T. von Held - Afrikanische Märchen auf 668 Seiten

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Märchen und Sagen der afrikanischen Neger
Vorwort.
Die Sagen der afrikanischen Neger sind ein überraschend
reichhaltiger literarischer Schatz, welcher die
alte Annahme bestätigt, daß das Geistesleben aller
Völker und Rassen das gleiche ist, so lange es in der
Kindheit seiner Entwickelung sich befindet. Was sich
in vielen Jahrhunderten auf dem schwarzen Kontinent
an Literatur seiner Eingeborenen durch Tradition erhalten
hat, steht den europäischen alten Fabeln und
Sagen nicht nach; der einzige Unterschied ist, daß
diese einen steten Fortgang des Innenlebens, der Kultur
der kaukasischen Rassen bekunden, während der
Afrikaneger sich noch heute in seiner Kindheit befindet.
Es läßt sich nicht einmal ungefähr angeben, wieviel
verschiedene Stämme und wieviel Sprachen auf
dem afrikanischen Festlande leben; nur soviel ist sicher,
daß beider Zahl enorm ist. Sind doch allein auf
deutsch-ostafrikanischem Gebiete gegen fünfzig
scharf voneinander getrennte Zungen anzutreffen. Um
so sonderbarer ist die Tatsache, daß die Verschiedenheit
der Sprachen eine nicht dem entsprechende Verschiedenheit
der Literatur der Völker Afrikas zur
Folge hat. Wir finden die Erzählungen des Nordens
im Süden wieder, in veränderter Gestalt zwar und sich
den verschiedenen Lebensgewohnheiten und Umge-
bungen anpassend, aber unverkennbar dieselben Ideen
in sich tragend. Auffallend tritt diese geistige Verwandtschaft
der Geschichten hervor in folgenden:
Wie der Tod in die Welt kam. (Zulusage.)
Wie es kommt, daß die Nase des Hasen gespalten
ist. (Hottentottenfabel.)
Warum es gut ist, daß die Menschen sterben.
(Sage der Eingeborenen am Viktoriasee.)
Die Sage vom Chamäleon. (Sage der Haussaneger
im Innern Afrikas.)
Warum der Mensch stirbt. (Sage von der Goldküste.)
Die große Familie der Bantuvölker, d.h.

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T. von Held

Afrikanische Märchen auf 668 Seiten

Märchen und Sagen der afrikanischen Neger!

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Inhaltsverzeichnis Titel T von Held Afrikanische Märchen auf 668 Seiten - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel T. von Held Afrikanische Märchen auf 668 Seiten Märchen und Sagen der afrikanischen Neger! Dieses ebook wurde erstellt bei

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Impressum neobooks

Kapitel 1

Vorwort.

Die Sagen der afrikanischen Neger sind ein überraschend

reichhaltiger literarischer Schatz, welcher die

alte Annahme bestätigt, daß das Geistesleben aller

Völker und Rassen das gleiche ist, so lange es in der

Kindheit seiner Entwickelung sich befindet. Was sich

in vielen Jahrhunderten auf dem schwarzen Kontinent

an Literatur seiner Eingeborenen durch Tradition erhalten

hat, steht den europäischen alten Fabeln und

Sagen nicht nach; der einzige Unterschied ist, daß

diese einen steten Fortgang des Innenlebens, der Kultur

der kaukasischen Rassen bekunden, während der

Afrikaneger sich noch heute in seiner Kindheit befindet.

Es läßt sich nicht einmal ungefähr angeben, wieviel

verschiedene Stämme und wieviel Sprachen auf

dem afrikanischen Festlande leben; nur soviel ist sicher,

daß beider Zahl enorm ist. Sind doch allein auf

deutsch-ostafrikanischem Gebiete gegen fünfzig

scharf voneinander getrennte Zungen anzutreffen. Um

so sonderbarer ist die Tatsache, daß die Verschiedenheit

der Sprachen eine nicht dem entsprechende Verschiedenheit

der Literatur der Völker Afrikas zur

Folge hat. Wir finden die Erzählungen des Nordens

im Süden wieder, in veränderter Gestalt zwar und sich

den verschiedenen Lebensgewohnheiten und Umge-

bungen anpassend, aber unverkennbar dieselben Ideen

in sich tragend. Auffallend tritt diese geistige Verwandtschaft

der Geschichten hervor in folgenden:

Wie der Tod in die Welt kam. (Zulusage.)

Wie es kommt, daß die Nase des Hasen gespalten

ist. (Hottentottenfabel.)

Warum es gut ist, daß die Menschen sterben.

(Sage der Eingeborenen am Viktoriasee.)

Die Sage vom Chamäleon. (Sage der Haussaneger

im Innern Afrikas.)

Warum der Mensch stirbt. (Sage von der Goldküste.)

Die große Familie der Bantuvölker, d.h. der südlich

vom Äquator lebenden Afrikaneger, zu denen indessen

die Hottentotten nicht zu rechnen sind, da sie

eine Familie für sich bilden, besitzt eine beträchtliche

Anzahl von Sagen, deren Hauptperson ein Kind ist,

das irgend eine Sache verschenkt oder verleiht, dieselbe

wiederfordert und findet, daß sie verloren oder zerbrochen

ist. Als Schmerzensgeld bekommt es dann

einen anderen Gegenstand, mit dem es dieselbe Erfahrung

macht. Die Sache wiederholt sich mehrmals und

wirkt dadurch schließlich lähmend auf das Interesse.

Was aber von Interesse ist, das ist ihre Verbreitung

über den ganzen afrikanischen Kontinent und über ihn

hinaus auf seine Inseln. Man kann nur annehmen, daß

ein großer Kreis der afrikanischen Sagen einem vorgeschichtlichen

Zeitalter angehört und sich langsam

weiter und weiter verbreitet hat, allmählich seine Farben

und Gewänder ändernd. Ein hervorragendes Beispiel

von Geschichten dieser Art, ist:

Eine Geschichte der Neger von Damaraland;

Eine Erzählung aus Madagaskar;

Eine Geschichte von der Sierra Leonaküste;

Eine Geschichte der Zulus.

In allen vier Erzählungen handelt es sich um geschenkte,

vertauschte und zerbrochene Sachen. Die

Otyiherero- oder Damaraerzählung und Madagaskarsage

sind in vielen Punkten verschieden, weisen aber

auch augenscheinliche Übereinstimmungen auf. So ist

der erste Tauschgegenstand in beiden eine Nadel, ihr

folgt in der Damarageschichte eine Frucht, in der der

Malagassen eine Pflanze, dann finden wir in beiden

die Axt. In beiden Fabeln sind außer Lebensmitteln

immer eiserne Gegenstände die Tauschobjekte, und

sie werden stets weitergegeben an Leute, denen vorher

der Nutzen des Eisens unbekannt schien. So kann

man wohl annehmen, daß diese Fabeln entstanden zur

Zeit, da das Eisen den Stein zu ersetzen anfing, und

somit dürften diese Erzählungen zu den frühesten literarischen

Erzeugnissen der Eingeborenen Afrikas zu

rechnen sein; denn die Kunst des Eisenschmelzens

und der Eisenarbeit war offenbar zur Zeit der ersten

Europäer in Afrika nicht neu, da bereits die ältesten

Kunden von ihrem Vorhandensein berichten. Was annehmen

läßt, daß die Sage ihr erstes Entstehen sogar

einer Zeit verdankt, in der der Eisengebrauch noch unbekannt

war, ist der Umstand, daß die Version an der

Sierra Leonaküste nichts vom Eisen weiß. Während

in der Zulu- und Madagaskargeschichte nur Personen

eine Rolle spielen, sind bei den Herero- und Sierra

Leonavölkern Tiere und Gegenstände die Träger der

Handlung. Die Sprache der Bewohner Madagaskars

ist polynesischen Ursprungs, hat also nichts mit den

Bantusprachen gemein. Für das Auftreten jener Sage

auf der Insel läßt sich aber leicht eine Erklärung finden.

Der nahen Afrikaküste sind viele Worte im täglichen

Sprachgebrauch der Malagassen entehnt, da der

Verkehr zwischen dem Festlande und der Insel seit

Urzeiten ein reger war. Mit der Übernahme von Teilen

der Sprache hat sich wohl auch ein Teil der Literatur

eingeschlichen. – Der deutsche Reineke Fuchs hat

in den Negersagen Afrikas sein würdiges Gegenstück

gefunden; er tritt in Gestalt des Kaninchens, Hasen,

Schakals, ja der Schildkröte auf und ist stets mit der

verschlagenen Schlauheit ausgestattet, die wir an

Freund Reineke kennen. Der Hase und die Schildkröte

(Kamerunmärchen) und der Löwe und die Schildkröte

(Yaosage) sind die treusten Reinekegeschichten

und haben nebenbei eine unverkennbare Ähnlichkeit

mit unserem braven Swinegel, der sich auf einen

Wettlauf mit dem Hasen einließ. – Von großem Interesse

für Völkerkundige ist der Umstand, daß die Hottentotten

eine so reichhaltige Tierfabelkollektion besitzen.

Man hatte sich gewöhnt, gerade dieses Volk

für ein so untergeordnetes anzusehen, daß die Entdekkung

einer Literatur, die den ersten Platz in der der

farbigen Völker Afrikas einnimmt, eine Überraschung

ist. Über das Origin des Hottentottenvolkes schwebt

tiefstes Dunkel; doch ist gerade der Fabelschatz dieses

Volkes, und mehr noch die Ähnlichkeit der Fabeln

mit unseren eigenen, eine Bestätigung der oft ausgesprochenen

Annahme, daß die Hottentotten nordafrikanischen

Ursprungs sind und bereits in alten Zeiten

mit den Völkern Europas Fühlung hatten. Sprachforscher

weisen überdies zwischen der Sprache der Hottentotten

und der alten Ägypter Ähnlichkeiten nach.

Über die Verwandtschaft der afrikanischen Negerliteratur

untereinander läßt sich viel sagen; doch ist eine

Abhandlung darüber weder der Zweck der vorliegenden

kleinen Sammlung, noch ist meine Kenntnis der

Sprachen und Völker Afrikas eine annähernd genügende,

um mich weiter auf dieses hochinteressante

Thema einlassen zu können. Diese Sammlung der

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