Nach Tagen und Wochen werden sie zum Problem. Mit ihrem Appetit auf Brombeeren und Bäumchen kommen sie auch in die Nähe der Felder. Dabei durchbrechen sie deren dichte Brombeerumrandung. Die natürlichen Zäune verschwinden. Dadurch finden auch Rehe, Hirsche, Rinder, Pferde und die Lamas auf die Felder, die Feldfrüchte sind nicht mehr vor den Grasfressern geschützt. Tom stört das gewaltig. Er will die Viecher loswerden. Bei einer Beratung in der Kantine, sucht er Leute die ihm helfen, die Grautiere zu vergrämen.
Elfriede zeigt Bildung. „Die Megaherbivoren werden sich weiterhin potenzieren und auf die Agrarflächen eine zunehmende Pression ausüben.“
„Die Mega-was?“ fragt Tom genervt.
„Die Megaherbivoren. Die großen Pflanzenfresser. Es gibt zu wenige Prädatoren, die die Feinde kurz halten. Ich habe ein Buch über Landschaften gelesen. Die Serengeti ist nur deshalb eine Grasfläche, weil die riesigen Tierherden jeglichen Holzbewuchs abweiden. Das könnte auch bei uns passieren. Eines Tages ist bei uns alles kahlgefressen. Dann müssen wir die Felder mit Stacheldraht schützen.“
„Wie es wohl in Afrika aussieht?“ sinniert die Jägerin Marion, die früher dort zur Jagd war. „Ob man da irgendwann wieder hinkann?“
„Wer weiß. Vielleicht gibt es Abenteurer die um die Welt ziehen“, sagt Otmar. „Oder welche die um die Welt segeln.“
Tom bläst seine Backen auf. „Das hilft uns nicht weiter. Unsere Felder sind bedroht. Wir müssen sämtliches pflanzenfressendes Viehzeug, das unsere Saat bedroht, verscheuchen. Besonders die Mega-Esel-Dinger.“
„Das wird uns viel Munition kosten“, gibt Freddy zu bedenken.
Stella setzt hinzu: „Vermutlich müssen wir uns die Tiere jahrein, jahraus vom Halse halten.“
Marion nickt zustimmend. „Diese Munition haben wir nicht. Auch nicht für die Schreckschusswaffen.“
„Dann müssen wir eben lärmen“, sagt Sergei.
Leas Zweitgeborenes beginnt auf ihrem Schoss zu schreien. „Das geht einfacher“, meint sie. „Kein Mensch braucht eine Hand zu rühren.“
„Wir setzen unsere Säuglinge auf die Felder“, wird sie von Max unterbrochen. Alle lachen.
„Quatsch. Wir haben drei Unimogs. Mit denen kann man hupend die Tiere vertreiben. Einfacher geht es wirklich nicht.“
Die Gruppe stellt wiederholt fest: Jeder hat mal eine gute Idee. Gesagt getan. Am nächsten Tag werden die Esel noch weiter weg getrieben. Leider sind danach auch die Lamas verschwunden.
Wie in fast jedem Sommer steigen die Temperaturen mehrmals auf fünfunddreißig Grad. Die Getreideernte ist unter Dach und Fach, nur der Mais steht noch, die Gemeinschaft hat nun Muse für anderes. In Toms Wohnzimmer probt die Theatergruppe. Die Probe wurde auf den kühleren Vormittag gelegt. Warmes Mittagessen gibt es bei diesen Temperaturen nicht. Die Schauspieler schwitzen vor sich hin. Toms Klimaanlage kann die vielen Ausdünstungen nicht verarbeiten. Jan funkt in die Probe. Ärgerlich geht Tom ans Gerät.
„Die Luft ist so komisch“, sagt Jan. „Und der Himmel ist so gelb. Hier ist vorhin eine kleine Windhose durch. Die Herde ist total nervös. Die Tiere drängen nach Hause. Kann mir jemand das Scheunentor aufmachen? Ich will die Herde nicht im Freien lassen.“
Tom erzählt von dem Anruf. Neugierige schauen aus den Fenstern. Obwohl ihm Jans Wunsch seltsam erscheint, geht er hinaus. Einige folgen. Er schiebt das Tor zur Seite. Schon hört er die Schafe blöken und die Ziegen meckern. Mit großer Geschwindigkeit kommen sie herabgerannt. Die Hunde können sie kaum lenken. Ob die alle in die Scheune finden, denkt er. Dann sieht auch er eine Windhose über den Hügel fegen. Keine Kleine. Eher ein Wirbelsturm. Der Wirbel tanzt nach links, dann nach rechts. Reißt Pflanzen in die Höhe. Nimmt Astwerk und Bäume mit. Tom wird es ganz anders. Der Wirbel rast hinter der Herde ins Tal hinab, auf das Dorf zu. Tom sieht das Dorf nicht mehr. Aber die gigantische Windhose, die sich vermutlich hunderte Meter hoch erhebt. Dann ändert sie plötzlich wieder ihre Richtung und kommt auf ihn zu. Er und alle die draußen sind, bekommen Panik und stürzen zum Hintereingang in die Kantine. Die Herde hat die Scheune erreicht, registriert er beim Wegrennen.
Kaum im Haus, bricht draußen mit einem Höllenlärm das Inferno aus. Die Sicht ist auf einmal weg. Nur noch schnell fliegender Staub und gepeitschtes Gestrüpp ist zu sehen. Sand kratzt nervenaufreibend an den Scheiben. Die Leute entfernen sich von den Fenstern. Dachpfannen von Otmars Haus sausen vorbei. Solarplatten folgen. Das Haus ächzt. Dachelemente von Toms Scheune klatschen an die Fassade. Die Menschen sind schreckerstarrt. Eine Fensterscheibe platzt. Der Sturm schleudert ein Schaf herein. Das verletzte Tier springt wie von Sinnen in der Kantine herum. Reißt Stühle um, Schüsseln von der Anrichte, springt auf den Tisch und wieder herunter, will ins Wohnzimmer. Tom und Max werfen sich auf das durchgedrehte Schaf und ringen es zu Boden. Der Lärm lässt nach, der Staub beginnt sich zu setzten.
Eine Frau sagt: „Machen Kindergarten und Schule heut nicht einen Ausflug?“
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