stattfindet. Am nächsten Tage ist die Hochzeit,
welche in Essen, Trinken, Hochzeitstänzen und
der Übergabe der vereinbarten Anzahl von Ochsen an
den Vater der Braut seitens des Bräutigams besteht.
In letzterem Akte besteht das Bindende der Ehe.
2 Schlangen genießen bei den Kaffern hohes Ansehen.
Sie glauben, daß ihre Verstorbenen oftmals als
Schlangen wieder auf Erden erscheinen; bei ihrem
Glauben und Aberglauben an Geister wagen sie es
nicht, einer Schlange ein Leid zu tun. Findet ein Kaffer
in seiner Hütte eine Schlange, so verläßt er dieselbe
und wartet ehrerbietig, bis das Tier sich entfernt
hat, ehe er sie wieder betritt.
Die Sage von den wunderbaren Hörnern.1
Ein Hottentottenmärchen.
Es war einmal ein kleiner Knabe, dessen rechte Mutter
war gestorben, und die anderen Weiber seines Vaters
mißhandelten ihn. Deshalb entschloß er sich, seines
Vaters Kraal zu verlassen. Eines Morgens setzte
er sich auf den Ochsen, den sein Vater ihm geschenkt
hatte, und ließ sich von ihm weiter landeinwärts tragen,
ohne zu wissen, wohin er kommen würde. Als er
mehrere Tagereisen von seinem väterlichen Dorfe entfernt
war, traf er eine Vieherde, bei der war ein Bulle.
Der Ochse sprach: »Ich werde mit dem Bullen
kämpfen und ihn toten.«
Da stieg der Knabe ab. Der Ochse und der Bulle
kämpften miteinander, und es geschah, wie der Ochse
gesagt hatte. Der Knabe ritt nun weiter, und als er
hungrig war, schlug er mit der flachen Hand an das
rechte Horn seines Ochsen; dasselbe öffnete sich und
gab dem Knaben Speise. Nachdem er genug gegessen
hatte und satt war, schlug er an das linke Horn. Es
öffnete sich und verschlang den Rest der Speise. Bald
darauf sah der Knabe eine dunkelfarbige Viehherde in
der Entfernung.
»Steige hier ab von meinem Rücken,« sprach der
Ochse, »ich werde zu der Herde laufen; dort muß ich
kämpfen und werde sterben. Brich mir meine beiden
Hörner ab und nimm sie mit dir. Wenn du hungrig
bist, so sprich zu ihnen; sie werden dich mit Nahrung
versorgen.«
Wie der Ochse gesagt hatte, so geschah es. Er
kämpfte und wurde getötet. Der Knabe nahm die Hörner
und wanderte weiter.
Bald kam er in ein Dorf, in dem hatten die Leute
nur wenig zu essen; denn es war eine Zeit großer
Trockenheit.
Er ging in eine der Hütten des Dorfes, und mit
Hilfe der Hörner hatte er genug Speise für den Besitzer
dieser Hütte und sich selber.
Als er nun in der Nacht fest schlief, nahm ihm der,
mit dem er sein Mahl geteilt hatte, die Hörner fort und
legte statt ihrer andere auf den Platz, an dem sie gelegen
hatten.
Der Knabe, der von dem Betruge nichts ahnte,
stand am nächsten Morgen zeitig auf und zog weiter
seines Weges.
Als er aber hungrig wurde und vergeblich zu den
Hörnern sprach, merkte er, was geschehen war, und
ging zurück zu dem Ort, an dem er geschlafen hatte.
Ehe er noch die Hütte betrat, hörte er den Dieb seiner
Hörner mit diesen reden; aber vergeblich.
Der Knabe nahm seine Hörner und schritt weiter.
Am Abend kam er an eine Hütte. Er klopfte an und
bat, die Nacht über dort bleiben zu dürfen. Aber man
gewährte ihm seine Bitte nicht; denn sein Lendenund
Schultertuch war zerfetzt und sein Körper bestaubt
und schmutzig.
So zog er denn weiter und kam zu einem Fluß, in
welchem er badete. Dann sprach er zu seinen Hörnern.
Diese versorgten ihn mit neuen Tüchern und reichem
Perlenschmuck und Halsketten aus den Zähnen
wilder Tiere.
Nachdem er sich geschmückt hatte, ging er weiter
und kam zu einer Hütte, in welcher ein sehr schönes
Mädchen mit ihrem Vater und ihrer Mutter lebte. Man
empfing ihn mit großer Freude, und er blieb dort.
Seine Hörner gaben reichlich Speise, Trank und Kleidung
für alle.
Kurze Zeit darauf heiratete er das schöne Mädchen
und zog mit seinem jungen Weibe heim zu seinem
Vater.
Wiederum sprach er zu den Hörnern, und sie beschenkten
ihn mit einem schönen, großen Hause; in
das zog er mit seiner Frau und war glücklich mit ihr.
Fußnoten
1 In der Sage von den »wunderbaren Hörnern« finden
wir seltsame Anklänge an unser deutsches Märchen
vom »Tischlein deck' dich«, wie überhaupt die Sagen
aller Völker ganz seltsam gleichartige Grundideen
haben. Überall finden wir sprechende Tiere, überall
die Vorliebe für Rang, Stand und Reichtum.
Der Häuptling der Tiere.
Eine Kaffernsage.
Eine Frau ging einstmals fort von ihrem Hause und
ihren Kindern, um Holz zu sammeln. Sie beauftragte
den Hasen in ihrer Abwesenheit nach dem Rechten zu
sehen, und er versprach, es zu tun. Kaum aber war die
Frau fort, als wilde Tiere an ihre Wohnung herankamen
und den Hasen, der sehr erschrocken war, nach
den Namen der Kinder fragten, die er bewachen sollte.
Der Hase gab Bescheid und bat unter Tränen, daß
die Tiere fortgehen sollten, ohne ihm oder den Kindern
ein Leid zu tun. Da gingen sie denn auch fort.
Aber nach wenigen Minuten kehrte zu des Hasen
nicht geringem Schrecken das größte und fürchterlichste
der Tiere zurück, nannte sich einen Häuptling und
fraß die Kinder alle auf, weil es fürchtete, man würde
seine Würde nicht anerkennen, wenn er dem Flehen
eines Hasen Gehör schenkte.
Als die Frau nach Hause kam und der Hase ihr erzählte,
was vorgefallen war, wurde sie erst sehr traurig,
dann aber über alle Maßen zornig. Sie nahm zwei
Eisenstücke, wetzte sie, bis sie ganz scharf und spitz
wurden, und ging in den Wald, um Holz zu schneiden
und ein großes Feuer zu machen; das sollte die Tiere
des Waldes vertilgen.
Es begegnete ihr aber der Häuptling der Tiere, der
verschluckte sie. Da sie nun im Inneren des Ungeheuers
war, fand sie dort alle ihre Kinder unversehrt vor.
Sie waren sehr hungrig und baten ihre Mutter, ihnen
etwas zu essen zu geben. Die Frau nahm die spitzen
Eisenstücke und schnitt von den Eingeweiden des
Tieres, in dem sie mit ihren Kindern steckte, Stücken
ab. Dann rieb sie Holz gegeneinander; denn auch dies
hatte das Ungeheuer mit verschluckt. Es gab Funken,
und schließlich war ein großes Feuer entstanden, auf
dem röstete sie das Fleisch. Der Häuptling der Tiere
aber hatte große Schmerzen, brüllte laut und warf sich
im Sande hin und her. Er befragte alle Tiere, was er
zur Linderung seiner Pein tun könne, aber keines
konnte ihm einen guten Rat geben. Endlich starb er
unter großen Qualen. Die Mutter aber mit ihren Kindern
arbeitete im Innern des toten Körpers immer weiter,
bis sie ein großes Loch geschnitten hatten, aus
dem kamen sie alle nacheinander hinaus. Es waren
aber in dem Leibe des Ungeheuers auch Tiere gewesen,
die verschluckt worden waren. Sie alle wurden
nun befreit.
Ein Ochse kam heraus und rief:
»Muh, muh! wer hat mir geholfen?«
Darauf ein Hund, der bellte:
»Wau, wau, wer hat mich errettet?«
Dann ein Affe:
»Hi, hi«, lachte er, »wer half mir?«
Darauf kamen Menschen und Vieh überein, daß die
Frau, die sie so wunderbar errettet hatte, ihr Häuptling
sein sollte.
Die Löwin und die Antilope.
(Suahelisage.)
Eine Löwin hatte ein Junges. Da sie es eben zur Welt
gebracht hatte, verspürte sie großen Hunger und
konnte ihn gar nicht stillen. Am siebenten Tage beschloß
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