Die Luft war mittlerweile klar und trocken, als Hedda ihren vertrauten Platz erreichte und sich erschöpft niederließ. Der Park war nachts nur schwach beleuchtet und der Lärmpegel auf ein Minimum reduziert, so dass Hedda sich erleichtert zurücklehnen konnte und die Anspannung sich mit jedem Atemzug allmählich mehr und mehr löste. In ihrem Körper und ihrer Seele kehrte allmählich wieder Ruhe ein.
Reglos und in sich versunken saß sie auf ihrer Bank und blickte in die Stille der Nacht. Es brauchte eine ganze Weile, bis sie wieder zu klaren Gedanken kam und ein entscheidender Impuls sich aus dem Wirrwarr ihrer grüblerischen Phantasien herauskristallisierte: Es ist einzig und allein meine Wohnung, sagte sie sich immer wieder. Und so einfach wollte sie das Feld nicht räumen. Sie musste dringend zurück und die Sache klären, denn eines war jetzt sicher: Mit so einer Frau wie Verena wollte sie nicht länger zusammenleben. Die hatte ihre Chance endgültig verwirkt. Also, nicht Hedda musste weichen, sondern Verena.
Mit entschlossener Miene erhob Hedda sich von der Bank und trat den Heimweg an. Sie sehnte sich geradezu nach Hause. Ihr Zuhause war der einzige Ort, der ihr bisher eine gewisse Art von Geborgenheit verliehen hatte, und diesen Ort musste sie für sich zurückgewinnen. Plötzlich stutzte sie. Sie blieb einen Augenblick stehen und überlegte. Wie war das doch gleich mit dem Zurückgewinnen? Hatte sie das nicht heute schon mal gedacht? Nagende Zweifel streuten sich kurzzeitig in ihre Gedanken, verließen sie aber gleich wieder.
Es musste inzwischen schon sehr spät in der Nacht sein, die Straßen waren wie leer gefegt. Hedda fröstelte plötzlich. Wie hatte sie es nur so lange in der Kälte ausgehalten? Zielstrebig nahm sie nun schnellen Schrittes den direkten Weg nach Hause. Sie hatte schon ein ganzes Stück zurückgelegt, da bemerkte sie, dass der Himmel vor ihr hell erleuchtet war. Der beginnende Tag konnte es noch nicht sein, dann wäre die Stadt längst aus ihrem Tiefschlaf erwacht. Es war auch nur ein geringer Ausschnitt, der die dunkle Nacht durchbrach.
Zu ihrem Erstaunen wurde dieser immer heller je weiter sie sich ihrer Wohngegend näherte. Hinter der sich abzeichnenden Silhouette einiger Häuserzeilen durchschnitt deutlich ein Lichtschein den übrigen schwarzen Nachthimmel. Es sah gespenstisch aus und hatte gleichzeitig etwas Faszinierendes. Kurz vor der Einbiegung in ihre Straße hörte sie dann auch schon seltsame, tumultartige Geräusche, die sehr unpassend waren für diese nachtschlafende Zeit. Motorenlärm und Stimmengewirr störten die sonst übliche Nachtruhe.
Je näher sie kam, umso lauter wurde es. Als sie dann um die Ecke bog, wurde sie es gewahr: In ihrer Straße brannte es. Aus einem Fenster im dritten Stock eines Hauses quoll loderndes Feuer heraus. Mehrere Feuerwehrlöschzüge waren im Einsatz, und die Feuerwehrleute waren emsig damit beschäftigt, den Brand zu löschen. Die ganze Straße war in hellem Aufruhr. Eine Menschenmenge aus den umliegenden Häusern hatte sich schon angesammelt, und die Polizei versuchte jetzt, die umstehende Menge auf Entfernung zu halten. Die Straße hatte sie bereits für den Verkehr abgesperrt.
„Was ist denn hier los?“ erkundigte sich Hedda bei einer herumstehenden Passantin.
„Es soll eine Explosion im oberen Stockwerk gegeben haben“, berichtete die Frau, „es hat auch fürchterlich geknallt, wir waren schon im Bett. Wir wohnen da drüben, gleich gegenüber.“ Sie wies mit einer Hand auf einen Hauseingang.
Hedda wurde es ziemlich mulmig. Es war ihr Haus, wo die Feuerwehr beschäftigt war.
„Ist schon irgendwie merkwürdig. Nach Aussage der Spurensicherung muss der Fernseher implodiert sein, aber so ohne weiteres ist dies eigentlich nicht möglich, vor allem nicht bei den heutigen Geräten.“ Ein Polizist stand mit einem Feuerwehrmann in Verenas Zimmer und begutachtete den Schaden. „Obwohl, das neueste Modell scheint es ja nicht gewesen zu sein“, fügte er Stirn runzelnd hinzu. „Und die Rückwand ist auch nur noch halb dran.“
Es war bereits heller Tag. Hedda hatte Stunden auf der Straße ausharren müssen, bis die Löscharbeiten beendet waren und die Brandstelle endlich freigegeben wurde. Sie betrat vorsichtig das Zimmer und schaute sich um. Es sah schrecklich aus. Die Möbel waren verkohlt, Scherben lagen verstreut im Zimmer, alles war schwarz von Ruß, und in der ganzen Wohnung stank es furchtbar verbrannt.
„Auf jeden Fall muss irgendwas im Fernseher entflammt sein, was einen Kurzen oder so was ausgelöst hat“, grübelte der Feuerwehrmann weiter. „Sonst wäre auch kaum das ganze Zimmer ausgebrannt, von der Frau ganz zu schweigen.“
„Wir haben Wachsreste gefunden“, sagte der Polizist, der sich noch einmal zu den Überresten des Fernsehers hinunter beugte und die defekte Rückwand vorsichtig mit den Fingern abzog.
„Sie hatte immer eine Kerze auf dem Fernseher stehen“, mischte Hedda sich in das Gespräch ein.
Der Feuerwehrmann drehte sich zu ihr um. „Ja, aber auf dem Fernseher ist das uninteressant, junge Frau, die muss, wenn schon, im Fernseher herunter brennen, um etwas anzuschmurgeln. Und das ist ja wohl höchst unwahrscheinlich, nicht wahr?“
Hedda presste ihre Lippen zusammen und nickte nur stumm.
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