Petra nahm ihren Jungen und gab ihm die Wasserflasche, sie half ihm dabei, aus der Flasche zu trinken und hielt sie ihm vor den Mund. Als der Salzgeschmack verschwunden war, war Peter wieder wohl gelaunt und lachte, er verschwendete keinen Gedanken mehr an das übel schmeckende Salzwasser. Die Frauen nahmen die Sonnencreme und cremten die Kinder noch einmal ordentlich ein, bevor sie auch an die Männer und sich dachten. Sie zogen den Kindern ein Hemd über, damit ihre Oberkörper vor der prallen Sonne geschützt waren, ansonsten sagten sie ihren Kindern, dass sie sich auf die Decken unter die Sonnenschirme legen sollten. Als Max in diesem Moment anfing, mit seiner mitgebrachten Schüppe ein Loch für eine Sandburg zu graben, sahen alle Kinder erst interessiert zu und nahmen dann ihre Schüppen, die sie von Robert geschenkt bekommen hatten und halfen Max bei dem Loch. Max kam nur mühsam voran, weil der Sandaushub, den er mit seiner Schüppe hochhob und zur Seite warf, gleich wieder zurieselte. Bis er die Idee hatte, den Sand anzufeuchten und eine Zeit zu warten, damit sich das Wasser im Sand verteilte. Er nahm die älteren Kinder mit ihren Eimern und ging mit zwei Vätern und den Kindern zum Wasser. Die Kleinen füllten ihre Eimer und liefen mit dem Wasser zur „Baustelle“ zurück. Dort sollten sie das Wasser auf den Sand schütten und anschließend das Gleiche noch einmal machen. Bis sie am Ende fünfmal hin- und hergelaufen waren und den Sand an der späteren Sandburg gut durch gefeuchtet hatten.
Nach einer Weile fing Max wieder an zu graben, und siehe da, der Sand rutschte nicht mehr nach und er hob ein tiefes Loch aus. Den ausgehobenen Sand warf er als Burgwall an den Rand des Loches, bis er gut einen halben Meter hoch war, das Loch hatte am Ende einen Durchmesser von zwei Metern. Anschließend nahm er ein Kind und stellte es in das Loch, wo es beinahe ganz verschwand. So ganz geheuer war es den Kindern nicht in der Sandburg, die sie ohne Hilfe nicht mehr verlassen konnten. Max bat alle Kinder mit Eimern, noch einmal Wasser zu holen, das sie auf den Burgwall schütten sollten, und zwei Väter liefen mit ihren Kindern zum Wasser und halfen ihnen beim Befüllen und Tragen der Eimer. Schließlich war die Burg fertig und Max und die Kinder bekamen ein großes Lob von den Erwachsenen, die sich das Schauspiel von den Decken aus angesehen hatten.
„Welches Kind möchte denn ein Eis essen?“, fragte Robert und die Kinder, die mit seiner Frage überhaupt etwas anzufangen wussten, waren Christine und Peter, sie riefen: „Ich!“ Also nahm Robert zusammen mit den beiden anderen Opas alle Kinder und lief mit ihnen hoch zum Favauge-Boulevard, wo es einen Eisstand gab. Zu Hause in Deutschland gab es kein Eis, und es muss den Kindern vorgekommen sein, als wären sie im Paradies, als jeder von ihnen ein Hörnchen mit Schokoladen-, Vanille- und Erdbeereis bekam. Sie setzten sich alle auf zwei Bänke, und die Kinder konnten gar nicht so schnell schlecken, wie das Eis schmolz, sie sauten sich von oben bis unten mit Eis ein.
Zum Schluss hatten sie aber alle ihr Hörnchen geschafft, und sie liefen zu ihrem Strandplatz zurück. Als ihre Mütter sie sahen, riefen sie entsetzt:
„Wie seht Ihr denn aus, jetzt geht einmal alle ans Wasser, und wascht Euch das Eis ab!“ Also nahmen die Opas die Kinder und liefen mit ihnen zum Meer, wo sie sie baten, sich mit dem Salzwasser zu waschen.
„Wenn Ihr aber mit den Händen durch Eure Gesichter fahrt, seid vorsichtig, dass Ihr kein Salzwasser schluckt!“, riefen sie den Kindern zu. Die Hemden der Kinder waren hoffnungslos mit Eis eingesaut, aber wen juckte das schon, die Kinder jedenfalls nicht! Als sie halbwegs sauber wieder bei ihren Müttern angekommen waren, cremten diese ihre Kinder sofort wieder mit Sonnencreme ein, und die Kleinen legten sich unter die Schirme in den Schatten.
„Ich denke, dass wir alle so in einer halben Stunde hochgehen sollten, um etwas zu essen!“, schlug Agnes vor. Alle nickten und waren mit ihrem Vorschlag einverstanden. Plötzlich setzte sich Robert zu den Kindern und erzählte ihnen die „Geschichte von dem Wassergeist“, der vor langer Zeit in Zandvoort gelebt haben sollte:
„Es gab einmal vor vielen Jahren einen Fischer in Zandvoort, der immer mit seinem Boot hinausfuhr, um zu fischen, aber von Jahr zu Jahr weniger fing und manchmal mit leeren Netzen wieder nach Hause kam.
Eines Tages zog er aber sein Netz aus dem Wasser und sah in ihm etwas blinken, das sich bei näherem Hinsehen als Goldbarren herausstellte. Als er zu Hause seiner Frau den Goldbarren zeigte, wurde die auf einmal ganz gierig und schickte ihren Mann wieder los, damit er weitere Goldbarren aus dem Wasser zog, sie sah sich schon als reiche Fischerfrau. Als ihr Mann aber erfolglos wieder nach Hause kam, beschloss sie, das nächste Mal mit ihm hinauszufahren und zusammen mit ihm das Netz auszuwerfen, um so an die Goldbarren zu kommen.
„Ach hätte ich doch noch einen Barren Gold!“, rief sie und mit einem Mal zogen ihr Mann und sie ihr Netz aus dem Wasser und fanden darin einen weiteren Goldbarren. Zu Hause wurde die Frau aber immer gieriger und wollte sich nicht mit nunmehr zwei Goldbarren bescheiden, sie wollte mit ihrem Mann noch einmal hinausfahren und noch mehr Goldbarren aus dem Wasser holen. Die Fischerfrau stand an Deck des Fischerbootes und rief:
„Wenn es ein Geist ist, dem wir das Gold zu verdanken haben, so zeige Dich!“ Und in diesem Augenblick toste neben dem Boot das Wasser und der Wassergeist streckte seinen Kopf aus dem Meer hervor, er fragte:
„Habt Ihr denn nicht schon zwei Goldbarren, wollt Ihr etwa noch mehr?“ Die Fischerfrau erschrak und sah erstaunt zu dem Wassergeist, und als sie sich wieder beruhigt hatte, sagte sie ihm:
„Ich will so viele Goldbarren haben, dass mein gesamtes Haus bis auf den letzten Winkel damit angefüllt ist!“ Über so viel Habgier wurde der Geist wütend und blies gegen das Schiff, er blies so heftig, dass es wie von einem Sturm auf eine Felszunge getrieben wurde und dort zerbarst. Der Fischer konnte sich mit letzter Kraft an Land retten, seine Frau ist zur Strafe für ihre Gier aber ertrunken. Der Fischer kaufte von dem Gold, das er zu Hause hatte, ein neues Fischerboot und fuhr mit ihm wieder hinaus wie in alten Zeiten. Er hatte auch eine neue Frau kennen gelernt und sie geheiratet, sie war die Bescheidenheit in Person.“ Es war mucksmäuschenstill, als Robert erzählt hatte, und als er fertig war, fragte Peter:
„Hat der Geist wirklich in dem Meer vor Zandvoort gelebt?“ Und Robert antwortete:
„Natürlich, wenn Ihr den Strand entlang schaut“ und er zeigte nach Süden, „dann seht ihr die Felszunge da hinten ins Wasser ragen“, und Robert meinte eine Buhne, die dort zum Schutz vor den Wellen errichtet worden war, „dort hat der Geist gelebt, allerdings hat ihn seit damals niemand mehr gesehen!“ Agnes hatte die Hemden der Kinder ausgewaschen und in die Sonne zum Trocknen gelegt, sodass sie sie wieder anziehen konnten.
„So, jetzt wollen wir etwas essen gehen!“, sagte sie, und als die Kinder ihre Hemden anhatten und ihre Hüte trugen, liefen sie los. Oben am Boulevard gab es immer noch die Strandbar, die dort schon seit Jahrzehnten stand und sie kehrten dort ein.
Alle, bis auf die Kinder, wussten noch wie sie vor Jahren nach ihrem Strandspaziergang dort eingekehrt waren. Marga wusste sogar noch wie sie sich in der Bar eine Zitronenscheibe hatte geben lassen, um damit über die Stelle zu reiben, an der Gerda Kontakt zu einer Feuerqualle gehabt hatte. Sie stellten draußen auf der Terrasse zwei Tische zusammen und setzten sich unter die Sonnenschirme, die dort standen. Die Erwachsenen bestellten kaltes Bier und Wein und die Kinder bekamen Limonade und als Robert fragte, was es zu essen gäbe, sagte man ihm, dass sie Kartoffelsalat mit Bockwürstchen und Bratwurst hätten, er könnte aber auch eine Bratwurst mit Brot bekommen. Robert ließ von allem reichlich kommen, und die Kinder mochten den Kartoffelsalat und die Würstchen sehr gern, die Erwachsenen machten sich an die Bratwürste und prosteten sich mit ihren Getränken zu. Alle sahen sie auf das Meer, in dem sich die Sonne spiegelte, und das kaum Brandung hatte. Peter stieß seinen Vater an und fragte:
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