Unendlich groß ist ihre Liebe! Würde ich ihr jemals genug danken können für die Größe ihres Herzens? Ich wusste ja, dass ich der erste Mann für sie bin, und ich habe jetzt zum ersten Mal in meinem Leben eine Frau vollkommen geliebt, denn mit der Krankenschwester war es zwar aufregend gewesen, aber ich hatte nicht die geringste Liebe zu ihr gefühlt. Ich war glücklich, dass sie es auch gewollt hatte und wusste, dass ich diese wundervolle Nacht niemals vergessen würde. Das Hohelied Salomos kam mir in den Sinn, ich musste es ihr zitieren:
„Schön bist du, meine Freundin, ja, du bist schön,
deine Augen sind wie Taubenaugen.
Dein Haar gleicht einer Herde von Ziegen, die herabzieht von Gileads Bergen.
Deine Zähne sind wie eine Herde frisch geschorener Schafe, die aus der Schwemme steigen.
Rote Bänder sind deine Lippen; lieblich ist dein Mund.
Dem Riss eines Granatapfels gleicht deine Schläfe hinter dem Schleier.
Wie der Turm Davids ist dein Hals, in Schichten von Steinen erbaut;
Deine Brüste sind wie zwei Kitzlein, wie die Zwillinge einer Gazelle, die in den Lilien weiden.
Alles an dir ist schön, meine Freundin; kein Makel haftet dir an.
Ich küsse dich mit dem Kuss meines Mundes,
denn deine Liebe ist lieblicher als Wein.“
Regina
Diese Worte überwältigten mich, mein Geliebter verglich mich mit Worten aus der Bibel und ich musste ihn einfach küssen zum Dank für seine große Liebe. Lange genossen wir den Morgen. Die Uhr in der Kirche schlug die Stunden, sie kümmerte uns nicht. Was war sie gegen die Gemeinschaft zweier Menschen, die sich von ganzer Seele lieben! „Du brauchst dir übrigens keine Sorgen zu machen“, meinte ich neckisch lächelnd, „da ich damit gerechnet habe, nehme ich schon seit einer Weile die Pille.“ Erfreut sah ich, wie ihm erschrocken klar wurde, dass er daran gar nicht gedacht hatte und er dankte mir für meine Sorgfalt.
Beim Frühstück musste ich den Geliebten immer wieder ansehen. Er war noch derselbe wie gestern, und trotzdem sah ich ihn anders, jetzt, da keine Schranke mehr zwischen uns ist. War es, weil ich ihn jetzt noch mehr liebe? Als Mutti dazu kam, die schon lange gefrühstückt hatte, schaute sie mich lange an, dann sagte sie leise: „Ich gratuliere euch, ich glaube, ihr passt gut zueinander. Bewahrt eure Liebe stets vor Schaden.“ Sie hatte genau gesehen, dass ich zur Frau geworden war.
Als wir allein waren, sagte mein Geliebter: „Ich beneide dich um deine Eltern. Meine Mutter hätte mich sicherlich beschimpft. Ich erinnere mich noch gut an ihre Worte, als mir mit 14 Jahren eine Nachbarin Nachhilfe in Englisch gab: ‚Wenn du dich mit dieser Frau einlässt, nehme ich mir das Leben.‘ Ich wusste überhaupt nicht, was sie meinte.“ Ich strich dem Geliebten über die Haare und sagte zärtlich: „Jetzt hast du ja mich und ich glaube, meine Eltern mögen dich. Meine Mutter heißt es doch gut, dass wir zueinander gefunden haben.“
Reinhard
Wir überlegten, wie es mit uns weiter gehen kann und beschlossen, in den Ferien eine Radtour durch die schwäbische Alp zu unternehmen. „Wenn wir ein Zelt und Schlafsäcke mitnehmen, können wir ab und zu irgendwo im Wald übernachten“, schlug ich vor und fügte hinzu: „Wie gut, dass sich die Zeiten geändert haben. Mein Vater hat erzählt, dass seine Eltern ihren ersten gemeinsamen Urlaub in Frankreich verbringen mussten, weil die deutschen Hotels damals keine unverheirateten Paare beherbergen durften.“
Nach dem Mittagessen schlug die Stunde des Abschieds. Auf dem Bahnhof küssten wir uns innig und ich winkte noch lange, bis ich die Geliebte nicht mehr sehen konnte. Während der Fahrt ließ ich mir dieses wundervolle Wochenende immer wieder durch den Kopf gehen und unterwegs schrieb ich meiner Königin eine SMS, in der ich ihr herzlich für ihre tiefe Liebe dankte. Sie antwortete sofort, das Wochenende sei doch erst durch meine Bereitschaft so wundervoll gewesen, alles ohne Bedenken mit ihr zu unternehmen. „Ich freue mich schon auf unsere nächste Begegnung, mein Geliebter“, fügte sie hinzu.
Da faltete ich die Hände und dankte Gott, dass er mir diese wundervolle Frau geschenkt hatte. Bisher hatte ich mich ja kaum für Frauen interessiert, jetzt begann ich, diese rätselhaften Wesen ein wenig zu begreifen. Vor allem überwältigte mich die Sanftheit und Innigkeit genauso wie der scharfe Verstand meiner geliebten Königin. Und dass ich ihre höchste Verzückung miterleben durfte, war noch ein ganz besonderes Geschenk. Am Abend skypten wir miteinander, es war herrlich, uns von Angesicht zu Angesicht unsere Liebe zu versichern. Noch tief erfüllt von der wundervollen Begegnung schickte ich der Liebsten ein Gedicht von Jalé:
Ich möchte verzaubern,
die ganze Nacht verzaubert sein,
wie unsere Haut eins wird.
Ein Mantel, der unsere Magie umhüllt
bis zum Morgen.
Ich möchte begehren, bis zum Morgen begehrt sein,
dass wir eins werden.
Ein Ganzes, das unsere Körper aneinander stillt
die ganze Nacht.
Ich möchte Deinen Duft riechen,
deine süßen Lippen schmecken,
deine Lust sehen, dein Seufzen hören,
wenn sie Dich überwältigt,
und Deine Gänsehaut ertasten.
Lass unsere Seelen einander atmen
die ganze Nacht, bis zum Morgen.
Und wenn wir uns lösen voneinander,
lass uns ein Stück davon durch den Tag tragen.
Regina antwortete sofort, sie hätte es doch ebenso gefühlt und freue sich schon auf meinen nächsten Besuch, da war ich glücklich wie noch nie in meinem Leben.
Regina
Wir mailten und skypten täglich, Reinhards Gedicht hatte mich animiert, auch für ihn etwas zu suchen und ich fand ein anzügliches Gedicht, das ich ihm schickte:
Sünde?
Was Liebe sei, das wollte Livia proben
und ließ sich manchmal rammeln wissbegierig.
Jedoch entstand dabei der Zweifel schwierig
ob sie um Wissbegier der Sünd‘ enthoben?
Ein jeder, der um Wissbegier studierte,
ist rein, hab er auch Schuld im Fleisch begangen,
und Livia braucht vor Satan nicht zu bangen,
dass sie den Männerschwengel ausprobierte.
Pietro Aretino
In seiner Antwort schrieb Reinhard, eine derartige Sünde sei doch eine herrliche Sache. Am übernächsten Wochenende besuchte mein Geliebter mich wieder und wir wiederholten unsere stürmische Liebesfeier. Aber wir ließen es nicht dabei, am Samstag genossen wir das Stuttgarter Kulturleben mit einer Theateraufführung auf einer kleinen Bühne und abends tanzten wir miteinander, allerdings mieden wir die ganz wilden Discos.
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