Michael Schatten - Das Geflüster der Raben

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Die Kriegswaise Alora führt ein gutes Lebens als Bedienstete der Königsfamilie Worgu. Als eine Hochzeit naht wird sie in Konflikte hineingezogen, die ihr junges naives Weltbild für immer verändern werden. In den Fängen des Kriegsveteranen Serox lernt sie die Grausamkeit der Welt kennen und wird mit ihrer Vergangenheit konfrontiert. Während dieser Reise erwacht eine alte vergessen geglaubte Macht und wird die Welt ins Chaos stürzen.

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Michael Schatten

Das Geflüster der Raben

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Inhaltsverzeichnis Titel Michael Schatten Das Geflüster der Raben Dieses ebook - фото 1

Inhaltsverzeichnis

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10 Winter Früher

Kapitel 1 -Das Mädchen

Kapitel 2-Der Mann

Kapitel 3 -Offene Fragen

Kapitel 4–Aufbruch in den Norden

Kapitel 5-Die Ankunft

Kapitel 6 -Die Flucht

Kapitel 7-Der Betrug

Kapitel 8-Vergangenes und Kommendes

Kapitel 9-Das Ende einer Linie

Kapitel 10-Falsche Hoffnung

Kapitel 11-Vom Regen in die Traufe

Kapitel 12-Das erste Opfer

Kapitel 13-Ungewollte Erkenntnisse

Kapitel 14-Der Mann und das Mädchen

Kapitel 15-Der Meister

Kapitel 16-Gefahr im Norden

Kapitel 17-Narasirs Wahrheit

Kapitel 18-Der Meister naht

Kapitel 19-Der lange Marsch

Kapitel 20-Im Schatten der Berge

Kapitel 21-Hart wie Stahl! Und unaufhaltsam!

Kapitel 22-Das Ende eines Meisters

Kapitel 23-Wo alles begann

Kapitel 24-Sünden der Vergangenheit

Kapitel 25-Repgo

Kapitel 26-Beglichene Schuld

Kapitel 27-Das Wiedersehen

Kapitel 28-Die Macht einer Göttin

Kapitel 29-Das Geflüster der Raben

Epilog

Impressum neobooks

10 Winter Früher

„Psst!“ den Zeigefinger mahnend zum Mund erhoben zeigte er seinem jüngeren Begleiter an gefälligst weniger Krach zu machen und nicht wie ein Tölpel auf jeden Ast zu treten. Sie waren schon zu lange erfolglos in den Wäldern unterwegs als dass sie sich die nun bietende Gelegenheit entgehen lassen könnten. Endlich hatten sie Wild gefunden. Ein strammer Rehbock, der noch nichtsahnend im tiefen Schnee nach Essbarem suchte und nicht weit entfernt von ihnen auf der kleinen Lichtung stand. Er schien ebenso Hunger zu leiden wie sie in diesem verflucht kalten Winter, der das ganze Land in seinem langen eisigen Griff hielt. Egal wen man fragte, jede Familie litt unter dem Eis, das Tiere und Pflanzen gleichermaßen dahinraffte und die Grundlagen für das Überleben aller raubte.

Wehleidig erinnerte der ältere der beiden Jäger sich zurück als ihre Winterlager noch randvoll waren und sie Gevatter Frost mit einem Lächeln entgegensehen konnten. Normalerweise mochte er den Winter sehr gerne. Die kühle erfrischende kalte Winterluft, die weißen Landschaften nach einem Schneefall, das Spielen und Toben im Schnee mit seiner Familie. Es war einfach alles unbeschwerter als im Sommer, der so viel Arbeit mit sich brachte. Und noch wichtigster war, dass der Winter ließ ihn endlich seinen verkümmerten Arm vergessen ließ. Die Strafe die ihn die Götter auferlegt hatten und mit der er nun Leben musste.

Nutzlos und dünn wie ein Zweig hing der linke Arm schlaff an seinem Körper herab. An guten Tagen schaffte er es mit Mühe den Löffel zum Mund zu bewegen, aber die schlechten Tage an denen nicht mal das möglich war, waren deutlich zahlreicher. Viele völlig alltägliche Dinge waren eine wahre Herausforderung für ihn. Holzhacken? Die Felder abernten? Möglich war es, ja, aber er brauchte fast einen ganzen Tag um die Arbeit zu beenden, die sein Bruder in einem halben schaffte. Trotzdem versuchte er immer sein Bestes zu geben und unterstützte seine Familie bei allem so gut es ihm möglich war. Seine Mutter war im Kindbett während der Geburt seiner Schwester gestorben, neun Winter jetzt alt das dürre Mädchen und der Hauptgrund, wieso er und sein Bruder nun hier draußen in den dunklen verschneiten Wäldern nach Essen jagten. Das junge Ding kannte das Gefühl, Hunger leiden zu müssen nicht, denn ihnen ging es gut, selbst in den vielen harten Wintern vor diesem. Ihr Vater hatte sich immer darum gekümmert, dass genug Nahrung vorhanden war und hatte ihm und seinem Bruder alles beigebracht, was sie jetzt wussten und konnten. Er war es auch, der ihnen aufgetragen hatte, auf ihre Schwester aufzupassen, komme was wolle, und sie befolgten die Anweisungen ihres Vaters immer.

Jetzt saß ihre Schwester allein zu Hause. Sie konnten nicht auf sie Acht geben. Was würde ihr Vater wohl dazu sagen, dass sie ihre kleine Schwester alleine gelassen hatten? Wäre er wütend auf sie? Aber sie taten es schließlich für sie. Ausharren im kalten Wind im Kampf gegen die Natur und die Eiseskälte des Winters. Sie mussten es tun. Sie mussten die Verantwortung übernehmen. Ihr Vater konnte ihnen diesmal nicht mehr helfen. Mit so vielen anderen war er vor wenigen Monden gen Norden in den Krieg marschiert - schon wieder. Das zweite Mal riskierte sein Vater für den König sein Leben und kämpfte gegen die Horden des Nordens. Barbaren des Nordens, wie die Herolde nicht müde wurden zu betonen. Das Volk der Joglu, wie sie sich selbst nannten. Er kannte keinen Joglu. Er hatte noch einen gesehen, er kannte nur die Geschichten. Sie lebten gar nicht so weit von seiner Heimat entfernt. Im ersten Krieg hätten sie es fast geschafft, seine Heimat zu erreichen, nur noch wenige Tagesmärsche trennten sein Dorf damals vom Feuer des Krieges. Aber die Armeen des Königs hatten gesiegt und die Joglu vernichtet. So hatte es ihm sein Vater damals erzählt. Und trotzdem kam es erneut zu einem Krieg. Wieder gegen die Joglu, wieder gegen die Barbaren. Und dieser erneute Krieg war es schuld, dass sie jetzt mitten im Wald zwischen gefrorenen Stöcken und Ästen ausharren mussten.

Die Truppen ihres eigenen Königs hatten sich während ihres Marsches gen Norden aus den Winterlagern des gemeinen Volks versorgt. Getreide, Fleisch, Eier, alles. Manche erzählten, dass ihnen die Soldaten nichts übriggelassen hatten und alle Lager bis zum letzten Sack geleert wurden. Für das Volk, das die Soldaten geschworen hatten zu beschützen, blieb kaum genug zum Überleben übrig. Sie marschierten in den Krieg, um ihr Volk zu beschützen und ließen es zum Hungern zurück. Eine Ironie des Schicksals die Artam lauthals hätte loslachen lassen, wenn es eine Mär oder Fabel gewesen wäre. Aber es war die Realität, sie hungerten, ihre Freunde hungerten, jede Familie hungerte. Auf Geheiß ihres Königs. Artam spuckte abschätzig in den kniehohen Schnee als er wieder an den König und die in Stahl gekleideten Soldaten denken musste.

Wie hätte sein Vater wohl reagiert? Wusste er überhaupt, was weiter südlich, in seiner Heimat, geschehen war? Hatte er es erfahren?

Noch bevor die endlosen Schlachtreihen der Worgunischen Armee sein Dorf erreicht hatten, war sein Vater bereits in den Norden aufgebrochen. Als Vorhut auf dem Rücken eines der gewaltigen Schlachtrösser sollte er vor dem Hauptheer mithelfen Ordnung im Felsental zu schaffen. Nur die Lage auskundschaften, wie er damals gesagt hatte, als der große Mann ihn mitnahm. Sein Vater hatte den Artam unbekannten Mann damals empfangen wie einen alten Freund. Sie lachten und umarmten sich. Redeten lange miteinander, bis sie dann noch am selben Tag aufbrachen.

Nur wenige Tage später kamen dann die Soldaten des Königs und fielen über die Lager her wie hungrige Ratten Das, was sie den Sommer zuvor so mühsam zusammengesammelt hatten.

„Es ist für die Armee des Königs! Wer sich weigert wird ausgepeitscht!“, hallte es immer noch in seinen Ohren. Die kratzige Stimme des schmalen Mannes, der das Kommando über die Truppen hatte.

Artam ballte die Faust, als er sich zurückerinnerte. Mit seinen guten zwanzig Wintern wäre er alt genug gewesen um an der Seite seines Vaters in den Kampf zu ziehen, aber mit nur einem brauchbaren Arm wäre er im Kampf keine Hilfe gewesen. Er konnte kaum den zweimannslängen großen Speer in seiner Hand vernünftig benutzen und trug ihn eher zum Schein, um sich nicht ganz unnütz während der Jagd zu fühlen. Seinem jüngeren Bruder überließ er die Verantwortung das Wild zu erlegen. Er trug schließlich Pfeil und Bogen und an ihm lag es, ob sie Erfolg haben würden, oder noch länger in den Wäldern ausharren müssten.

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