Basker lehnte sich ein wenig vor. „Ein wirklich unheimlicher Anblick. Man kann das grauweiße Wallen sehen und doch zeigen die Scanner und Sensoren nichts davon an. Admiral, wir müssen mit der Möglichkeit rechnen, dass dieses Phänomen künstlich erzeugt wurde. Möglicherweise durch diese Negaruyen.“
„Das ist höchstwahrscheinlich nicht der Fall, worüber ich, wie ich gerne zugebe, sehr froh bin. Tyne berichtet, die Negaruyen würden durch den Nebel ebenso behindert, wie unsere Leute.“
„Dann war es vielleicht Zufall, dass unsere Leute und die Negaruyen aufeinander gestoßen sind“, gab Basker zu bedenken. „Vielleicht fand der Angriff der Negaruyen aufgrund eines fatalen Irrtums statt, da sie uns mit einem anderen Feind verwechselten.“
„Auch das ist möglich“, räumte sie ein. „Allerdings ist diese Option nicht sehr wahrscheinlich.“
„Inwiefern?“
Rahami zögerte kurz. „Eigentlich fällt es unter Verschlusssache… Nun, in Ihrem Fall kann ich es sicher verantworten, Sie in die Mission der Blackwing einzuweihen.“
„Meinen Sie unseren Tarnkreuzer Blackwing ?“
„Genau diesen. Wie Sie wissen, Captain, wird das Direktorat durch die von Insekten abstammenden Greens bedroht, die sich selbst Norsun nennen. Ihr Überfall auf die Siedlungswelt Regan III. führte zu einer Schlacht, die uns das Ausmaß der Bedrohung deutlich machte. Wir sind diesem Alien-Volk zwar technisch nicht unterlegen, sehr wohl aber in der Anzahl. Sie scheinen über gewaltige Flottenkapazitäten zu verfügen, mit denen wir einfach nicht konkurrieren können.“
Basker hob eine Augenbraue. „In den Medien wird berichtet, dass keine unmittelbare Gefahr bestehe und unsere Sky-Navy außerdem erhebliche Anstrengungen unternimmt, um unsere Flotte auszubauen. Jede Menge neue Schiffe und neue Mannschaften.“
„Würde man der Bevölkerung mitteilen, wie es wirklich steht, würde sie wohl in Panik ausbrechen“, erwiderte Rahami mit harter Stimme. „Natürlich bauen wir neue Schiffe und bilden neue Besatzungen aus, aber wir könnten die zahlenmäßige Überlegenheit der Greens niemals ausgleichen. Allerdings… Allerdings kann es sein, dass die Greens uns eher, äh, irrtümlich, angegriffen haben.“
„Irrtümlich?“
„Nun, hier kommt die Blackwing ins Spiel. Der Tarnkreuzer wurde ausgeschickt, um nach einer Kontaktmöglichkeit zu den Greens zu suchen. Während seiner Mission stieß man auf einen Planeten, auf dem eine Vielzahl von Wracks lag. Dort kam es zum Kontakt zwischen uns und Überlebenden einer Schiffsbesatzung der Greens. Nun, und es kam zur Begegnung und zum Gefecht mit Negaruyen, die auf jener Welt wohl Jagd auf die Greens machten. Wie dem auch sei, die Blackwing konnte sich in Sicherheit bringen und, was noch weitaus wichtiger ist, sie brachte einen Gast heim ins Direktorat.“
„Einen Gast? Also einen Green oder Negaruyen, nicht wahr?“
„Den Captain eines Green-Schiffes, der zugleich Forscher ist. Seine Besatzung wurde von der Blackwing vor den Negaruyen gerettet und er bot sich freiwillig an, ins Direktorat zu kommen, um nach einer gemeinsamen Verständigung zu suchen.“
„Und, Ma´am? Gibt es diese gemeinsame Verständigung?“
„Das hoffe ich. Hoch-Admiral Redfeather hat sich bislang nicht darüber geäußert. Wie dem auch sein mag, die Begegnung der Blackwing mit den Negaruyen beweist für unsere Mission zwei Dinge: Die Negaruyen wissen sehr genau, wie wir aussehen und verwechseln uns ganz sicher nicht mit den Green, mit denen sie schon viele Jahrhunderte im Krieg liegen. Die Begegnung zwischen unseren Leuten und den Negaruyen, da unten im Nebel, mag vielleicht Zufall gewesen sein mag, aber der Angriff auf unsere Leute muss in voller Kenntnis ihrer Abstammung erfolgt sein.“
„Da die Blackwing Angehörige der Greens gerettet hat, halten sie uns wohl für deren Verbündete und damit für Feinde.“
„Genau das vermute ich. Für uns ist dabei entscheidend, dass sich die Negaruyen auf Planet Fünf in jedem Fall feindselig verhalten. Wir werden keine Zeit oder Gelegenheit darauf verschwenden können, ihnen zu erklären, dass wir eigentlich eher neutral sind. Sobald unsere Truppen auf die Oberfläche hinunter gehen, dann tun sie das nicht, um ein Schwätzchen mit den Negaruyen zu halten, sondern um diese zu stoppen und nötigenfalls zu töten.“
„Ich verstehe.“ Basker zögerte kurz. „Unser Geschwader ist seit Eintritt in das System in Gefechtsbereitschaft. Unsere Scanner und Sensoren arbeiten mit maximaler Reichweite und Energie. Bislang konnten wir kein verdächtiges Objekt anmessen. Natürlich kann sich ein feindliches Schiff im Ortungsschatten eines Planeten oder Mondes verstecken, aber sobald es Kurs auf uns und diesen „blinden Fleck“ nimmt, werden wir es erfassen. Mit Ausnahme der schweren Rail-Guns sind alle Waffensysteme aktiviert, die Schadenkontrollteams sind in ihren Bereitschaftspositionen und die Troops der Sky-Cavalry warten nur auf ihren Einsatzbefehl. Wir sind also vorbereitet, Admiral.“ Der Captain warf einen raschen Blick auf seinen Zeitmesser. „Wir dürften in nunmehr fünf Minuten in den Orbit eintreten und gehen dann in geostationäre Position, direkt oberhalb des „blinden Flecks“. Bezüglich des Landemanövers… Wollen Sie eines oder mehrere Schiffe einsetzen?“
„Da wir die jeweiligen Standorte unserer Leute und der Negaruyen nicht kennen, ist jede Landung ein Risiko. Ich werde dieses notwendige Risiko nur einem einzelnen Schiff aufbürden“, entschloss sie sich. „Die anderen Kreuzer werden im hohen Orbit verbleiben. Von dort haben unsere Schiffe ausreichende Höhe und gutes Schussfeld, falls die Negaruyen plötzlich aus dem Nebel ausbrechen.“
„Dann werde ich den entsprechenden Schiffen Dreiecksformation befehlen. Wer soll die Landung durchführen?“
„Haben Sie einen Vorschlag, Captain?“
Basker zögerte nicht mit der Antwort. „Captain Kid, Ma´am.“
Sie lächelten sich an. „Das wäre auch meine Wahl. Gut, Captain Basker, Sie wollen sicher auf die Brücke zurück. Lassen Sie mir eine Verbindung zur Europe herstellen. Captain „Kid“ Rufus wird erfreut sein, die Ehre der Landung zu haben.“
Basker erhob sich, wandte sich vor der Tür aber nochmals um. „Ich weiß, dass Rufus die eher direkte Gangart liebt, aber ich würde empfehlen, dass er erst eine Drohne in den Nebel schickt, bevor er sein Schiff selber in diesen Dunst hinein steuert.“
Rahami lächelte erneut. „Ich werde es ihm ausrichten.“
Kapitel 2 Das „Ohr“ über dem Nebel
D.S. Nanjing, APS-Kreuzer, Beuteschiff der Negaruyen
Kommandantin Hena-Gedar war froh, dem Nebel endlich zu entkommen. Seit über einer Stunde hangelte sie sich an der Führungsleine entlang, die nun den Weg zwischen dem Schiff der Negaruyen und dem eroberten Kreuzer der Menschenwesen markierte. In die Leine war ein Kabel eingearbeitet, welches die direkte Verständigung zwischen beiden Schiffen ermöglichte.
So sehr der Nebel auch zur Eroberung der Beute beigetragen hatte, so blieb er Hena-Gedar doch unheimlich.
Sie spürte die Leine an ihrer Hand und konzentrierte sich zugleich auf das grelle Positionslicht am Rücken ihres Vordermannes. Es war eine lange Kette von Lichtern, die sich nun endlich der Beute näherte, dennoch konnte jeder nur eine Handvoll der anderen erkennen. Schon der dritte Negaruyen, vor oder hinter Hena-Gedar, wurde vom grauweißen Wallen verschlungen.
Neben der extrem eingeschränkten Sicht war auch die Kommunikation sehr stark behindert. Die Funkgeräte der Raum- oder Kampfanzüge funktionierten nur über wenige Meter Entfernung. Es war umständlich, Befehle an die Kolonne zu geben. Immerhin hatten die Negaruyen eine praktikable Lösung für Kampfsituationen entwickelt: Ein kleines Schallinstrument, welches auf der einzigen Frequenz arbeitete, die den Nebel über hunderte von Metern durchdrang. Das Gerät arbeitete mit Pressluft und man konnte, über eine Reihe von Tasten, verschiedene Signale auslösen, mit denen sich Truppen im Gefecht dirigieren ließen. Es war nur ein Behelf, doch er hatte wesentlich dazu beigetragen, die Menschenwesen zu schlagen.
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