieder herumdrehte.
„Umpfhdddrhaieieuhhudrrrrr!“ brabbelte er, weil er mehr versuchen musste, zu verhindern, dass ihm das Sandwich aus dem Mund fiel, als das er reden konnte.
„Was?“
Listo kaute wie ein Wilder, dann schluckte er den Nahrungsklumpen herunter, zumindest versuchte er das, wobei sich Shamos nicht sicher war, ob ihm das wirklich gelingen würde. Doch beim dritten Versuch klappte es und wurde mit einem tiefen Rülpser abgeschlossen. „Sorry!“ sagte Listo nur kurz. „Ich sagte, um drei Uhr ist das Teleskop für zwei Stunden frei!“
Shamos nickte und schaute auf die Uhr hinter Listo an der Wand. Es war jetzt kurz vor eins. „Okay, dann sehen wir uns um drei!“ Er beugte sich vor und nahm den Kommunikationschip. „Versuch bis dahin nicht an deiner Fresssucht zu ersticken!“ Er wartete bis Listo ihn direkt ansah. „Bitte!“ Dann zog er den Chip wuchtig aus dem Gerät und die Verbindung wurde gekappt.
¤
Shamos duschte ausgiebig, bis er sicher war, sich vollständig von der letzten Nacht gereinigt zu haben.
Nachdem er sich das Handtuch um die Hüften gebunden hatte, ging er zurück in die Küche.
Dabei erkannte er, dass Esha aufgewacht war.
Also briet Shamos kurzerhand sechs Eier in einer Pfanne zu Rührei und röstete dazu ein paar Scheiben Toastbrot.
Da Esha noch nicht aufgestanden war, als er damit fertig war, füllte er nur einen Teller damit und setzte sich an den Esstisch, wo er schnell aß, weil er jetzt doch einen ziemlichen Hunger verspürte.
Er hatte sich kaum die zweite Gabel in den Mund geschoben, da erhob sich Esha aus dem Bett, band sich das Lacken um und kam zu ihm. „Hey!“ sagte sie und lächelte ihm zu.
„Hey!“ gab er kauend zurück. „Da ist Rührei!“ Er deutete auf die Pfanne.
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