Sein Fuß erreichte Douglas linkes Bein. Er tippte ihn an.
Doch sein Partner zeigte keine Reaktion. Das heißt, doch: Er atmete hörbar ein, begann dann ausgiebig zu schmatzen und murmelte unverständliches Zeug.
Wieder musste Chris lächeln. Sein Partner schlief wie ein Baby.
Aber das wollte er nicht. Douglas sollte aufwachen. Er wollte reden.
Also hob er sein linkes Bein ein wenig an und trat zu.
Sekundenbruchteile später war sein Partner hellwach und ziemlich geschockt.
„Was…? stieß Douglas hervor. Dann sah er seinen Partner und seine Miene erhellte sich. „Chris! Du bist wach. Dem Himmel sei Dank. Das ist gut!“
„Ja!“ sagte sein Partner nur. „Was haben sie gemacht?“ Er deutete auf seinen Körper.
„Och!“ Douglas grinste. „Nur deine Innereien wieder geordnet, drei Rippen geflickt und eine aus deiner rechten Herzkammer geholt!“
Chris atmete hörbar aus. „Du Scheiße, ich bin doch aber nur zusammengesackt!?“
Douglas schüttelte den Kopf. „Die Verletzungen hast du dir zugezogen, als du versucht hast, mit dem Bus auf dem Abschleppwagen zu parken!“
Chris schaute einen Moment ausdruckslos. „Der Bus! Mein Gott. Ich bin darin herum gepoltert, wie ein Gummiball. Ich habe gar nicht gewusst, wie schnell diese Dinger sein können. Dieser verdammte Kerl von einem Ferrarifahrer. Hat nicht aufgegeben!“ Chris schaute seinen Partner an und sah, dass dieser traurig nickte. „Was ist mit ihm?“
„Er ist Tod!“
„Aber...?“
„Er wurde das letzte Opfer der Bestie!“
„Gott, Douglas, er war derjenige, der es ermöglicht hatte. Ohne ihn wäre uns das Biest wieder entwischt. Er hat von uns allen am schnellsten reagiert. Er...!“
„Was?“
„Ich habe in seine Augen gesehen, Doug. Ich habe noch nie einen Menschen gesehen, der so entschlossen und konsequent eine Sache verfolgt hat. Da war keine Angst zu sehen, nur der Wille, es zu beenden!“
„Er muss gewusst haben, was er tat. Und er kannte das Risiko!“
Chris nickte. „Trotzdem. Ohne ihn....? Verdammt!“
„Er wusste, er konnte dabei draufgehen!“
„Schon, aber musste er so sterben? Er hat uns alle gerettet, weißt du das? Warum musste er dann so sterben?“
„Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass es bei dieser Sache keine Gottesgerechtigkeit gegeben hat. Das war einzig und allein unser Teufel. Unser Fluch. Gott hat sich dabei rausgehalten!“
„Immerhin hat diese Scheiße jetzt ein Ende. Ich hoffe, diese Bestie ist auch grausam gestorben. Ihr gottverdammtes Gehirn in alle Richtungen gespritzt, das sich die Maden gleich darüber hergemacht haben!“
Douglas antwortete nicht sofort. Sein Blick wurde sehr ernst und er erhob sich. „Chris, es ist...!“
„Ich hätte nicht gedacht, dass es so enden würde. Selbstmord!“ Chris grinste ernst.
„Hör auf, Chris. Es ist nicht so, wie du denkst!“
„Was...?“
„Es ist...!“ Douglas konnte seinem Partner nicht in die Augen schauen. „Verdammt, die Bestie lebt!“
„Was?“ Chris erhob die Stimme und setzte sich auf.
„Er ist mit dir zusammen hierhergebracht worden. Man hat ihn wieder zusammen geflickt. Er lebt!“
„Aber...!“ Chris spürte sofort wieder den Schmerz in seiner Brust. Er atmete schneller, begann schlagartig zu schwitzen, wurde furchtbar unruhig. „Gott Vater, das darf nicht sein. Warum? Nein, bitte, sag, dass du lügst. Warum lügst du mich an?“
Douglas beugte sich zu Chris, versuchte ihn zu beruhigen.
Doch sein Partner begann, wild um sich zu schlagen, traf ihn mit der Faust am Kopf und er flog durchs Zimmer.
Im nächsten Moment hatte sich Chris zwei Schläuche vom Körper gerissen.
Bevor er wieder ohnmächtig wurde, konnte er noch deutlich das bedrohliche Piepen der Maschine hinter ihm hören.
Silvia hatte sich schon so lange gewünscht, in einem solchen Auto zu fahren, dass sie eigentlich hätte glücklich sein müssen.
Aber sie war es nicht.
Obwohl sie am Steuer ihres roten BMW-Cabrios hervorragend aussah und den Blick so manchen Mannes auf sich zog.
Doch Silvia registrierte dies alles nicht.
Ihre Gedanken waren weit fort. In der Vergangenheit.
Bei Chris und ihrem Großvater. Aber auch bei der Bestie.
Dennoch zwang sie sich, zunächst das zu tun, worum Chris sie gebeten hatte.
So rief sie noch vom Krankenhaus aus Douglas an, der versprach, so schnell wie möglich vorbei zu kommen.
Dann fuhr sie bei Pete vorbei und holte die Rechnung für den Autokauf ab.
Pete sagte ihr, dass Chris Wagen am nächsten Tag fertig sein würde, aber Silvia erklärte ihm, warum er ihn wohl nicht würde abholen können.
Als Pete von Chris Zusammenbruch hörte, bat er Silvia ihn zu grüßen und ihm zu sagen, dass er ihn besuchen würde, wenn er es schaffte.
Silvia versprach, es ihm auszurichten, aber als sie wieder im Wagen saß, hatte sie es bereits wieder vergessen.
Ihr nächstes Ziel war der Supermarkt, wo sie kurz einige Lebensmittel einkaufte.
Letztlich fuhr sie noch zu einem Blumenladen und orderte Blumen für Kathrins Geburtstag.
Auf die Karte schrieb sie, dass Chris wegen Arbeit verhindert sei.
Als sie sich dann wieder in ihr Auto setzte, fiel ihr Blick auf die Uhr.
Es war 17.20 Uhr und sie musste sich beeilen, um noch rechtzeitig zu Hause zu sein.
Um 18.00 Uhr wollte sie die Nachrichten sehen.
Dann würde sie wissen, was zu tun war.
Vor fünfzehn Minuten war Chris wieder erwacht.
Er hatte erneut unruhig geschlafen und sein Bett mächtig zerwühlt.
Sekunden später kam eine Krankenschwester mit seinem Abendessen herein.
Sie war schon jenseits der Fünfzig und hatte derart gewaltige Brüste, dass Chris sicher war, sie hatte eine Baugenehmigung dafür einholen müssen.
Aber die Frau war sehr freundlich und half ihm dabei, sein Bett zu richten.
Bevor sie ging, gab sie ihm noch die Fernbedienung für den Fernseher, weil sie meinte, ein wenig Abwechslung würde ihm guttun.
Mit einem freundlichen, breiten Lächeln verschwand sie.
Chris mochte nichts essen und er wollte auch nicht fernsehen.
Aber die Ruhe im Zimmer machte ihn sofort nervös, sodass er den Fernseher doch einschaltete und sich über sein Abendessen hermachte.
Nahrung würde ihm guttun, denn er musste sehr schnell wieder zu Kräften kommen.
Wenig später klopfte es einmal.
„Herein!“ sagte Chris und schob sich ein großes Stück Salatgurke in den Mund.
Die Tür wurde geöffnet und herein trat...
„Douglas!“ Chris versuchte bei all der Nahrung verständlich zu sprechen.
„Schling nicht so!“ Sein ehemaliger Partner kam auf ihn zu.
Doch Chris kaute wild auf seinem Essen, nahm einen großen Schluck Mineralwasser und würgte alles eilig herunter.
„Mann, du kannst einem wirklich den Appetit verderben!“ Douglas blieb neben seinem Bett stehen und schaute ernst.
Chris stellte das Glas wieder ab, dann reichte er ihm die Hand. „Douglas, alter Indianer!“ Chris strahlte über beide Ohren. „Schön dich zu sehen!“
Ihre Hände klatschten ineinander.
Und da begann auch Douglas zu strahlen. „Mann, ich freue mich auch dich wiederzusehen!“
„Setz dich!“ sagte Chris und deutete auf das Fußende des Bettes.
„Was hast du zu deiner Entschuldigung zu sagen?“ fragte Douglas, nachdem er sich gesetzt hatte.
„Ich weiß nicht? Was willst du hören?“
„Vielleicht: Mein liebes Herz, es tut mir leid, dass ich mich durch alle Betten bumsen muss, obwohl ich eine fantastische Frau zu hause habe?“
„Mann, Douglas!“ Chris holte tief Luft. „Manchmal tut es mir echt leid, dass wir kein Team mehr sind. Du kennst mich wirklich noch immer wie deine Westentasche. Aber...!“
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