1 ...7 8 9 11 12 13 ...16 Ein vielfaches Zischen und die lauten Schreie Schwerverletzter rissen mich aus den Gedanken. Feindliche Bogenschützen überzogen die Reste der Truppe von den Dächern und Fenstern der umliegenden Häuser aus mit Pfeilen. Unsere Soldaten waren an verschiedenen Stellen des Platzes von Fußtruppen eingekesselt worden und kämpften verzweifelt um ihr Leben. Wahllos hatten sie sich unter den Angriffen zusammengeschlossen, ohne jede Ordnung. Ein letztes Aufbäumen …
Rogér war nirgendwo zu sehen. Auch nach Unterführern suchte ich vergeblich. Vermutlich hatte man sie zuerst umgebracht, um die kopflosen Einheiten leichter vernichten zu können. Ebenso blieben de Moncadrieux und seine 1450 Krieger verschwunden.
Hatte jemand unser Vorhaben einem großangelegten Verrat geopfert? Es musste so sein, wenn hier ausschließlich Rogérs Gefährten abgeschlachtet wurden!
Zweifellos war Arnaud der Verräter, von dem Broderik gesprochen hatte!
Was, wenn die Templer ebenfalls Verrat übten und gar nicht erst kämpfen wollten?
Es blieb keine Zeit für weitere Überlegungen. Längst hatten de Fontes´ Soldaten die Neuankömmlinge bemerkt. Ihre Bogenschützen deckten meine Gruppe mit Geschossen ein, während gegnerische Fußtruppen vorrückten. Ich musste sofort reagieren, wenn wenigsten noch einige Männer gerettet werden sollten!
Nach einem deutlichen Wink an die Reiter galoppierten alle direkt aus der Stadt, wie bei einer überhasteten Flucht. Ein einziger Aufschrei ging durch die Gruppen der Überlebenden. Sowohl unser Auftauchen wie auch die anschließende Reaktion war von ihnen beobachtet worden. Dieser Akt der Feigheit würde jeglichen Lebenswillen endgültig brechen!
Wir preschten weiter. Sofort folgte ein großer Trupp feindlicher Berittener. Im gestreckten Galopp ging es weit auf die offene Fläche vor der Stadt, wo die Gefährten sich schlagartig fächerförmig auseinanderzogen. Nach einer abrupten Wendung auf beiden Seiten entstand daraus plötzlich ein geschlossener Kreis mit den Verfolgern in seiner Mitte.
De Fontes´ Soldaten saßen in der Falle!
Blanker Hass hatte längst jeden meiner Kämpfer ergriffen. Obwohl deutlich in der Unterzahl, fielen die 50 Reiter regelrecht über die Eingekreisten her. Diese hatten der geballten Wut bald nichts mehr entgegenzusetzen. Niemand ließ Gnade walten nach dem in der Stadt Gesehenen.
Während wir de Fontes´ Soldaten erbarmungslos niederschlugen, eilte einer meiner Gefährten weiter, um unsere Bogenschützen heranzuholen. Sie wurden dringend in der Stadt gebraucht, sonst waren Rogérs Männer verloren!
Die Nachricht des Boten ließ den Trupp umgehend loslaufen. Durch das offene Stadttor konnte er nicht hinein, ohne sofort umzukommen. Also blieb allein der Weg über die Mauern, die Seile hoch. Von den Wehrgängen aus mussten anschließend die feindlichen Truppen dezimiert werden, die den Überlebenden so schwer zu schaffen machten. Allerdings brauchten die Helfer dabei selbst Unterstützung. Meine Krieger würden ihnen noch vor ihrem Eintreffen in der Stadt einen Vorteil verschaffen!
Im Galopp ging es zurück. Hoffentlich hatten die Eingekreisten bis jetzt durchgehalten!
Meine Berittenen stürmten erneut durch das offene Stadttor.
Die Verluste der Kämpfer hinter den Mauern hatten sich vergrößert. Als wir plötzlich wieder auftauchten, schien ein Ruck durch die Überlebenden zu gehen. Sämtlichen Feinden hingegen stand die Überraschung ins Gesicht geschrieben. Die gegnerischen Bogenschützen brauchten zu lange, bis sie uns mit Geschossen überzogen. Ihre Pfeile hielten niemanden auf – noch nicht …
Wir sprengten ohne sichtbares Zeichen auseinander. Die Hälfte der Männer hielt auf die Mauern links und rechts des Stadttores zu. Kurz vorher sprangen sie von den Pferden und rannten die Treppen hinauf. Unter allen Umständen mussten die nächstgelegenen Aufgänge gesichert und möglichst viele Schützen beseitigt werden. Nur dann konnten unsere eigenen Fernkämpfer von außen die Seile hochklettern!
Einige Reiter starben schon auf den ersten Stufen, doch die meisten schafften es bis auf die Wehrgänge. Sofort stürzten sie vor und beseitigten auch die weiter entfernten Schützen. Zudem wurden die beiden Türme besetzt, die das Tor einfassten. Kurz darauf kletterten die ersten Helfer über die Stadtmauer. Währenddessen galoppierte ich mit den anderen 25 Reitern frontal in eine massive Ansammlung der Feinde hinein. Die hatte eine große Gruppe Überlebender völlig eingekreist. Unser Vorstoß riss eine deutliche Bresche in die Reihen der Gegner, ohne jedoch ihre Gegenwehr brechen zu können. Plötzlich sackten einige Sarazenen von Pfeilen getroffen zusammen. Meine Bogenschützen – sie hatten es geschafft und die Stellungen auf den Mauern neben dem Tor eingenommen!
Wir nutzten den Moment und vereinigten uns mit den Angegriffenen. Ich befahl die Rückkehr zum Stadttor. Dort konnten wir den anderen Kriegern bei der Verteidigung der Wehrgänge helfen. Den Bogenschützen durfte nichts passieren, sonst waren wir verloren!
Mit dem Erreichen des hölzernen Einlasses verteidigten meine Reiter die Aufgänge, alle anderen hasteten hinauf. Die Krieger auf Wehrgängen und Türmen hatten deutliche Verluste erlitten. Immer mehr Feinde drängten heran und versuchten, die Stufen zu besetzen. Kam auch nur ein einziger naher Aufstieg in die Hand der Soldaten de Fontes´, war die Niederlage ebenfalls unabwendbar!
Unsere versammelten Kämpfer hielten sich besser als erwartet. Die Reiter bremsten den schlimmsten Ansturm bereits vor den ersten Stufen, und die Krieger dahinter verteidigten jede Fußlänge mit ihrem Leben. Vereint standen sie langsam immer sicherer. Dann gehörte der Durchlass uns. Somit war der Fluchtweg gesichert!
Die Feinde begannen deutlich zu wanken. Wenn wir jetzt nachsetzten, ließ sich eine fast völlige Niederlage in einen fulminanten Sieg verwandeln!
Ich ließ ein Signal geben, und jeder zweite Soldat kam herüber zu mir. Gemeinsam machten wir gezielt Jagd auf sämtliche Gegner in der Nähe. Die Wut meiner Männer schien grenzenlos. Jeder wollte Rache für die Gefallenen. Bald entstanden immer größere Lücken in den Reihen der Angreifer auf dem Platz.
Die letzten Anhänger des Statthalters flohen irgendwann ins Innere Vallettas.
Der Sieg gehörte uns!
Die Männer jubelten. Kaum jemand hatte wohl damit gerechnet, dem Tod zu entkommen. Der Platz war übersät mit Toten und Verletzten. Trotzdem lebten noch ungefähr 200 von ehemals 400 Kämpfern. Die alten Gefährten Raimunds und Rogérs Männer hatten einen hohen Preis gezahlt. Ich übersah die verbliebene Truppe. 280 Kämpfer insgesamt – 200 Überlebende, 30 meiner Reiter und 50 Schützen. Letztere beklagten keinerlei Verluste.
Wenig genug!
Vielleicht fanden wir noch weitere Verletzte auf dem Schlachtfeld …
Beinahe hätte es ein totales Massaker gegeben. Der bereits besiegelte Tod der Überlebenden des Hinterhaltes war jedoch allein durch das Eingreifen meiner kleinen Reserve abgewendet worden!
Während der Suche nach Verwundeten schleppten Helfer einen bei den Kämpfen schmerzlich Vermisst heran – Rogér! Jemand hatte ihn bewusstlos zwischen den Toten gefunden, mit einer tiefen Wunde unter dem gespaltenen Helm. Böse niedergeschlagen, war er wohl seit dem Eindringen in die Stadt bewusstlos gewesen. Große Überraschung machte sich breit, als der alte Anführer nun blutüberströmt und schwankend zwischen den Erschöpften stand. Mühsam versuchte er, seine Gedanken zu ordnen.
Arnaud und Broderik blieben nach wie vor verschwunden. Wieder stieg Wut in mir hoch, aber dafür blieb jetzt kein Platz. Meine Männer lebten – das allein zählte in diesem Moment!
Sie mussten sämtliche Waffen auf dem Platz einsammeln und mitnehmen. Ich achtete strikt auf die Ausführung des Befehles. Unterschwellig kam Freude auf. Einen Teil der Kämpfer gerettet, die Feinde besiegt und mein erstes Kommando erfolgreich beendet, auch wenn es kein erteiltes war!
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