„Du kannst ihnen sagen, sie sollen die anderen deiner Art suchen und ihnen Nachrichten für sie mitgeben!“
„Ja...!“ Das Gesicht schien noch eine Sekunde nachdenklich, dann nickte es. „Das könnte ich. Wenn sie es freiwillig tun. Ich habe nicht die Macht, ihnen etwas zu befehlen!“
„Na, angesichts der Umstände, dürfte eine Einwilligung wohl möglich sein!“ meinte Vilo.
„Was meinst du?“ fragte das Gesicht. „Was soll ein Kontakt deiner Meinung nach denn bringen?“
„Was es bringen soll?“ Vilo lachte leise auf und atmete tief durch. „Dieser Krieg sucht den ganzen Planeten heim. Er ist nicht nur eine Sache der Menschen, denn der Feind macht auch vor den Wäldern und den Tieren darin nicht Halt. Es geht hier also um unser aller Zukunft – auch um ihre...!“ Er deutete auf die beiden Tiere. „...und auch um deine!“ Er nickte dem Gesicht zu. „Deshalb darf sich niemand von uns der Verantwortung verschließen, alles zu tun, damit dieser Krieg wieder endet, bevor es nichts mehr gibt, was sich noch zu retten lohnt. Wir Menschen sind bereit unser Leben dafür zu geben, aber wir allein sind zu schwach. Wir brauchen Hilfe! Euch!“
Das Gesicht schien nachdenklich. „Ich verstehe, was du sagen willst. Aber wie können wir etwas ausrichten?“
„Indem du Kontakt zu den anderen deiner Art aufnimmst und ihnen mitteilst, was du weißt und sie auch davon überzeugst, mit uns zu kämpfen. Ich glaube dir, wenn du sagst, dass du den Tieren nichts befehlen kannst, aber ich denke doch, dass du genügend Einfluss auf sie hast, um sie davon zu überzeugen, sich uns und unserer Sache anzuschließen. Hier innerhalb der Grenzen der Wälder sind sie...!“ Wieder deutete er auf die beiden Tiere. „...die uneingeschränkten Herrscher und absolut fähig, den Feind zu besiegen. Und wozu Pflanzen fähig sein können...!“ Er rieb sich demonstrativ den Hals. „...haben wir gerade erfahren! Also glaube ich, dass es durchaus einen Sinn macht, die anderen deiner Art zu suchen, damit ihr euch verbündet und uns bei unserem Kampf gegen diese Pest zur Seite steht!“
„Aber das könnte unser aller Tod bedeuten!“
„Falsch!“ rief Vilo sofort und schüttelte den Kopf. „Genau das Gegenteil ist der Fall. Wenn ihr kämpft wird es Verluste geben, aber nur, wenn ihr untätig bleibt, werdet ihr alle sterben – so wie wir!“
„Deine Worte erzeugen Schmerz in mir!“ meinte das Gesicht . „Aber sie klingen logisch!“ Es drehte sich zu der Bestie neben den Männern und schaute sie einen langen Moment einfach an. Das Tier blickte zurück, war unbeweglich, schien einer lautlosen Stimme zu lauschen. Dann plötzlich brummte, fauchte und schrie es einige Male, wobei all das aber nicht unbedingt bedrohlich oder negativ klang. Gleich darauf drehte sich die Bestie um und rannte, zusammen mit dem anderen Monster, durch den Blättervorhang von der Lichtung.
Das Gesicht wandte sich wieder Vilo zu. „Leira hat gehört, was ihr gesagt habt. Sie ist bereit, euch zu helfen!“
„Prima!“ Vilo war sichtlich zufrieden. „Dann hast du sie auf die Suche nach den anderen deiner Art geschickt?“
„Sie wird diese Aufgabe an ihren Sohn weitergeben! Für sie selbst habe ich eine andere Mission vorgesehen!“
„Die da wäre?“ fragte Vilo etwas irritiert.
„Sie wird euch nach Norden bringen!“ entgegnete das Gesicht und lächelte sanft. „Das ist sicherer für euch und geht wesentlich schneller!“
Gerade als Vilo etwas darauf erwidern wollte, hörte er Geräusche vom Eingang auf die Lichtung. Als er sich herumdrehte sah er die beiden Tiere, die er schon kannte und zusätzlich noch ein drittes Exemplar davon.
„Kann man ihnen vertrauen...?“ fragte Vilo etwas unsicher. „Ich meine, sie sehen nicht gerade aus, als könnte man mit ihnen Freundschaft schließen!“
Jetzt lächelte das Gesicht deutlich. „Ihr werdet ihnen vertrauen müssen, wenn ihr euer Ziel schneller erreichen wollt. Aber ich kann euch beruhigen. Leira und ihre Freunde sind wesentlich friedlicher, als es den Anschein hat...!“
„Na, das beruhigt ja ungemein!“ meinte Cosco mit einem säuerlichen Lächeln.
Das Gesicht schaute den Captain an und lächelte erneut. „Sie fressen Fremde nur höchst selten!“
„Was?“ rief Cosco sofort nervös.
„Hey, das war nur ein Scherz oder?“ erwiderte Vilo ebenfalls sehr nervös. „Ich meine, das wäre doch blöd, wenn unsere zarte Freundschaft durch so etwas gleich wieder gekappt werden würde. Eigentlich wollte ich in einem Stück am Ziel ankommen!“
Das Gesicht sah ihn einen Moment freundlich an, dann nickte es. „Das kann ich mir vorstellen!“ Dann grinste es beinahe breit.
Vilo wollte sich schon abwenden und zu Leira und den beiden anderen Tieren gehen, doch dann stutzte er. Das Grinsen hatte ihn misstrauisch gemacht. „Wie...meinst du das?“
Aus dem Grinsen wurde ein strahlendes Lächeln. „Ich habe in deinen Erinnerungen nicht nur den Tod gesehen!“
„Was soll das heißen?“
„Ich habe auch deine Frau gesehen...!“
„Kaleena?“ Vilos Gesicht wurde traurig und gequält. Der Gedanke an seine Frau nahm ihn sofort komplett ein.
„...und das Kind, das sie in sich trägt!“
Vilo hörte die letzte Bemerkung des Gesichtes kaum, während Coscos Blick schlagartig ernst wurde. Dann aber hatten sich die Worte doch ihren Weg in seinen Verstand gebahnt. „Ihr...?“ Er blickte auf und starrte das Gesicht verblüfft an. „... was ?“
„Ihr Kind!“ meinte Cosco neben ihm.
Vilos Kopf wirbelte zu ihm herum und er erschrak sichtlich. „Was?“
„Ähm...!“ Cosco war sofort nervös. „Ihre Frau…ich meine Kaleena...ist äh…sie ist ...schwanger, oder?“
„Aber…?“ Vilo sah man deutlich an, dass er um Fassung rang. „Woher wissen sie das?“
„Das…! Das sieht man doch! Ich meine, ich habe...!“ Cosco stoppte ab und atmete einmal hörbar durch. „Meine Frau hat sich damals auch so verhalten, als sie mit Kendig schwanger war. Es ist mir halt aufgefallen!“
„Aber...warum haben sie mir das nicht gesagt?“
„Weil...! Weil ich sie nicht beunruhigen wollte!“ erwiderte der Captain. „Und weil ich dachte, sie wüssten das!“
„Ich…!“ Vilo schüttelte den Kopf. „Nein, das wusste ich nicht...!“ In seinem Kopf schossen Gedankenfetzen umher, die ihm deutlich zeigten, dass Cosco Recht hatte. Jetzt, wo er um diesen Umstand wusste, erschienen sie ihm in einem völlig anderen Licht und waren glasklar erkennbar. Sofort formulierte sich eine einzige Frage in seinem Inneren: Warum hatte Kaleena ihm das verschwiegen? Sie wusste doch, dass er sich Kinder wünschte, ein Dutzend oder besser noch zwei. Und sie wollte doch auch Kinder. Natürlich noch nicht jetzt, sondern erst in ein, zwei Jahren, wenn... Ein böser Schock fuhr ihm durch alle Glieder und seine Augen weiteten sich. „Oh nein...!“ entfuhr es ihm. Sie hatten sich darauf verständigt, noch ein wenig mit ihrem Kinderwunsch zu warten, bis geklärt war, ob Vilo weiterhin in Kos Kampalot stationiert bleiben oder versetzt werden würde. Und jetzt war es trotz Verhütung dennoch geschehen. Das höchste Glück eines liebenden Paares war eingetreten – doch zum schrecklichsten aller Zeitpunkte.
Zwei Jahre wollten sie noch warten, bis alles geregelt und sicher war. Doch was würde jetzt in zwei Jahren sein? Der Krieg, dieser furchtbare, gnadenlose Krieg hatte alles verändert. Jetzt ging es nicht mehr um finanzielle Sicherheit, sondern ums nackte Überleben. Und selbst, wenn das erreicht werden würde, blieb doch ein Leben in Angst und Schrecken, auf der Flucht, vielleicht sogar in Sklaverei.
Читать дальше