Hallo, Löwin,
Ihr Inserat im Forum interessiert mich. Schauen Sie doch mal in meine Webseite, ob das Interesse auf Gegenseitigkeit beruht. Ich bin gespannt. Gruß, Fyps
Dann kann er lange nicht einschlafen. Könnte diese Frau wirklich für ihn die „Richtige“ sein, würde er zum dritten Mal in seinem Leben eine Frau finden, der er seine ganze Liebe schenken kann und die ihn mit ihrer Liebe glücklich macht? Wundervoll war die Liebe der beiden Frauen, die ihm der Tod genommen hat, seine erste Freundin Diethild Trefel schon vor 48 Jahren, und dann vor 15 Monaten seine Frau Kerstin, die ihm 45 Jahre zur Seite gestanden hat. Ganz von selbst gehen seine Gedanken zurück zu dem Mädchen, das ihm zum ersten Mal in seinem Leben Liebe schenkte.
Stuttgart, den 24. 1. 53, Lieber Fyps!
Ich habe mich über Deine schnelle Antwort gefreut, da kann ich mir eine Scheibe abschneiden. So langsam merke ich, wie schön die Zeit mit Euch in Berlin war! Von meinem ersten Geld will ich mir eine Klampfe kaufen, denn Klampfe spielen ist eine gute Pille gegen so ein blödes Gefühl, wenn einem die Gedanken nach Hause weglaufen. ... Heute haben wir ein herrliches Wetter, warm und wie im Frühling. Da juckt es einen nur so, den Affen zu packen und hinaus zu gehen. Hoffentlich habe ich später Glück mit meiner Stelle, dass mir mal ein Wochenende bleibt, um Schwarzwald und schwäbische Alb zu bewandern, wie es seinerzeit meine Eltern getan haben. ... Drück‘ mir am 30. 1. die Daumen, da habe ich mein Beschäftigungsexamen! Und nun Schluss für heute.
Viele Grüße, Deine Diethild
Mit Diethild Trefel hatte Wolfgang bei den Pfadfindertanzstunden in Berlin-Zehlendorf am liebsten getanzt, doch das Verhältnis war stets kameradschaftlich geblieben. Nach Diethilds Umzug von Kleinmachnow nach Stuttgart hatte er eine Karte von ihr kurz beantwortetet. Doch jetzt nach diesem Brief fühlte er zum ersten Mal eine Zuneigung zu diesem Mädchen, das war ganz neu für ihn.
Wolfgang stand kurz vor dem Abschluss einer Maschinenbaulehre, die er nach dem Abitur begonnen hatte. Seine Eltern hatten sich scheiden lassen, als er 10 war. Nach dem Freitod seiner Mutter vor vier Jahren hatte er bei den Christlichen Pfadfindern eine neue Gemeinschaft gefunden. Der 7 Jahre ältere Gruppenführer Klaus forderte die Jungen streng, gab aber Wolfgang die Zuwendung und Charakterbildung, die er noch dringend brauchte. Dabei spielte die Achtung gegenüber Mädchen eine wesentliche Rolle. Im drei Jahre jüngeren „Kaekke“ fand Wolfgang einen vertrauten Freund.
Auf Wanderfahrten mit Schlafen im Zelt lernten die Jungen Kameradschaft und Selbstbeherrschung und die Abende am Lagerfeuer mit Liedern und Geschichten waren unvergessliche Erlebnisse für sie. Bei den wöchentlichen Gruppennachmittagen lernten sie Volkslieder und beschäftigten sich mit interessanten Themen, wobei Bibel und christliche Ethik einen wesentlichen Anteil hatten. An der Ernst-Moritz-Arndt-Gemeinde hatte Wolfgang begonnen, eine „Siedlung“ mit zwei Gruppen aufzubauen.
Berlin, den 4. 2. 53, Liebe Diethild!
... So schreibfaul bist Du gar nicht. Deine Antwort hat doch lediglich 20 Tage gedauert. Ich war früher ebenso. ... Deinen Wunsch auf Daumen drücken am 30. 1. habe ich befolgt. Und nun bitte ich Dich um das Gleiche für meinen Lehrabschluss, obwohl mir der Prüfungsrummel etwas lächerlich vorkommt.
... Wenn ich fertig bin, werde ich erst mal in vollen Zügen die Freiheit genießen. Über Ostern bin ich bei meiner Tante in Hamburg, dann geht’s auf große Tour quer durch Deutschland. Da werde ich auch bestimmt in Stuttgart vorbeikommen. ... Sei herzlich gegrüßt, Dein Wolfgang
Stuttgart, den 18. 2. 53, Lieber Fyps!
... Du bist schon zu beneiden, dass Du noch so viel Schönes sehen darfst, ehe Du an die Kette gelegt wirst. Genieße es nur recht. ... Für Fastnacht hatte ich dieses Jahr gar keine Zeit, ich musste ganz brav lernen und konnte nur sehnsüchtig den Ausführungen anderer Leute lauschen. Habt Ihr immer noch die Tanzstunden? ... Für heute viele Grüße und alles Gute zur Prüfung, Deine Diethild
Berlin, den 4. 3. 53, Liebe Diethild!
Jetzt bin ich mitten drin in der Prüfung. Äußerlich tat ich ja immer ruhig und behauptete, die ganze Prüfung komme mir lächerlich vor. Aber als es gestern so weit war, hatte ich doch ziemliches Herzklopfen. Feilen, feilen, feilen heißt die Devise, und man muss sich mächtig beeilen, um mit der Zeit auszukommen. Morgen ist die dritte Runde. ... Ich hatte nie geglaubt, dass Du auch Interesse an Fastnacht haben könntest. Du warst doch sonst so ein „Mauerblümchen“.
Meine Siedlung gab ich Sonntag ab. Wenn ich mir jetzt als Außenstehender das Fazit meiner 1½ Jahre Führertum ziehe, kann ich nur sagen: „Allzu viel habe ich nicht erreicht.“ Irgendetwas fehlte an dem Ganzen, und ich habe mich vergeblich bemüht, das zu finden. Ich weiß nur, dass ich ab und zu Klaus hätte um Rat fragen sollen. Der ist uns allen doch immer noch gewaltig über. Seine klare und einfache Denkart ist manchmal verblüffend und er kann einem mit ein paar Worten zeigen, was man jahrelang falsch gemacht hat.
Wachse doch mal über Dein Einheitsbriefformat hinaus und lass mich nicht so lange auf Antwort warten. Herzliche Grüße und alles Gute, Dein Wolfgang
Stuttgart, den 6. 3. 53, Lieber Wolfgang!
Als ich eben nach der mündlichen Prüfung nach Hause kam, fand ich Deinen Brief. Und da habe ich mich erst mal mächtig gefreut, dass Du vor der Prüfung ein Herzklopfen zugibst, wie Du beim vorigen tatest, als könnte Dir nichts passieren, worüber ich mich geärgert habe. ... Ich denke oft an die netten und ungezwungenen Tanzabende mit Euch CP-Führern. Na und „Mauerblümchen“ (hm, hm!)!
Es ist Quatsch, wenn Du sagst, Du hättest in Deiner Siedlung nicht viel erreicht. Du warst doch Deinen Jungen Vorbild, und ich nehme an, kein schlechtes. Und Du hast Dich mit allem, was Du hast, dafür eingesetzt, dass Ihr innerlich wachst. Meinst Du denn, Klaus hat gleich das Richtige gefunden, als er anfing? Und letzten Endes lernt man doch aus Erfahrungen. Sieh mal, ich bin ja klein und dumm und hässlich, aber ich habe in den letzten Tagen viel über Deine Briefe nachgedacht, dabei auch über mich und meine Lebensauffassung. Wenn ich könnte, würde ich Dir gerne helfen. Ich freue mich, wenn Du nach Stuttgart kommst, da können wir über alles viel besser sprechen. Viele herzliche Grüße, Deine Diethild
Berlin, den 12. 3. 53, Meine liebe Diethild!
... Ich habe mich mächtig gefreut, dass Du den Fyps abgelegt hast. Ich vergesse ja sonst, dass ich noch einen anderen Namen habe. ... Auch ich habe viel darüber nachgedacht, warum ich Dir das alles schreibe, was mich so bewegt. Es ist für mich eine Erleichterung, wenn ich manches zu Papier bringen kann und weiß, dass jemand das auch liest. Aber das muss ich auch sagen, es macht mir große Freude, Dir zu schreiben, und dafür habe ich auch immer Zeit, weil ich glaube, Du verstehst mich.
Es ist so gut wie sicher, dass ich Ende April in Stuttgart eintreffe. Ich möchte zu gerne mal wieder mit Dir tanzen. Weißt Du noch, wie vor uns alles die Flucht ergriff? ...
Und nun wieder ganz herzliche Grüße von Deinem Wolfgang
Stuttgart, den 13. 3. 53, Lieber Wolfgang!
Heute habe ich Dir viel zu erzählen. Ich habe nämlich eine Radtour nach dem 60 km entfernten Kloster Lorch gemacht, wo meine Großeltern im Altersheim wohnen. Es war eine wunderschöne Fahrt. Hier ist jetzt schon richtig Frühling. Im Wald blühen Blumen, die ich bisher nur vom Erzählen gekannt habe, wie Anemonen, Himmelsschlüsselchen und viele, viele andere. Als ich einmal mein Rad schieben musste, fand ich abseits des Weges eine echte Quelle. Das war das erste Mal, dass ich aus einer Quelle getrunken habe. Ein seltsamer Kontrast waren hier und da Schneeflecken, die an den Straßenrändern noch nicht weg getaut waren, und unmittelbar daneben blühten Schlüsselblumen.
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