Jetzt blickte sie sie wieder an, direkt und flehend.
Frauke wand sich.
„Hältst du das wirklich für eine gute Idee? Ich meine, was, wenn ich wieder irgendwas sage, was ihm nicht passt? Irgendwann ist der Reiz des Neuen auch verflogen, und dann geht es ihm auf den Geist. Nicht, dass du dann meinetwegen in Ungnade fällst oder so.“
Daniela musterte sie mit zusammengezogenen Brauen.
„Du kannst ihn echt nicht ausstehen, oder? Und du fragst dich, warum ich mich so behandeln lasse. Warum ich wie so viele um ihn herumtanze. Du würdest so etwas nie machen, das weiß ich, dazu bist du viel zu vernünftig, aber ich bin echt hin und weg. Und es gibt ein paar Gründe, warum ich glaube, dass es sich lohnen wird. Er ist wirklich clever, und er ist absolut hinreißend, aber außerdem ist er auch einunddreißig, und langsam wird er ruhiger. Und glücklich ist er nicht, ich meine, der ganze Zynismus und so, das ist ja ganz lustig, wenn er erzählt, aber dahinter steckt doch etwas ganz anderes. Und ich glaube, ich könnte ihm helfen. Ich wäre ihm eine wirkliche Partnerin, weißt du. Und wenn er bereit ist, sich zu binden, will ich da sein. Gerade sind wir uns näher gekommen, und ich weiß, dass das noch weitergeht, denn ich bin ganz einfach die Richtige für ihn.“
Sie und ihresgleichen, sie und ihresgleichen echote es in Fraukes Kopf, und behutsam fragte sie: „Meinst du nicht, dass die anderen Mädchen genau dasselbe denken?“
Daniela lehnte sich zurück und blickte fast kühl.
„Dann irren sie sich. Und die Chance, dass er die Wahrheit erkennt, ist tatsächlich reell. Ich meine, klar sind da eine Menge andere Mädchen, aber unüberschaubar ist die Zahl auch nicht, er ist ja nicht Justin Timberlake oder so. Ich werde ihn schon überzeugen. Und du hast die anderen ja gesehen gestern. Kann eine von denen es etwa mit mir aufnehmen?“
Am Ende hatte ihre Stimme einen fast flehenden Tonfall an angenommen.
Frauke blickte in das blasse, müde Gesicht der Freundin, registrierte den Mascara-Krümel außen links neben dem Auge und spürte, wie eine große Zärtlichkeit in ihr aufstieg. Warm sagte sie: „Jedenfalls keine, die ich gesehen habe. Hoffen wir mal, dass der junge Mann meinen guten Geschmack teilt. Und wenn es tatsächlich hilft, dass ich dabei bin, dann komme ich mit. Aber ich kann dir nicht versprechen, dass ich die ganze Zeit über nett zu ihm bin, denn er bringt mich echt auf die Palme.“
Danielas blaue Augen wurden feucht, und sie drückte dankbar Fraukes Hand.
„Oh, ich danke dir! Und du wirst sehen, dass es diesmal ein bisschen lustiger wird. Vor allem ist es diesmal eine geschlossene Gesellschaft und nicht ganz so voll, und möglicherweise läuft alles ein bisschen privater ab. Und sag ruhig alles, was du denkst.“
Täuschte sie sich, oder entdeckte Frauke bei den letzten Worten einen besorgten Schimmer in Danielas Augen? Sie tätschelte sanft die Hand, die auf ihrer lag, und sagte: „Keine Angst, ich werde mich schon halbwegs zu benehmen wissen. Möchtest du mehr Kaffee?“
Sie tranken noch eine halbe Stunde lang Kaffee, knabberten Chips und unterhielten sich, und schließlich sprach Frauke ein Thema an, das hinter den anderen, akuteren Geschehnissen in ihrem Unterbewusstsein gebrodelt hatte.
„Sag mal, diese Vanessa: Wie hat die ausgesehen?“
Daniela guckte überrascht. „Groß, blond, hübsch. Hat bei der Haarfarbe mit Strähnchen nachgeholfen, arbeitete ja auch in einem Schönheitssalon.“
„Also war sie ein ähnlicher Typ wie du vom Aussehen?“
Daniela wollte gerade empört einwenden, dass ihr Blond komplett echt war, aber dann ging ihr auf, was Frauke sagen wollte.
„Ich denke schon, wieso?“
Frauke wiegte nachdenklich den Kopf.
„Wenn die Polizei sich in dem Kreis um Gabriel umhört, dann ist da vermutlich irgendetwas dran. Wer weiß, vielleicht gibt es da ein schwarzes Schaf. Oder einem Menschen mit der Vorliebe für Mädchen wie dich ist aufgefallen, dass irgendwo in Gabriels Nähe ein Nest zu sein scheint… kannst du mir einen Gefallen tun und in nächster Zeit sehr gut auf dich aufpassen?“
Danela wollte diese Bedenken wegwischen, doch als sie sah, dass es ihrer Freundin wirklich Ernst war, versprach sie ihr, besonders vorsichtig zu sein.
Ihre Augen waren immer kleiner geworden, und sie gähnte wiederholt, bis sie schließlich aufstand und sich schwankend vor Müdigkeit verabschiedete.
Als die Tür hinter Daniela ins Schloss gefallen war, zog Frauke den Brief aus der Tasche und las ihn langsam noch einmal durch. Es war unnötig, sie hatte die Worte noch nicht vergessen – so wie sie die wenigsten einbmal gelesenen Worte wieder vergaß –, doch die Fragen hatten sich nur vervielfacht. Was wollte der Kerl nur?
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