„Ja, Papa hat das auch schon erzählt. Wenn man auf der Autobahn fährt, sieht man in einem Bereich viele Brücken, die darüber gehen. Manchmal sind zwei Brücken gerade mal fünfhundert Meter voneinander entfernt. Er meint, dass sich da irgendwelche Baufirmen, hinter denen womöglich Berlusconi steckt, reich gebaut haben.“
„Das sehe ich genauso. Berlusconi hat es sicher nicht ausgelassen, hier und da einen Vorteil für sich in Anspruch zu nehmen.“ Während ich das sage, schwillt mir der Kamm und mir kommt die Galle hoch.
Italien ist zwar meine zweite Heimat, denn seit ich denken kann, war ich in Deutschland. Trotzdem macht es mich wütend, wenn ich an diese Zeit denke, in der Berlusconi am Ruder war. Als normaler Bürger bekommt man nichts mit. Ab und zu steht was in der Zeitung, dass er oder irgendein Handlanger von ihm vor Gericht steht „aber die im Dunkeln sieht man nicht!“ und auch nicht die Vorgänge, die im Dunkeln ablaufen. Wenn die Öffentlichkeit davon wüsste, gäbe es in Italien sicher eine Revolution.
Um Italiens Finanzen steht es nicht besonders gut, einige Banken sind genau genommen schon nicht mehr zu halten und nach außen geht das Leben weiter, als wenn es kein Morgen gäbe.
„Fare una bella figura!“, sinngemäß ‚ eine gute Figur machen‘ oder ,gut aussehen ‘ gehört zum Italiener wie die Pasta, ein Grund für die vielen SUVs, Mercedes und BMW auf den Straßen hier. Italien lebt über seine Verhältnisse und wenn es rauskommt, knallt es!
„Der, den wir da zum Teil durch die Gegend fahren, war bestimmt ein armer Teufel. Den haben sie im Senegal, Eritrea oder sonst wo geködert mit Reichtum in Europa, Haus, Auto, Essen und alles, was seiner Familie fehlt und ihn mitgenommen.
Den haben sie am Strand lang geschickt, um unverkäuflichen Kram zu verkaufen. Hast du schon mal gesehen, dass da irgendeiner Badetücher oder Pareos kauft? Damit rennen die den ganzen Tag in der heißen Sonne rum, abends gibt es Ärger, weil nichts verkauft wurde und dann dauert es ein halbes oder ein ganzes Jahr bevor der mal wirklich etwas Geld auf die Hand bekommt. Alles was er bis dahin als Lohn hätte bekommen müssen, wird ihm als Abzahlung auf seine Fahrt hierher und für die Miete in einem zwanzig Quadratmeter großen Zimmer mit acht Mann vorenthalten.“
„Hast recht, Amor, weshalb laufen die eigentlich da rum und bieten die Sachen an? Die kauft wirklich niemand.“
„Ich vermute, dass das irgend so ein Geldwäsche-Ding ist, mit dem illegale Gelder legalisiert werden.
Als die früher Marken-Plagiate verkauft haben, da haben die Geld verdient. Aber das hat Konzernen und deren Aktionären geschadet, die hinter den Marken stehen. Dem musste man natürlich einen Riegel vorschieben.
Wenn die jetzt Schrott verkaufen beziehungsweise eben nicht verkaufen, dann schadet das keinem, außer den armen Jungs am Strand, aber es gibt auch keine Einnahmen!“
„Gut, dass du in Deutschland aufgewachsen bist. In Italien wärst du Kommunist geworden.“
„Nein, das wohl nicht, aber Sozialist bin ich hier wie da. Früher gab es mal die PSI – Partito Socialista Italiano, hervorgegangen aus einer Arbeiterpartei des späten neunzehnten Jahrhunderts. Die hatten mal den Leitspruch Non formule ma fatti was sinngemäß heißt „keine Sprüche, sondern Taten“. Hundert Jahre nach der Gründung, 1992 war klar, dass ihr Chef Bettino Craxi keine mani pulite hatte, also keine „sauberen Hände“. Er hatte wirklich Taten folgen lassen und dafür Schmiergelder kassiert. Die PSI war fertig, quasi nicht mehr existent und Craxi ist mit viel Geld nach Tunesien geflohen.
Italien ist eine Bananenrepublik, wenn man es mit Deutschland vergleicht. Drum bin ich froh in erster Linie Deutscher zu sein.
Das Schlimme ist, dass alle Nachteile aus diesen Deals und Machenschaften nur den kleinen Mann treffen. Den lässt man Steuern bezahlen, bis ihm die Schwarte kracht und die, die Steuern hinterzogen haben, bekommen staatliche Hilfe aus den Steuern des kleinen Mannes, sobald es so aussieht, als hätten sie ein Problem.
Das wird dann damit verbrämt, dass die Arbeitsplätze der vielen kleinen Menschen gefährdet wären, wenn die Subventionen nicht fließen würden.“
„Mann, Mann, Mann, Amor, beruhige dich. Du bist ja richtig wütend! Ich meine ja, dass solche Sachen auch bei uns in Deutschland laufen, aber da fällt es noch nicht auf, weil es allen recht gut geht. Die, die am Ruder sitzen, haben dasselbe getan, wie die Craxis oder Berlusconis, aber geschickt darauf geachtet, dass noch Substanz übrig bleibt.“ Was Anton da sagt, leuchtet mir ein.
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