Hans Joachim Gorny - Pandemie des Todes III Teil

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Die Überlebenden der Pandemie haben sich in den letzten 80 Jahren hervorragend eingerichtet. Das Hospital der Ortschaft ist europaweit bekannt. Geniale Menschen wachsen heran, die der Gemeinschaft neue Impulse geben. Es werden Erfindungen gemacht, die das Leben erleichtern. Manches geht aber gewaltig schief. Dann tauchen Seuchen und Krankheiten auf, die längst vergessen sind. Die Getreidefelder werden von Pilzen vernichtet, die Menschen sind gefordert wie nie und müssen von Ersatzprodukten leben.

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Hans Joachim Gorny

Pandemie des Todes III Teil

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Inhaltsverzeichnis Titel Hans Joachim Gorny Pandemie des Todes III Teil Dieses - фото 1

Inhaltsverzeichnis

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Das Fußballturnier

Immer wieder Pilze

Brot

Emmer

Josef

Entdecker

Salz

Minen

Zwietracht

Der Sack

Musik

Kino

Die Reise

Wolkenkratzer

Das Casino

Su und Isolde

Bakterien und Viren

Niedergang

Pferderennen

Ramon

Der Umbruch

Impressum neobooks

Das Fußballturnier

Die Pandemie des Todes Teil III Was wird

Achtzig Jahre ist es her, seit ein tödlicher Virus mehrmals um die Welt wanderte und 99,99 % der Menschheit das Leben entzog. Die überlebenden Homo sapiens sammelten sich an wenigen Orten, selten in den Groß- und Hauptstätten, und verschwendeten maßlos die Besitztümer einer untergegangenen Wohlstandsgesellschaft. Sie bezogen nur die schönsten Häuser, schlachteten sie aus und warfen Wertvolles achtlos aus den Fenstern. Benutzten Fahrzeuge wie sie lustig waren, ließen sie nach Gebrauch irgendwo stehen, zerstörten sie auch oder zündeten sie an. In Punkto Kleidung wurde aus dem Vollen geschöpft, der Verschleiß war riesig. Der zehntausendste Teil Deutschlands lebte sehr gut aus den Regalen der Supermärkte. Allerdings verstört und traumatisiert, weil jedem die Familie und der Bekanntenkreis weggestorben waren. Alkohol und Drogen wurden damals hemmungslos konsumiert.

Viele Lebensmittel allerdings verdarben und mussten schon früh selbst angebaut und hergestellt werden. Wer Frisches wollte, musste Gärtnern und Tiere fangen und schlachten. Bis der letzte Traktor und Mähdrescher funktionsuntüchtig wurde, dauerte es Jahrzehnte. Nebenbei stellte man die Landwirtschaft auf Pferdebetrieb um. Landwirtschaftliche Geräte und Werkzeuge wurden den neuen Verhältnissen angepasst, manches frisch geschmiedet und vieles sogar neu erfunden. Das Ernten wurde mühseliger, der Ertrag kleiner. Öl, Fett und Zucker, was früher ungewollt in den meisten Lebensmitteln steckte, muss nun aufwendig aus Nüssen, Raps, Tieren und Zuckerrüben gewonnen werden. Lebenswichtiges Salz wird eingehandelt. Dennoch fehlt es an nichts, Ackerland steht unbegrenzt zur Verfügung, hat keine Besitzer, gehört in der Regel einer Gemeinschaft. Nicht wenige Sippen ziehen als Jäger und Sammler durch Europa.

Was die Überlebenden weggeworfen hatten, nehmen deren Nachkommen wieder in die Hände, um es auf seine Verwendungsfähigkeit zu prüfen. Die Kleidung der Menschen besteht aus Stoffen, Wolle, Leder und Fellen. Stoffballen aus natürlichen und aus künstlichen Fasern werden auf den Märkten immer mal wieder angeboten. Der Verschleiß der Ressourcen besteht weniger im Verbrauch, als durch marode werdende Lagerstätten. Jedes Dach wird irgendwann undicht, die Waren dann nass und schimmelig. Oder sie werden von Nagern und Insekten verdorben.

Landwirte und Handwerker sind gefragt wie nie. Die Menschheit konnte sich die Elektrizität erhalten. Die meisten Gebäude sind mit Solarpaneelen bestückt. Nachschub kommt aus einer Werkstatt im Bayrischen, wo sich findige Leute zusammengefunden haben. Die Paneele müssen teuer mit Goldmünzen und wertvollem Schmuck gekauft werden. Deshalb errichten die Siedlungen immer öfter stromproduzierende Windräder. Sie sind nicht riesig, liefern aber Energie. Die Häuser sind, um das Stromnetz stabil zu halten, mit einander verbunden. Im Laufe der nachdigitalen Zeit gingen Computer, Fotoapparate und Fernseher kaputt. Filmabende waren einmal. Elektronische Geräte gehören zur vergangenen Welt und können nicht mehr hergestellt werden. Waschmaschinen und andere elektrische Haushaltsgeräte findet man nur noch selten. Immerhin gibt es bei Basel eine Gemeinschaft mit eisernem Zukunftswillen, die Elektromotoren produziert und gegen seltene und teure Naturalien hergibt. Mit den Motoren werden zum Beispiel Pumpen, Sägen, Winden und Häcksler betrieben. Es gibt aber niemand mehr der Akkus baut. E-Bikes waren einmal, wenige Elektroautos fahren noch mit selbstgebauten Batterien und Reifen. Die letzten Autos mit Verbrennungsmotor fuhren mit Holzvergasern, weil auch die Treibstoffe verrottet sind. Fahrräder sind nicht mal selten. Hauptproblem ist die Bereifung. Die besteht aus selbstgegossenen Vollgummiringen, die eine komfortable Fahrweise nicht zulassen.

Der Weiler, von dem diese Geschichte erzählt, ist vermutlich der bevölkerungsreichste Ort Europas. Aus anfänglich zwei Überlebenden erwuchs eine Gemeinschaft aus vierhundert Menschen. Wobei einige Dutzend Familien im nachbarlichen Städtchen Ettenheim leben und ein Dutzend auf Bauernhöfen in den Schwarzwald-Vorbergen und der Rheinebene. Doch alle gehören zu dem Dorf, das tausend Jahre lang Ettenheimweiler geheißen hat und ein Anhängsel der Barockstadt Ettenheim war. Es ist eine Gemeinschaft, die sich an die alten Regeln und Gesetzte hält und von einem Rat vorzüglich verwaltet wird.

Alle sieben Räte sind gleichgestellt. Dennoch richten sich sechs der sieben nach einer Frau, die auffälliger nicht sein kann. So agil und spaßig deren Mutter Elfriede auch ist, beziehungsweise mal war, denn sie ist inzwischen über neunzig, so gelassen und vergeistigt ist ihre Tochter Carlina. Carlina ist eine außerordentlich beeindruckende Person, mit einer kraftvollen Ausstrahlung, aber keine Schönheit. Mit ihrer Körpergröße von ein Meter neunzig überragt sie fast alle Männer. Ihr Blondschopf passt voll zu ihrer makellosen hellen Haut, die sie von innen leuchten lässt. Ihr Aufstieg zur unumstrittenen Nummer eins begann, als sie sich um die Gemüter der Menschen kümmerte, quasi etwas für das Seelenheil der Bevölkerung tat. Alle, die Sorgen und psychische Probleme haben, können zu ihr in die Sprechstunde kommen oder sonntagmorgens in der Kirche ihre Veranstaltung besuchen, die sie Besinnung nennt. Bei der Bevölkerung genießt sie den Ruf immer das Richtige zu tun. Ihr Umgang mit den Mitmenschen gilt als vorbildlich. Außerdem ist sie, wie schon ihre Mutter, eine hervorragende Ärztin, die vor allem an neuen Medikamenten forscht.

Und das ist es, was den Ort so begehrenswert macht. Er hat ein gut funktionierendes Hospital mit OP, Intensivstation, Krankenzimmern und ausgebildetem Personal. Im Post-Pandemie-Zeitalter gibt es fast keine Impfungen mehr und nur noch fragwürdige Antibiotika. Die Ärzte des Hospitals verfügen über wirksame Medizin, sind europaweit bekannt. Die Patienten kommen von weit her, viele sprechen kein Deutsch, was Behandlungen kompliziert macht. In den Arztzimmern stapeln sich alte Wörterbücher.

Das Hospital und die Medikamentenforschung gehen auf eine dunkelhäutige und rothaarige Frau zurück, die im vorherigen Zeitalter tatsächlich Medizin studiert hatte. Die Besiedlung des Dorfes geht eigentlich auf ihren damaligen Freund zurück, der sich als Neustart den schönsten Hof ausgesucht hatte. Wäre sie keine talentierte Medizinerin und er kein talentierter Landwirt gewesen, hätten andere sich nicht angesiedelt. Was sollte man schon in einem Kaff, versteckt in den Vorbergen des Schwarzwaldes.

Die Gründer der Gemeinschaft hießen Zora und Tom. Nach Zoras Tot, mit achtundneunzig Jahren, beschloss der Rat den unspektakulären Namen Ettenheimweiler fallen zu lassen und das Dorf in Zoratom umzubenennen. Die Bevölkerung stimmte dem begeistert zu. Zoratom hört sich wesentlich bedeutender an, als irgend so ein Weiler. Es wurden sogar angeberische Ortsschilder gemalt und aufgestellt.

Aber wohin die Reise des Dorfes geht oder die der Menschheit, weiß nicht einmal die charismatische Carlina zu sagen. Vermutlich sind diverse Auswüchse zu erwarten. Einige Gruppen werden zivilisierte Gemeinschaften bleiben, die moralisch, erfindungsreich und aufgeschlossen sind. Andere vielleicht ins Mittelalter zurückfallen. Auf keinen Fall bis in die Steinzeit, denn Metall ist allgegenwärtig und überall zu finden. Wissensverlust, Aberglauben, Willkür, Sklavenhaltung und Folter liegen durchaus im Bereich des Möglichen. Von der Welt außerhalb Europas weiß man gar nichts. Nur zögerlich bringt das Land Superneugierige hervor, die den alten Beruf des Entdeckungsreisenden wieder aufleben lassen.

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