Hexe mußte halten, was sie versprochen hatte, und
der Prinz mußte die Prinzessin um jeden Preis bekommen.
Da sagte die Prinzessin zu ihm: »An der Hochzeitstafel
darfst du e s s e n , was du willst, aber kei-
nen Tropfen trinken; denn wenn du das thust, so vergissest
du mich.« Aber am Hochzeitstag hatte der
Prinz längst darauf vergessen und er streckte die Hand
aus und nahm einen Becher Wein. Die Prinzessin jedoch
paßte genau auf und gab ihm einen Stoß mit
dem Ellenbogen, daß er den Wein über das Tischtuch
verschüttete. Da fuhr die Hexe wieder auf und schlug
um sich auf Kannen und Schüsseln, daß ihnen die
Scherben um die Ohren flogen, gerade so wie das erstemal,
als sie toll wurde.
Dann wurden sie in die Brautkammer geführt; die
Thüre wurde verschlossen und die Prinzessin sagte:
»Jetzt hat die Hexe gehalten, was sie versprochen,
aber fernerhin wird sie uns gutwillig nichts Gutes
mehr erweisen; daher müssen wir auf der Stelle fliehen.
Ich werde zwei Scheiter Holz ins Bett legen, welche
für uns antworten müssen, wenn die Hexe mit uns
spricht. Du mußt noch den Blumentopf und das Glas
Wasser, das dort am Fenster steht, mitnehmen und
dann müssen wir uns durch dieses Fenster hinausschleichen
und schauen, daß wir weiter und davon
kommen.«
Wie gesagt, so gethan. Sie schlichen sich durchs
Fenster und eilten in der finsteren Nacht davon, und
die Prinzessin machte den Wegweiser, denn sie kannte
den Weg, den sie ausspionirt hatte, während sie als
Taube herumflog. Gegen Mitternacht kam die Hexe
an die Thüre der Brautkammer und rief hinein, und
die zwei Scheiter Holz antworteten ihr, so daß sie
glaubte, das Brautpaar sei drinnen, und ging wieder.
Vor Tagesanbruch war die Hexe schon wieder vor der
Thüre und rief hinein, und abermals antworteten ihr
die zwei Scheiter Holz. Da glaubte sie, das junge
Ehepaar sei drinnen; und als die Sonne aufging – da
war die Brautnacht vorbei – und sie hatte ihr Versprechen
gehalten! und konnte nun Gift und Galle über
die beiden ergießen und all' ihren Zorn um sich zu rächen
an ihnen auszulassen. Mit dem ersten Sonnenstrahl
stürzte die Hexe in die Kammer hinein; – aber
da fand sie jetzt weder einen Prinzen noch eine Prinzessin,
und nichts anderes, als die zwei Scheiter Holz,
welche da im Bett lagen und sie anglotzten, ohne ein
Wort zu sagen. Diese packte sie und schleuderte sie
so um den Boden, daß sie in tausend Spähne zersplitterten;
und dann fuhr sie davon und den Fliehenden
nach.
Als der erste Sonnenstrahl hervorbrach, sagte die
Prinzessin zu ihrem Prinzen: »Sieh dich um! Siehst
du etwas hinter uns?« – »Ja, ich sehe in weiter Ferne
eine dunkle Wolke,« antwortete er. »Dann wirf den
Blumentopf rückwärts über dein Haupt,« sagte die
Prinzessin. Als er dies gethan, war hinter ihnen ein
großer, dichter Wald entstanden; und als die Hexe zu
diesem hinkam, konnte sie nicht eher durch denselben
kommen, als bis sie nach Hause eilte und sich ihre
Axt holte und sich mit derselben einen Weg durch den
Wald bahnte.
Bald darauf sagte die Prinzessin abermals zu dem
Prinzen: »Sieh dich um, siehst du etwas hinter
uns?« – »Ja,« sagte der Prinz, »die große schwarze
Wolke ist wieder da.« – »Dann wirf das Glas Wasser
rückwärts über dein Haupt!« sagte die Prinzessin.
Und als er es gethan hatte, war hinter ihnen ein großer
See entstanden; und über diesen konnte die Hexe
nicht eher hinüber kommen, als bis sie noch einmal
nach Hause gelaufen war und ihren Backtrog geholt
hatte.
Inzwischen waren die Flüchtlinge aber gerade vor
das Schloß gekommen, in dem der Prinz zu Hause
war. Sie kletterten geschwinde über die Gartenmauer
und liefen quer durch den Schloßpark und schlüpften
durch ein offenes Fenster hinein. Jetzt war die Hexe
schon dicht hinter ihnen; da stellte sich die Prinzessin
ans Fenster und blies auf die Hexe hinunter; und –
hundert weiße Tauben flogen aus ihrem Mund heraus
und sausten und flatterten der Hexe um den Kopf, daß
sie darüber fuchsteufelswild wurde und in lauter Kieselsteine
zersprang, und da liegt noch ein Stück von
ihr als ein großer Kieselstein vor dem Fenster.
Aber auf dem Schlosse herrschte jetzt die größte
Freude über den wiedergekehrten Prinzen und seine
schöne Braut. Und seine zwei älteren Brüder kamen,
fielen vor ihm nieder und bekannten ihre Sünde. E r
sollte nun a l l e i n das ganze Reich erben und regieren
und sie wollten seine treuen Unterthanen werden.
Peter Ochs.
Es waren einmal ein Paar Bauersleute in Jütland, die
zwar einen recht guten Bauernhof, aber keine Kinder
hatten. Da saßen sie oft beisammen und beklagten
sich darüber, daß sie aber auch gar keine Angehörigen
besaßen, denen sie einmal all' ihren Wohlstand,
in dem sie jetzt so warm drin saßen, hinterlassen
konnten. So stand es mit ihnen und sie wurden reich –
aber es war niemand da, der den großen Reichthum
erben sollte!
Eines Jahres schaffte sich der Mann ein schönes
Stierkalb an, das nannten sie P e t e r . Und es war
wirklich das prächtigste Stück Vieh, das man je gesehen;
so schön und so gescheidt war es, daß es alles
verstand, was man zu ihm sagte. Dabei war es so zuthunlich
und so lustig, daß es sowohl der Mann als
auch die Frau bald so lieb gewannen, als wäre es ihr
eigenes Kind.
Eines Tages sagte der Mann zu seiner Frau: »Vielleicht
könnte unser Küster dem Peter gar das Reden
lehren; denn dann könnten wir nichts besseres thun,
als ihn an Kindesstatt annehmen und er könnte dann
einmal alles erben, was uns gehört und was wir
haben.« – »Ja, wer kann es denn wissen!« antwortete
die Frau; »unser Küster ist ja doch sonst ein so ge-
scheidter Mann, der e t w a s m e h r als sein Vaterunser
versteht, und ich möchte glauben, daß er unserm
Peter auch noch das Reden wird lehren können,
denn der Peter hat ja einen so ausgezeichnet guten
Kopf aufsitzen! – Väterchen, du könntest den Küster
ja einmal f r a g e n ! «
Und der Mann stolperte richtig hinauf zu dem Küster
und fragte ihn, ob er nicht glaubte, seinem Kalb
das Reden lehren zu können, weil er dieses gar zu
gerne als seinen Erben einsetzen möchte. Der Küster
war nicht so dumm als er ausschaute, er sah sich vorsichtig
um, ob niemand in der Nähe wäre, der sie
hören könnte und dann sagte er, daß er es schon
könne: »Nur darfst du es niemandem sagen,« flüsterte
er ihm zu, »denn es muß mit der g r ö ß t e n
H e i m l i c h k e i t geschehen, und der Pfarrer darf
durchaus nichts davon erfahren, sonst käme ich in die
gräßlichsten Verlegenheiten, weil es eigentlich eine
verbotene Sache ist. Und es wird auch ein schönes
Stück Geld kosten, weil man dazu ganz besonders
kostbare und seltene B ü c h e r braucht.« – »Ja, das
ist alles Eins,« sagte der Mann, »es kommt mir nicht
so genau darauf an, was es kostet;« dann sagte er
noch, daß er fürs erste hundert Thaler um die Bücher
anzuschaffen hergeben wolle, und versprach vollkommen
reinen Mund zu halten, sowie auch, daß er gegen
Abend mit seinem Kalb wiederkommen werde.
Darauf gab er dem Küster die hundert Thaler und
brachte abends das Kalb selbst zu ihm hin, und der
Küster versprach, sein Bestes thun zu wollen. Nach
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