Wenig später erschien erneut eine Schwester. Sie war jung und bildschön. Sie sagte, sie sei neu hier und man hatte ihr aufgetragen, nochmals seine Temperatur zu messen. Ihr Name war Lisa.
Pech für Lisa, dass Chris sie einige Tage zuvor schon einmal gesehen hatte. Mit einem Mikrophon in der Hand und einem Kameramann vor der Nase.
So spielte Chris ein wenig mit ihr Katz und Maus. Er genoss es, sie in die Irre zu führen, ohne ihr dabei auch nur den Hauch der Wahrheit zu erzählen.
Und als er schon vorhatte, ihr zu erzählen, es hätte etwas mit Außerirdischen zu tun, erzählte sie ihm davon, dass sie bei der Bestie war.
Und da fiel es ihm wieder ein.
Herrgott, dieses Mistvieh war ja auch in diesem Krankenhaus.
Sofort verlor er sein Lächeln.
Kurze Zeit später verließ Lisa mit jeder Menge Fehlinformationen das Krankenzimmer.
Kaum war sie draußen, stand er auf und teilte seinen Kollegen vor der Tür mit, er wolle wieder spazieren gehen.
Und diesmal sollte es ein sehr langer Spaziergang werden.
Als er wieder in seinem Zimmer war, wusste er, wo die Bestie untergebracht war.
Vor dem Mittagessen ging er erneut spazieren. Im Erdgeschoß sagte er, er müsse aufs Klo.
Einer seiner Kollegen öffnete ihm die Tür und er ging mit den Worten: „Es wird nicht lange dauern“ sehr schnell auf die erste Toilette zu und schloss die Tür hinter sich ab.
Er war überzeugt, sein Kollege hatte gesehen, in welche Toilette er gegangen war.
Schnell, aber lautlos krabbelte er über die Trennwand in die Nebenkabine.
Fünf Minuten später hörte er seinen Kollegen hereinkommen und nach ihm rufen. Kurz darauf wurde die Tür aufgetreten.
„Scheiße!“ hörte er seinen Kollegen fluchen und wieder hinausstürmen.
Chris wartete noch ein wenig, dann trat er aus dem Toilettenraum.
Er hatte Glück, im Gang war kein Polizist zu sehen und der Rest nahm keine Notiz von ihm.
Schnell ging er in einen Raum, von dem er wusste, dass dort Kleidungsstücke des Krankenhauspersonals lagen.
Als er den Raum wieder verließ, war er in die Klamotten eines Arztes geschlüpft.
Der Weg hinauf in die 3. Etage war schnell gemacht.
Er griff dort sofort zum Telefon und rief das Krankenhaus an. Er ließ sich mit der chirurgischen Abteilung verbinden und verlangte einen der beiden Wachmänner der Bestie.
Als der Mann am Telefon war, erklärte er ihm, das Mr. Freeman verschwunden war und er seinen Kollegen in die 2. Etage schicken sollte, wo er bei der Suche helfen sollte.
Er selber sollte seinen Posten nicht verlassen, aber Ausschau nach Mr. Freeman halten.
Der Wachmann tat, wie ihm befohlen wurde.
Als Chris dann als Dr. Hauser vor ihn trat und Einlass zur Bestie verlangte, traf er auf einen nervös um sich blickenden Mann, der ihm keine Probleme bereitete.
Somit war der Weg für ihn frei.
Er trat in einen Raum, der über und über mit medizinischem Gerät vollgestopft war.
Die Bestie lag an unzähligen Schläuchen verkabelt auf dem Bett und war, das wusste Chris, noch nicht wieder bei Bewusstsein.
Eine Minute später glaubte Chris den Verstand zu verlieren.
Er polterte aus dem Zimmer und verließ schnell die 3. Etage.
Mühsam entledigte er sich der Arztkleidung und schaffte es gerade noch in sein unbewachtes Zimmer zu gelangen, bevor er bitterlich zu weinen begann.
Gott Vater im Himmel, er hatte alles erwartet, nur das nicht.
Das Grauen war sofort wieder da.
Er glaubte, bei all den Schmerzen in seinem Körper in jener Nacht, dass ihm sein Verstand einen Streich gespielt hatte.
Aber dem war nicht so. Es war tatsächlich so gewesen.
Doch das konnte nicht sein, durfte nicht sein.
Im selben Moment griff er zum Telefon und rief das Polizeirevier an. Er verlangte Douglas, doch der war nicht da.
Chris sagte, es wäre ein Notfall und sie sollten ihm über Funk mitteilen, dass er sofort kommen sollte.
Bevor er das Bewusstsein verlor, wisse er, dass ihm seine Augen in jener Nacht keinen Streich gespielt hatten und dass das Grauen noch lange nicht zu Ende war.
II
Seine Bewusstlosigkeit dauerte nicht lange an.
Einer der Wachleute weckte ihn, fragte ihn, ob er okay sei, was Chris bejahte und so auf die Hinzuziehung eines Arztes verzichtet wurde. Dann machte er ihm Vorwürfe, verschwunden zu sein und wollte wissen, wo er war.
Doch das behielt Chris für sich und log den Wachmann an.
Dieser beorderte seine Kollegen wieder zurück und beschloss für die nächste Zeit bei Chris zu bleiben, was diesem gar nicht gefiel.
Zwanzig Minuten später wurde dann die Tür aufgestoßen und Douglas kam herein.
Er sah Chris, dessen verweintes, verzweifeltes Gesicht, dann sah er den Wachmann.
„Raus!“ sagte er nur kurz und der Mann verschwand wortlos.
Als die Tür sich geschlossen hatte, fragte er nur. „Also?“
„Ich war bei ihm!“
„Verdammt!“ Douglas atmete tief durch. „Wie zum Teufel hast du das geschafft?“ Er deutete mit dem Kopf in Richtung Tür, vor der die beiden Wachmänner postiert waren.
„Ich habe lange genug mit Verbrechern zu tun gehabt. Da färbt wohl einiges ab!?“
„Offensichtlich!“ Douglas blieb ernst. „Verdammt Chris, warum musstest du das tun?“
„Du weißt genau warum. Ich habe in jener Nacht fast mein Leben gegeben, um diese Bestie zur Strecke zu bringen. Ich musste sie einfach sehen. Und du hättest es nie erlaubt!“
„Zu Recht, wie ich sehe. Ich hätte es erlaubt, wenn es dir besser gegangen wäre. Noch nicht jetzt. Nächsten Monat vielleicht!“
„Nächsten Monat!“ Chris lächelte zynisch.
„Ja, nächsten Monat!“ Douglas erhob seine Stimme ein wenig. „Weil ich wusste, wie sehr dich das schaffen würde. Und du siehst schlimmer aus, als ich es befürchtet hätte. Du hättest das nicht tun dürfen, Chris. Noch nicht. Es ist einfach noch zu früh gewesen. Was zum Teufel hast du denn erwartet? Das du da reingehen kannst, um mal eben einen Blick auf ihn zu werfen?“
Chris schüttelte den Kopf. „Nein, natürlich nicht. Aber ich hatte erwartet, die Bestie zu sehen!“
„Ja, und?“ Douglas war sehr überrascht.
„Sie war nicht da!“
„Du spinnst!“
„Nein, ehrlich. Sie war nicht da. Jedenfalls nicht die Bestie, der ich drei Magazine meiner Beretta verpasst habe und die mit dem Waffenladen, dem Motorrad und dem alten Ford insgesamt dreimal in die Luft geflogen ist. Nicht die Bestie, die ich..., die wir, die ganze Zeit gejagt hatten!“
„Sondern?“
„Gott, Douglas, bevor ich in jener Nacht zusammengebrochen bin, hatte ich furchtbare Schmerzen in der Brust. Nicht meine Verletzungen nahmen mir mein Bewusstsein, sondern dieser Schmerz in der Brust ließ mich nicht mehr weiteratmen. Und als ich auf allen Vieren durch die Büsche gerobbt bin, tauchte vor mir die Leiche eines Mannes auf. Ohne Wirbelsäule. Dahinter stand ein weiterer Mann. Ich konnte kaum noch klar denken und so war für mich klar, das die Bestie noch lebte. Unsere Bestie. Und ich erwartete ebenfalls zu sterben. Also wollte ich ihr dabei ins Gesicht sehen. Aber weißt du was?“
Douglas schüttelte den Kopf.
„Ich sah den Ferrarifahrer dort hinter der Leiche stehen! Doch das konnte ja wohl nicht sein, oder? Dieser Mann hat versucht, die Bestie zu töten, genauso, wie wir. Und jetzt sollte er vor einer Leiche stehen, der man die Wirbelsäule herausgerissen hatte? Das konnte nicht sein. Und so war für mich klar: Mein Verstand war schon zu kaputt und ich einer Einbildung erlegen. Doch weißt du was?“
Wieder schüttelte Douglas den Kopf. Er blickte todernst und gebannt auf Chris.
„Als ich mich vorhin dort oben über die Bestie beugte, sah ich in das Gesicht des Ferrarifahrers!“ Chris schaute Douglas mit großen Augen an, erwartete Überraschung zu sehen. Doch das Gesicht seines Partners blieb wie versteinert. „Bleibt mir eigentlich nur noch die Frage, warum zum Teufel du mir das nicht schon längst gesagt hast?“ Chris erhob seine Stimme.
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