1 ...7 8 9 11 12 13 ...36 „Ah, Lu endlich. Wir warten schon auf dich.“
„Verzeih Chessy, ich wurde aufgehalten. Es ist viel los im Thronsaal“, lächelte Luca Königin Chestaine zu.
Die Königin lachte kurz auf „Die Männer sind sowieso noch nicht fertig.“
Sogar Alora beachtete Chestaine und warf ihr ein leichtes Lächeln zu, was sie verlegen grinsen ließ. Dabei fiel ihr sofort wieder ins Auge, was für eine Schönheit die Königin Worgus war. Groß, fast einen Kopf größer als Luca, große runde Augen mit einer kleinen Stupsnase und die roten Haare, die an den Sonnenaufgang erinnerten, den man am Horizont so gern beobachtete. Es war keine Übertreibung, wenn man sagte, dass alle Frauen mit Zaturischen Blut das Geschenk der Schönheit geerbt hätten. So auch Luca, der man die Blutsverwandtschaft zur Königin deutlich ansah.
Ein kurzes Räuspern lenkte Aloras Blick weg von der Königin und hinüber zum Runden Tisch. Ein untersetzter Mann mit Halbglatze und eingefallenen Augen warf Luca ebenfalls ein Lächeln zu. Das einzige, was an ihm nobel wirkte, war der lange dunkelblaue mit buschigem Fell besetzte Mantel über den Schultern.
„Euer Gnaden“, vollführte Luca einen eleganten Knicks, den Alora ungeschickt nachmachte.
„Grüß dich, Luca.“
„MyLady“, grüßte auch Duk, der wie ein Riese neben dem fast zwei Köpfe kleineren König wirkte, die Mätresse und warf Alora einen verwundert wirkenden Blick zu.
„Herr Marschall“, lächelte Luca und schaute zu Alora. „Sie ist hier wegen unseres Besuchs. Beachtet sie nicht.“
Alora schluckte schwer und schaute verlegen zu Boden, als alle Blicke einen kurzen Moment auf ihr ruhten.
Der neben Duk stehende Catel hatte für Luca nicht mehr als ein kurzes Nicken übrig. Seine Laune hatte sich allem Anschein nach nicht wesentlich gebessert. Alora hoffte, dass er sie nicht erkannte.
„Wo waren wir?“, beendete Refle die Stille und kam zurück zum Thema.
„Bei den Berichten über das Felsental Euer Gnaden.“
„Richtig. Fahrt fort Marschall.“
„Späher und Meldereiter berichten immer wieder dasselbe. Ganze Siedlungen seien wie ausgestorben vorgefunden wurden. Nicht nur kleine Siedlungen oder Höfe, sondern ganze Dörfer mit hundert Einwohnern und mehr. Unsere Festung im Norden hat offiziell nach Hilfe gerufen, da die fünfzig Rekruten zu wenige seien um das ganze Felsental effektiv zu schützen.“
Kurz herrschte Stille in der Kammer. Der König blickte starr auf die vor ihm liegenden Berichte aus dem fernen Norden.
„Das Felsental.“ Der König rieb sich mit der Hand durch das Gesicht und kratzte sich die Wange. „Unsere Nord-Ost Grenze. Die Grenze nach Joglu.“
„Kalir?“, wanderte sein Blick zu dem hageren Mann, der sich bis jetzt im Hintergrund gehalten hatte.
„Euer Gnaden?“
„Sonst irgendwelche Nachrichten? Gerüchte? Irgendwas.“
Kalir räusperte sich und rollte eine kleine Karte auf dem Tisch aus.
Alora schauderte beim Anblick des hageren Mannes zusammen. Noch vor Luca oder Duk war Kalir durch seinen Status als Hohepriester der Götter der einflussreichste und wichtigste Berater des Königs. Sein Wort hatte viel Gewicht und hatte den König schon mehr als einmal überzeugt. Sie wusste, dass Luca, und, soweit sie wusste, auch Chestaine, überzeugte Gegnerinnen Kalirs waren. Oft genug hatte Luca über den Mann geflucht, dessen Aussehen Alora immer an die Gruselfiguren aus Kindergeschichten erinnerte. Die dünnen langen Finger, der knochige Kopf. Alles wirkte nicht so, wie es sein sollte an ihm.
„Über die Mesmerize kommen nur wenige Gerüchte die letzten Tage, Euer Gnaden“, knarrte Kalirs Stimme durch die enge Kammer. „Das meiste aus den freien Tälern jenseits der Rabenberge.“
„Nichts aus dem Norden?“
„Ich befürchte nicht. Kein Wort, Euer Gnaden. Völlige Stille.“
„Mesmerize“, sagte Duk abschätzig und schüttelte den Kopf. „Die Meldungen meiner Männer sind verlässlicher als dieser Hokus Pokus, Euer Gnaden.“
„Der Nutzen der Mesmerize ist unumstritten, Duk“, sagte Refle.
„Ein Geschenk der Götter“, sagte Kalir zu Duk mit einem Grinsen, in dem keine Freundlichkeiten vorhanden waren.
„Vielleicht. Und ebenso gefährlich. Seit dem Feuersturm gibt es zu wenige Kundige, die die Kugeln benutzen können. Und jeder der ohne Kugeln Magie nutzen konnte ist verbrannt.““
„Herr Marschall scheint mir und den Göttern nicht zu vertrauen“, sagte Kalir mit seiner emotionslosen kalten Stimme.
„Den Göttern ja. Euch?“ Er sparte sich die Antwort.
Ein kurzes Lächeln glitt über Kalirs Lippen.
„Genug“, blickte Refle zu Duk und Kalir, die gefügsam ihren Kopf senkten und den aufkommenden Streit beendeten. „Wir haben Wichtigeres zu tun.“
„Euer Gnaden.“
„Gewiss.“
„Kalir. Fahr fort.“
„Wo war ich, Euer Gnaden?“. Er sah ausdruckslos aber dann doch irgendwie berechnend zu Duk. „Als das letzte Mal im Norden völlige Stille herrschte, fielen die Joglu in unsere Reich ein.“
„Euer Gnaden!“, es war Duk der Kalir wieder harsch ins Wort fiel und mit einem festen entschlossenen Blick zum Schweigen brachte. „Euer Gnaden“, widerholte er sichtlich erregt, „es gibt keinerlei Hinweise, dass es Grenzüberschreitungen von regulären Truppen gegeben hätte. Banditen oder Chimären sind wahrscheinlicher, als dass die Joglu…“ Er stoppte. „Als dass Joglu eine Armee aufgestellt hat.“
„Chimären?“, erwiderte Prinz Catel auf die Vermutungen des Marschalls und schüttelte mit dem Kopf. „Seit Wintern gibt es keine Berichte mehr über Chimären diesseits der Arka oder der Rabenberge. In Worgu sind sie ausgerottet.“
„Klingenbären galten ebenfalls als ausgerottet. Und trotzdem haben meine Männer allein diesen Sommer zwei Dutzend erlegt!“
„Vielleicht, angeblich oder es wurde gehört. Alles Vermutungen!“, warf der König plötzlich in den Raum und brachte alle wieder zum Schweigen. „Das Felsental ist zu wichtig für Vermutungen. Erze, Kohle und Stein. Unsere Wirtschafft hängt vom Felsental ab.“
„So ist es, Euer Gnaden. Und einen halben Tagesmarsch entfernt liegt die Grenze nach Joglu.“
„Und was wollt Ihr damit sagen? Eine Heerschau und Joglu angreifen? Erneut? Kurz vor der Hochzeit?“
„Unter Repgo wart Ihr damals ganz begeistert in den Krieg gezogen. Oder irre ich mich da, Herr Marschall?“, antwortete Kalir ausdruckslos und kalt, ganz klar gewollt provozierend.
Duks Hände begannen zu zittern. „Wie kannst du es wagen?“
Das erste Mal erkannte Alora tatsächliche Wut und Hass in Duks Gesicht.
„Genug!“, brüllte Refle, als Duks Hand plötzlich am Griff des Schwerts ruhte und diesen verkrampft festhielt. „Kalir. Du auch. Es reicht.“
Der Priester nickte und wich einen Schritt zurück.
„Verzeiht euer Gnaden.“ Duk verneigte sich kurz und ließ seine Hand lockerer werden.
„Chestaine. Luca. Was empfehlt ihr?“, fragte der König nach wenigen Momenten der Ruhe.
Auch die beiden Frauen schienen überrascht von den Ereignissen der letzten Finger zu sein und brauchten einen Moment, bis sie sich gesammelt hatten.
„Eine Hochzeit steht bevor, Geliebter.“ Sie schaute ihrem Gatten tief in die Augen. „Und ein Krieg ist ein schlechtes Omen.“
„Wahre Worte“, nickte Refle zustimmend und schaute starr auf den Tisch. „Marschall Duk?“, sagte der König schließlich.
„Euer Gnaden?“
„Ihr nehmt fünfhundert Mann, beritten, und macht Euch mit diesen auf den Weg zum Felsental. Dort werdet Ihr feststellen, was sein Unwesen treibt und es erledigen. Falls, ich betone, falls“, er schaute zu Kalir, „es eine feindliche Armee ist, werdet ihr unverzüglich Bericht erstatten. Verstanden?“
„Ja, Euer Gnaden.“
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