sich endlich zerteilte, dann verfolgte er Sikulume und
seine Tochter weiter.
Da warf sie die Kalabasse zur Erde, und sie verwandelte
sich in eine breite, tiefe Wasserfläche. Mangangezulu
mußte warten, bis die Erde das Wasser
verschlungen hatte, dann setzte er seinen Weg fort.
Das Mädchen warf nun den Topf zur Erde. Er zerbrach
und verbreitete tiefe Dunkelheit. Wieder mußte
der Vater eine lange Zeit warten, bis es Licht wurde;
dann eilte er weiter und kam nahe an die Fliehenden
heran.
Da warf seine Tochter den glatten Stein auf die
Erde. Er wuchs und wurde zu einem riesigen Gebirge,
dessen eine Seite eine steile Mauer war. Mangangezulu
konnte die Felsen nicht erklettern und mußte umkehren
und in seinen Kraal gehen.
Sikulume aber zog mit seinem jungen Weibe weiter,
und als er heimkam, sagte er zu den Leuten seines
Stammes:
»Dies ist Mangangezulus Tochter. Ihr rietet mir,
nicht in ihres Vaters Kraal zu gehen, weil Ihr glaub-
tet, ich würde getötet werden. Ich habe Eure Warnung
verachtet, und nun bringe ich mein Weib heim.«
Sikulume wurde nun zu einem großen und mächtigen
Häuptling, und alle Leute bewunderten ihn und
sagten:
»Niemand kann tun, was Sikulume getan hat.«
Fußnoten
1 Die Kapkaffern sowohl wie die Zulus schätzen
ihren Reichtum nach der Anzahl ihrer aufwachsenden
Töchter. Die Geburt einer Tochter bedeutet für die Eltern
eine Besserung ihres Wohlstandes; denn das Liebeswerben
jedes Kaffernfreiers muß durch ein Angebot
von Ochsen, die er dem erwünschten Schwiegervater
als Entgelt für die Dame seiner Wahl bietet, unterstützt
werden. Da nun bei den südafrikanischen
Völkern der Reichtum nicht in klingender Münze,
sondern in blökendem Vieh besteht, so hat der Meistbietende
die besten Aussichten auf Verwirklichung
seiner Wünsche.
2 Ein Kraal ist ein Negerdorf. Kaffern leben in Hütten,
welche in Gestalt von Halbkugeln, aus starkem
Geäst geflochten und mit Pfählen in den Boden befestigt
sind. Sie sind vollkommen vor den Unbilden des
Wetters geschützt. Die größten dieser Hütten haben
einen Durchmesser von 25 Fuß und eine Höhe von 8
Fuß. Der einzige Zugang ist eine schmale, niedrige
Öffnung, welche Tür, Fenster und Rauchfang zugleich
ist. Das Innere ist immer rauchig und meist schmutzig.
Gewöhnlich bauen die Kaffern ihre Kraale oder
Dörfer auf einer Anhöhe, die eine weite Aussicht bietet.
3 Ein Assegai ist die gewöhnliche Wurf- und Stoßwaffe
der südafrikanischen Eingeborenen. Es ist dies
ein lanzettenförmiger, lanzenartiger Speer, den die
Schwarzen mit großer Geschicklichkeit zu handhaben
wissen und bei schier unglaublichen Entfernungen
todbringend werfen können. Das Benutzen, ja selbst
der Besitz dieser Waffen ist dem Eingeborenen jetzt
strengstens untersagt; dennoch haben sie meist Verstecke,
wo sie diese Schätze aufheben.
4 Die Kaffern besitzen einen großen Reichtum althergebrachter
Spiele, bei denen es zumeist auf eine große
Beweglichkeit und Geschicklichkeit ihres Körpers ankommt.
Daher kommt es auch, daß, wenn sie in Berührung
mit europäischen Einrichtungen kommen, sie
sich meist vorteilhaft mit sportlichen Spielen, wie tennis,
Fußball und cricket befassen.
5 Inabulele ist ein sagenhaftes Ungeheuer.
6 Matten sind bei allen afrikanischen Negern vielfach
im Gebrauch zu den verschiedensten Zwecken; sie
rauchen, sitzen, schlafen auf ihnen. Wohl am meisten
ausgebildet ist der Gebrauch und die Anfertigung der
Matten im deutschen Ostafrika, wo die Mattenflechterei
zu einer wahren Kunstfertigkeit gediehen ist. Sie
hat die südafrikanische Fertigkeit im Mattenflechten
bei weitem überholt. Die Ostafrikaneger haben daher
auch eine große Mannigfaltigkeit in ihren Matten,
denen vielfach sehr komplizierte Muster zugrunde liegen.
Gemusterte Mattenstreifen flechten zu können,
gilt bei den Suahelis für ein Zeichen hoher Bildung.
Von den verschiedenen Matten der Neger Ostafrikas
seien hier genannt: Ritanga, Plur. vitanga, runde
Matten zum Ausbreiten der Nahrungsmittel, die zum
Verkauf kommen, Jamoi, Plur. majamvi eine Matte
für den Fußboden, länglich oder quadratisch, je nach
Bedarf. Mkeka, Plur. mikeka, Schlafmatte; doch gibt
es noch eine ganze Anzahl anderer Gebrauchs- und
Ziermatten.
7 Kalabasse ist gebraucht zum Aufbewahren und Fermentierenlassen
der Milch, die amassi genannt wird
und ein beliebtes Getränk der Kapkaffern ist. Eine
Kalabasse ist nichts anderes als ein großer ausgehöhlter
Flaschenkürbis.
Wie der Tod in die Welt kam.
Zulusage.
Die Erde, der Mond, die Sterne und die Sonne sind
immer gewesen; aber der Tod war nicht immer in der
Welt.
Vor langen, langen Jahren kamen zu den Menschen
zwei Boten, die ihnen der große Geist1 geschickt
hatte, dem Himmel und Erde gehören.
Es waren das Chamäleon und der Salamander.
Der große Geist hatte zu dem Chamäleon gesagt:
»Gehe hin und sage den Bewohnern der Erde, sie
sollen glücklich sein und ewig leben.«
Dem Salamander aber hatte er befohlen: »Eile zu
den Menschen und sage ihnen, daß sie sterben müssen.
«
Da machten sich diese Boten des Glückes und des
Unglückes auf den Weg, um dem Befehle des großen
Geistes zu gehorchen.
Ohne nach rechts oder links zu blicken, eilte der
Salamander dahin, und als er zu den Menschen kam,
sprach er:
»Was seid Ihr so sorglos? Wißt Ihr nicht, daß Ihr
sterben müßt?«
Da erschraken die Menschen sehr; denn nun lernten
sie die Sorge und den Tod kennen.
Das Chamäleon aber war von seinem Wege abgekommen,
hatte hier eine Fliege und dort ein Insekt gefangen,
und als es sich seines Auftrages erinnerte, war
es spät geworden. Als es zu den Hütten der Menschen
kam, fand es dort schon den Salamander vor und mit
ihm die Sorge und den Tod.
Fußnoten
1 »Der große Geist«, Qamata genannt, ist den Kaffern
der Ausdruck für die unbestimmte Vorstellung eines
höheren Wesens, welches die Welt regiert. Dennoch
haben diese Neger keinerlei Glauben an ein Leben,
welches nicht von dieser Welt ist; sie glauben nicht
an eine Unsterblichkeit ihrer Seele. Eine vage Idee
haben sie, daß ihre Großen, ihre Häuptlinge, ein
Leben haben, welches über dieses hinausreicht. Daher
ihr Glauben an Geister und ihre Furcht vor ihnen, da
diese sämtlich der Welt und ihren Bewohnern abhold
sind. Ihren Glauben an Qamata können die Kaffern in
keiner Weise definieren. Er entspringt wohl lediglich
aus dem dunklen Gefühle, daß die Weltordnung eines
Ordners bedarf.
Die Braut des Häuptlings.
Eine Kafferngeschichte.1
Es war einmal ein Mann, der hatte zwei Töchter, die
alt genug waren, um sich zu verheiraten.
Eines Tages ging der Mann in ein anderes Dorf, in
welchem ein mächtiger Häuptling lebte.
Als er dort bei seinen Freunden war, fragten diese
ihn nach den Neuigkeiten von seinem Kraal. Doch er
wußte ihnen nichts zu erzählen, sondern wollte von
ihnen wissen, was es in ihrem Stamme Neues gäbe.
Da erzählte man ihm, daß der Häuptling ein Weib
suche.
Der Mann ging heim und sprach zu seinen Töchtern:
»Welche von euch möchte einen Häuptling heiraten?
«
Da sagte die Älteste:
»Ich, mein Vater!«
Ihr Name war Mpunzikazi.
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