Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem - Major Fuchs auf Reisen

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Major a. D. August Fuchs und seine Frau Thusnelda lassen sich in dem ungemütlichen Hotelzimmer erschöpft auf das Sofa fallen. In drei Tagen haben sie sechsundvierzig Wohnungen besichtigt, ohne jeden Erfolg: Auch die letzte Wohnung war ein Reinfall. Methodisch, wie der Major ist, beschließt er, die Lage noch einmal gründlich zu rekapitulieren. Nach seiner Verabschiedung wurde zunächst mehr schlecht als recht von der nicht allzu üppigen Pension gelebt, bis eine besondere Erbschaft die Dinge gründlich änderte. Der maliziöse Onkel von Thussi vererbte sein Jagdschloss Malepartus, ein unverkäufliches Ding. Kurzerhand wurde die großartige Idee, darin eine Fremdenpension zu gründen, in die Tat umgesetzt. Das Haus wird mit eigenen, kleinen Mitteln und auf Pump aufs bequemste eingerichtet und als Pension Malapartus eröffnet. Man reüssiert, hat das Haus voller Gäste – und was für Gäste! Nach ein paar Monaten wird ein solventer Käufer gefunden und mit dem Geld ist man für die Zukunft alle finanziellen Sorgen los. Für den Käufer allerdings eignet sich der Major zum Pensionshalter so wie der Igel zum Taschentuch – eine Kritik, die den umtriebigen Major äußerst wurmt. Weil die Wohnungssuche mühsam und erfolglos ist und die Mittel es erlauben, beschließen die beiden, auf Reisen zu gehen und zu Studienzwecken als Gäste in Familienpensionen abzusteigen, um zu lernen. Aber dabei erleben ihr blaues Wunder …Die ungewöhnliche Forschungsreise des Major Fuchs in Sachen" Pensionsmanagement" – als Groteske voller Humor und Witz erzählt.Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem (1854–1941) war eine deutsche Schriftstellerin, die um 1900 zu den beliebtesten deutschen Unterhaltungsschriftstellerinnen zählte. Sie war eine der wenigen deutschen Autorinnen des 19. Jahrhunderts, die ihre Werke nicht unter einem Pseudonym verfasste. Ihr erstes Werk «Die Nichten des Kardinals» veröffentlichte sie bereits mit 17 Jahren 1871 unter ihrem Geburtsnamen Eufemia Gräfin Ballestrem. Es folgten Gedichte, Novellen, Humoresken und über 40 Romane. Etwa ab 1910 legte sich die Autorin ganz auf das Schreiben von Romanen und Belletristik fest und veröffentlichte in der Regel einen Roman pro Jahr. Ihre wichtigsten Romane sind zweifelsohne die sogenannten «Windmüller»-Romane um den Gentleman-Detektiv Dr. Xaver Windmüller, die meist in aristokratischen Kreisen spielen. Mit den Romanen «Falkner vom Falkenhof», «Trix» und «Die weißen Rosen von Ravensberg» lieferte sie für die damalige Zeit außerordentliche Bestseller, von denen bis zu 120 Auflagen erschienen.-

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Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem

Major Fuchs auf Reisen

Der „Pension Malepartus“ anderer Teil.

Tragikomische Erlebnisse

geschildert

Mit Illustrationen

nach Original-Zeichnungen von Fritz Koch.

Fünfte Auflage.

Saga

Major Fuchs auf Reisen

German

© 1914 Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem

Alle Rechte der Ebookausgabe: © 2016 SAGA Egmont, an imprint of Lindhardt og Ringhof A/S Copenhagen

All rights reserved

ISBN: 9788711517543

1. Ebook-Auflage, 2016

Format: EPUB 3.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt und Ringhof und Autors nicht gestattet.

SAGA Egmont www.saga-books.com– a part of Egmont, www.egmont.com

Einleitung.

Du Thussi, sagte der Major a. D. August Fuchs, indem er auf seiner erregten Promenade durch das lange, schmale, ungemütliche Hotelzimmer vor dem Sofa stehen blieb, auf dem seine bessere Hälfte mit unglücklichem Gesicht und allen Anzeichen physischer Erschöpfung sass. „Du, Thussi, jetzt erkläre dich mal, ob die Wohnung dir gefällt!“

„Welche Wohnung, August?“ fragte Frau Thusnelda Fuchs, indem ein tiefer Seufzer ihre behäbige, runde Gestalt durchzitterte. „Wir haben in drei Tagen sechsundvierzig Wohnungen gesehen und 130 Treppen bezw. Etagen dazu erstiegen und wenn das noch drei Tage so fort geht —“

„Eben deswegen frage ich, ob die Wohnung, von der wir eben gerade herkommen, dir gefällt!“ fragte der Major ungeduldig.

„Ach August,“ erwiderte Frau Thussi matt und resigniert, „die Vorderstuben sind ja nicht übel, aber das grässliche Schlafzimmer hinten heraus, wo weder Licht noch Luft herein kann und das Essen aus der Küche durchgetragen werden muss —“

„Na also! Sie gefällt dir nicht,“ unterbrach der Major die weitere Topographie der eleganten Stadtwohnung, „mir gefällt sie auch nicht, ich finde den ganzen Menschenstall einfach scheusslich und damit wären wir ja glücklich wieder so weit, wie vor drei Tagen, nur dass wir von dem Treppengekletter fertig sind. Wohnungen suchen verdirbt entschieden den Charakter, Thussi, ich wenigstens bin ganz geneigt, all den Besitzern dieser infamen Löcher, die man uns für schweres Geld zum Mieten angeboten hat, den Hals umzudrehen. Nun pass auf, jetzt werd’ ich dir mal was sagen und dir einen Vorschlag machen.“

Der Major zog einen Stuhl vor den Sofatisch und nahm seiner Frau gegenüber Platz, die ihn erwartungsvoll ansah.

„Lass uns zunächst mal rekapitulieren,“ fuhr der Major fort. „Du weisst, ich bin ein methodischer Mensch und liebe die Ordnung. Na also: Wir haben seit meiner Verabschiedung schlecht und recht von meiner Pension, aber ruhig und in Frieden gelebt und an nichts Böses gedacht. Da vermacht dein maliziöser Onkel, der Hofmarschall, dir das Jagdschloss Malepartus, und da das Ding so wie es steht, unverkäuflich ist, und wir auch sonst nicht wissen, was wir damit anfangen sollen, so kommst du auf die grossartige Idee, eine Fremdenpension darin zu gründen. Wir richten also aus eignen kleinen Mitteln und aus Pump das Haus aufs bequemste ein und eröffnen darin die ‚Pension Malepartus.‘ Bon! Wir reüssieren, wir haben das Haus voll Gäste — und was für Gäste! und ehe ein paar Monate verstrichen sind, finden wir für den ganzen Krempel einen solventen Käufer und die Summe, die Malepartus uns bringt, versetzt uns in die Reihe der Kapitalisten und in die unangenehme Notwendigkeit, uns eine Wohnung zu suchen, et nous voilà! Und nun komme ich zu dem, was ich eigentlich sagen will. Als der Herr Alex Bachleitner, nachdem er wochenlang seine grosse Schnüffelnase in jeden Besenwinkel der Pension Malepartus gesteckt hatte, mit seinem Kaufpropos zu mir kam, sagte er mir mit einer Deutlichkeit, die nichts zu wünschen übrig liess, dass ich mich zum Pensionshalter eignete wie der Igel zum Taschentuch, und dass ich die ganze Geschichte falsch angefangen hätte und auf dem eingeschlagenen Wege nie auf einen grünen Zweig kommen würde. Recht wird der Herr Alex Bachleitner, Wohlgeboren, ja wohl haben, aber geärgert hab’ ich mich über das, was er mir gesagt hat, schlagrührend, und das kannst du mir auch nicht verdenken, Thussi, denn es ist niemals angenehm, wenn einem haarklein bewiesen wird, dass man ein Esel ist. Aber ich bin wenigstens ein Esel mit einem gewissen Ehrgeiz, und wenn der Kerl, der Bachleitner mit seinem süffisanten Lächeln, seiner Schnüffelei, seiner Cyrano de Bergerac-Nase und seinen Sülztatzen mir nicht so unsympathisch wäre, dann würde ich bei ihm ein bissel in die Schule gegangen sein. Kurz, Thussi, ich gestehe es dir ein in dieser feierlichen Stunde, dass die Geschichte mich alpt und dass ich darauf brenne, Studien zu machen, um zu erfahren, wo und wieso ich als Inhaber der Pension Malepartus auf dem Holzwege war, und wie man es anfangen muss, um eine Fremdenpension fachgemäss zu führen und damit auf besagten grünen Zweig zu kommen. Da unsere Mittel es uns nun erlauben und unsere Zeit erst recht, so möchte ich dir den Vorschlag machen: stellen wir unsere Möbel auf einen Speicher und gehen wir eine Zeitlang auf Reisen! Na, was sagst du denn dazu?“

„Aber natürlich, August, ich bin ganz einverstanden!“ erwiderte Frau Thussi, über das ganze runde Gesicht lächelnd, indem sie eine Liste zerriss, auf der noch ein halbes Hundert zu vermietender Wohnungen aufgezeichnet standen, und die noch mindestens 200 zu erklimmende Stockwerke repräsentierten. „Reisen wir also! Nur August — du hast doch nicht gar im Sinne, eine neue Pension zu gründen?“

„Nee, Thussi!“ lachte der Major behaglich, indem er die Fetzen der Liste mit sichtlichem Vergnügen in den Papierkorb trug. „Aber, nicht wahr, das verstehst du, dass man wissen will, wo das falsche Ende sitzt? Du hast ja mit mir am gleichen Strange gezogen — ’s wird dir also auch Spass machen zu sehen, wie’s eigentlich gemacht werden muss. Versteh’ mich recht: nicht das Hotelwesen will ich studieren, sondern die gemütliche, behagliche Familienpension in ihrer enger gezogenen Grenze. Im Hotel ist man eine Nummer, die von dem mehr oder minder wohlregulierten Uhrwerk des Personals in schematischer Ordnung bedient und erledigt wird — eine Individualität des Gastes wie des Wirtes kommt im Hotel nicht zur Geltung. Anders die Familienpension. Dort ist der Gast nach meinen Begriffen keine Nummer, sondern ein Mensch, der das Behagen des eigenen Heims unter fremdem Dache sucht und finden soll, um unter diesen angenehmen Bedingungen das Land und die Gegend, die er besucht, kennen zu lernen. Und andererseits soll es, nach meiner Auffassung, das Bestreben des Pensionsgebers sein, einem Gaste das Leben unter seinem Dache zu einem möglichst angenehmen zu machen, das Gewicht auf familiäres Zusammenleben zu legen und den Eindruck hervorzurufen, als ob man einen Kreis bildete, in dem alle Gäste eingeschlossen sind. Der Bachleitner, siehst du, Thussi, der ist Hotelier, gelernter Hotelier, und legt natürlich seinen Massstab an. Was weiss ein Hotelier vom Familienleben seiner Gäste untereinander? Das hat er vielleicht auch nicht gemeint, als er mir auseinandersetzte, welch blühender Esel ich gewesen bin — er betonte wohl mehr das wirtschaftliche — aber gleichviel, ich will mir die Sache mal ansehen, wie es gemacht werden muss, um mit einer Familienpension nach der ideellen wie nach der materiellen Seite zu reüssieren. Um den Anfang zu machen: ich habe hier einige ausserordentlich wohlempfohlene Adressen, denen der ‚Stern‘ in meinem Reiseführer das Relief der Gediegenheit zum Überfluss verleiht. Der Winter steht vor der Tür — brechen wir denn auf nach einem wärmeren Himmelsstrich! Da hätten wir z. B. am See von Brissago die Adresse einer solchen warm empfohlenen Familienpension — die ‚Villa Bellavista,‘ deren Inhaber ein Deutscher, Herr Purzel, ist, der seinen Gästen neben idyllischer Lage alles Behagen des eignen Heims verheisst, bei freundlichstem Familienleben und vorzüglicher Verpflegung. Wenn’s dir also recht ist, Thussi, dann brechen wir dahin auf — die Frage, ob noch Platz ist, erledigt ja schnell ein Telegramm.“

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