Ralf-Erik Thormann - Kämpfe und Wahrheiten

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Im Jahre 1188 bleibt dem jungen Tempelritter Falko nach der Rettung seines adeligen Vaters aus einem Kerker keine Möglichkeit, in das geliebte Kloster zurückzukehren. Henry de Fontes und Malik al Charim, die Todfeinde seiner Familie, drohen nicht nur seine Angehörigen endgültig zu vernichten, sondern auch das gesamte Heilige Land zu zerstören.
Falko muss erkennen, dass sowohl die eigenen Vorfahren als auch deren Gegner ihre Ziele untrennbar mit seinem Leben verknüpft haben. Bald wird er zur letzten Hoffnung der Menschen im Orient. Dabei offenbaren sich gefährliche Fragmente einer Herkunft, die man sorgsam vor ihm verborgen hatte. Als auch der arabische Heerführer Saladin in die Auseinandersetzungen eingreift, muss er die Herausforderung annehmen.
Gleichzeitig suchen Christen und Moslems fieberhaft weiter nach der Bundeslade und zwei anderen mächtigen Geheimnissen, die die Welt aus den Angeln zu heben vermögen. Falko wird zum Mittelpunkt unheilvoller Verwicklungen, aus denen er auch seine geliebte Elisabeth nicht heraushalten kann.
Immer mehr wird die Vergangenheit zur Gegenwart …

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Ralf-Erik Thormann

Kämpfe und Wahrheiten

Imprint

Ralf-Erik Thormann,

Kämpfe und Wahrheiten

Texte: © Copyright by Ralf-Erik Thormann

Umschlagfoto: Ralf-Erik Thormann

Satz: Erik Kinting – www.buchlektorat.netVerlag: Ralf-Erik Thormann thorm1@gmx.de

Published by: epubli GmbH, Berlin

www.epubli.de

Kapitel 1

Auf dem Rückweg zur Festung versuchte ich, mir so viel wie möglich von der Gegend einzuprägen.

Jenseits des grünen Tales ritten wir durch eine Landschaft, die sich wenig von der kargen und menschenfeindlichen Gegend unterschied, durch die Arabicus uns hergeführt hatte. Mein Vater erzählte, dass es immer wieder von weithin unbekannten Wasserstellen gespeiste Oasen gab. Lagen sie geschützt oder günstig, entstand manchmal mehr als ein grüner Flecken daraus – so etwa im Tal der Festung oben in den Bergen oder in der Ebene des Anwesens meiner Eltern. Derartige Stellen wurden schnell in Besitz genommen und waren heiß umkämpft. Manche entwickelten sich zu Handelsposten. In der Wüste gab es viele solcher Quellen, aber die meisten blieben ausschließlich den Nomaden bekannt.

Wir machten einen Umweg, um eine dieser Oasen zu besuchen. Raimund hatte darum gebeten, alter Erinnerungen wegen. Vorsichtshalber trug er ein Beduinentuch, wie üblich bei den Arabern so um den Kopf gewickelt, dass nur ein Sehschlitz frei blieb.

Es wäre fatal, wenn ihn jemand erkennen sollte!

Andererseits mochte ich ihm den Wunsch auch nicht abschlagen. Die Zeit im Kerker war lang gewesen. Außerdem wusste niemand, was die Zukunft brachte. Der Ausflug würde schon niemandem schaden.

Die Wache schloss auf, und unsere Gruppe ritt gemächlich weiter.

Am Ziel angekommen, tränkten wir zuerst die Pferde.

Anschließend blieben drei Männer bei ihnen zurück; alle anderen schlenderten mit uns an den Zelten und Hütten vorbei.

Die Bewohner hatten nicht viel zum Leben, nutzten aber sämtliche zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Mit den Reisenden ließ sich immer Geld verdienen. Die brauchten Wasser und kauften Kleinigkeiten, sobald der Durst gelöscht war. An sämtlichen Hütten und Zelten gab es kleine Stände. Obst, Brot, Zaumzeug, bunte Tücher – man bekam alles für die Weiterreise.

Raimund sog den Anblick regelrecht auf. Er wirkte konzentriert und sah sich jede Kleinigkeit genau an. Manchmal war unter dem Tuch ein tiefes Durchatmen zu hören. Ich fragte nicht, aber augenscheinlich gab es mehr als eine Erinnerung an alte und schöne Zeiten, die zurückkam, während wir weiterliefen. Die Oase wirkte nicht sonderlich groß. Schnell hatten wir ihr Ende erreicht, drehten um und hielten uns Richtung Brunnen. Noch etwas trinken, die Wasserbeutel füllen – dann stand der Ritt nach Matlahat bevor.

Am Brunnen zwängten Raimund und ich uns in eine lange Schlange. Gefahr schien nicht im Verzug zu sein. Außerdem konnten wir kaum darauf hoffen, die Wasserstelle irgendwann allein für uns zu haben. Dazu blieb der Andrang zu groß. Vorsichtshalber verharrten zwei Leibwächter eine Mannslänge von uns entfernt; die anderen Gefährten sicherten die Umgebung. Während die Menschen geduldig dem nächsten vollen Eimer aus der Tiefe entgegenstarrten, beobachtete ich eine junge Frau zwischen Raimund und mir, die einen schreienden Säugling auf dem Arm hielt. Unermüdlich versuchte sie, ihn durch Wiegen und leise Worte zu beruhigen. Der Versuch, das Gesicht des Kindes zu sehen, zog für einen Augenblick meine gesamte Aufmerksamkeit auf sich.

In diesem Moment spürte ich von hinten eine leichte Berührung. Jemand in der Schlange der Wartenden hatte wohl einen Schritt zu weit nach vorne gemacht. Instinktiv drehte ich mich um die eigene Achse und machte mit den Armen eine Abwehrbewegung von unten nach oben. Dabei stieß ich die Frau an, und der Säugling begann sofort wieder zu schreien. Die Wachen und Raimund drehten sich herum und griffen zu den Waffen, ohne genau zu sehen, was passiert war. Ich schalt mich einen Narren.

Welch überzogene Reaktion! Durch diese Ängstlichkeit schrie ein Kind!

In den Gedanken hinein folgte blanke Erstarrung. Die wild rudernden Arme trafen eine Männerfaust direkt vor meinem Bauch!

Ein Attentäter!

Neben uns fiel gleichzeitig ein Nomade zu Boden. Der Mörder hatte ihn wohl umgestoßen, um sein Opfer erreichen zu können – mich. Dabei war es zu der Berührung gekommen. Sie hatte mir das Leben gerettet! Das Messer schoss seinem Ziel entgegen. Instinktiv schlug ich die geballte Faust zur Seite und umklammerte sie dann.

Nicht wie im Kloster!

Bei dem Mordanschlag damals hatte der Attentäter genauso vor mir gestanden, als er zustieß. Nicht noch einmal, jetzt, wo sich gerade das Schicksal zum Guten wendete!

Vor mir tauchte ein buntes Beduinentuch auf. Der Meuchelmörder hatte es so um den Kopf geschlungen, dass lediglich ein Sehschlitz frei blieb. Zusammengekniffene Augen starrten kalt herüber, während der Fremde verbissen versuchte, die Hand mit dem Messer zu befreien. Er war größer, schwerer und auch stärker. Mit aller Kraft versuchte ich vergeblich, die Waffe aus der behaarten Faust zu drehen und gleichzeitig mit der anderen Hand meinen Dolch zu ziehen.

Ich bekam die eigene Waffe lediglich noch aus dem Gürtel. Mit der freien Hand packte der Unbekannte meinen Unterarm und hielt ihn fest. Von oben drückte er sein Messer nun herunter, während ich mich von unten zuzustoßen bemühte. Raimund versuchte verzweifelt, in den Kampf einzugreifen. Die Angst, zusehen zu müssen, wie der einzige Sohn umgebracht wurde, verzerrte sein Gesicht fürchterlich. Immer wieder setzte er an, um uns auseinanderzuziehen. Genauso oft riss mich der Attentäter ohne sichtbare Anstrengung hoch und stellte meinen Körper wie einen Schutzschild vor Raimund. Ich war dagegen machtlos, während wir weiter ineinander verkrallt zusammenhingen. Blanke Todesangst kam von tief unten aus den Eingeweiden herauf. Ringend torkelten wir durch die umstehenden Menschen, fielen hin und standen wieder auf, ohne einander loszulassen. Die Leibwache umringte uns längst, bereit, sofort zuzuschlagen, sobald sich eine Möglichkeit ergab. Doch dazu kam es nicht. Der Unbekannte und ich kämpften zu nahe miteinander. Als wir an den Brunnen taumelten, schlug er meine Faust kräftig auf die Kante der Umrandung. Schmerzerfüllt ließ ich den Dolch fallen. Sofort griff er mit der zweiten Hand zu, um seinen Waffenarm zu befreien. Aus der Not heraus versuchte ich, ihn am Burnus nach unten in den Brunnen ziehen.

Unmöglich!

Der Mann war nicht nur deutlich kräftiger, sondern auch eingeölt. Die gesamte Kleidung, seine Arme – nirgendwo ließ er sich richtig greifen oder lange festhalten. Überall rutschte man ab. Äußerst mühsam konnte ich die Hand mit dem Dolch weiterhin umklammern, während er sich gegen den Sturz in die Tiefe wehrte. Hier ging es weder um Geschick oder Kniffe, sondern allein um rohe Gewalt!

Wir taumelten vom Brunnen zurück. Mit aller Macht versuchte der Angreifer, mir das Messer in die Brust zu stoßen. Seinen Arm herunterdrückend, brachte ich ihn unverhofft durch eine Drehung zu Fall. Dabei riss er mich mit um. Im Fallen streckte ich mich seitwärts. Kaum eine Armlänge entfernt lag mein Dolch!

Im Liegen zog mich der Mörder scheinbar mühelos mit einer Hand heran und stach zu. Der Umgang mit einem Spielzeug konnte kaum schwerer sein! Mühsam wich ich der Attacke aus und trat ihn weg. Überdeutlich gingen mir endgültig die Kräfte aus. Meine Niederlage war unabwendbar!

Das war kein einfacher Choleriker, der irgendeine Beleidigung rächte. Der Unbekannte hier hatte den Angriff genauestens vorbereitet. Mehr noch – er war sich seines Erfolges dermaßen sicher, dass er sein Opfer selbst inmitten dessen eigener Männer ermorden wollte!

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