Über die Verwendung des vierten Zimmers hatte sie sich noch gar nicht weiter Gedanken gemacht, hier standen besonders viele Umzugskisten und alles, womit sie im Moment nichts anfangen konnte.
Einen großen Unterschied zu den anderen Räumen konnte man eigentlich nicht ausmachen, stellte sie seufzend fest, aber sie fand zwei Klappkörbe, besser als nichts! In einen packte sie die aussortierte Schmutzwäsche, den anderen stellte sie für nachher vor die Maschine.
Die letzten vierzehn Aufgaben gingen ihr recht flott von der Hand. Sie rechnete mit Bleistift die Noten und den Durchschnitt auf der Klassenliste durch und kam auf 3,4.
Naja.
Ein bisschen besser war sicher noch drin.
Sie schaffte es noch, die Arbeiten nach Qualität zu sortieren, dann gab die Maschine den typischen Seufzer von sich, mit dem sie immer stehen blieb.
Maja hängte auch diese Wäsche auf (die Jeans konnten noch auf die Handtuchheizung) und füllte die Maschine zum dritten Mal.
Dann holte sie sich einen sauberen feuchten Lappen und putzte den Heizkörper in der Räuberhöhle, bevor sie ihn bis zum Anschlag aufdrehte. Sobald sie den Lappen wieder in die Küche gelegt hatte, musterte sie den vierten Raum gründlich: Was sollte sie aus diesem Zimmer machen?
Später!
Sie ging die Arbeiten, die wahrscheinlich Einser und Zweier waren, noch einmal durch, bepunktete die Aufgaben am Rand und schrieb die Noten auf die erste Seite. So, acht Leute ganz fertig!
Und jetzt?
Die Maschine lief immer noch, also konnte sie noch nicht die Spülmaschine starten. Das war irgendwie ökologisch saumäßig – warum, wusste Maja nicht so genau. Oder haute es dann die Sicherungen raus?
Na gut, die Dreier auch noch!
Danach hatte sie siebzehn Arbeiten geschafft. Nicht schlecht, fand sie.
Und wenn sie die Räuberhöhle mal strich? Obwohl – die gelbweißen Streifen und der schokoladenbraune Teppichboden sahen so schlecht auch nicht aus. Streichen und Bodenverlegen war anderswo weiß Gott nötiger.
Am besten sollte das Zimmer wohl ein Gästezimmer sein – aber Gäste kamen eigentlich selten. Kunststück, im Moment konnte sie ja auch niemanden reinlassen, die Bude war wirklich zu peinlich!
Und wer sollte auch kommen? Lucia und Florian? Die waren doch bloß froh, dass ihre unfähige kleine Schwester weit weg war. Am Anfang hatten sie ja noch genervt, sie sollte wieder zurückkommen, sie könnte ja auch mit im Haus wohnen, aber Maja war eigentlich ganz froh gewesen, nach Leisenberg verschwinden zu können. Immer diese Besserwissereien!
Außerdem war das Haus in Harlaching (direkt am Perlacher Forst, weit und breit kein Laden, keine Haltestelle, kein gar nichts!) wunderbar in zwei große Wohnungen aufzuteilen – nicht in drei. Wozu auch, Maja hatte ja schließlich die Bude von Onkel Karl Heinz gekriegt. Lucia und Florian hatten, als sie das gehört hatten, breit gegrinst, aber nichts gesagt. Und Maja, die die Wohnung noch nie bewusst gesehen hatte, hatte sich noch ganz arglos gefreut…
Schöne Pleite, wenn sie sich hier so umsah!
Na, weitermachen, leidtun konnte sie sich später auch noch.
Neun Vierer waren es jetzt – zwei mehr als nach dem ersten Durchgang. Damit waren die beiden plus Fünf verschwunden. Okay, dann fehlten noch zwei. Aber die Fünfer waren bombenfest. Und die konnte sie jetzt auch noch wegputzen.
Zufrieden stapelte sie alles auf, füllte den Umschlag aus, rechnete den Durchschnitt neu aus – 3, 18 – und packte den Stapel in ihre Tasche. Super!
Das hätte sie eigentlich früher haben können, ärgerte sie sich sofort danach. Wenn sie am ersten Ferienwochenende… na, auch egal. Jetzt war das Ding ja weg. Beim nächsten Mal musste sie das eben besser machen.
Und jetzt?
Fast acht Uhr – Himmel, die Wäsche! Die Maschine war schon seit längerem verstummt, also hängte sie diese Wäsche auch noch auf – das Gestell ächzte bedenklich – und kontrollierte die andere, ob schon etwas trocken war.
Natürlich nicht, aber immerhin nur noch bügelfeucht. Also baute sie Bügelbrett und Bügeleisen auf und nahm sich die beiden Blusen und die T-Shirts vor.
Diese Abstellkammer war eigentlich gar nicht so schlecht, überlegte sie. Nur wie alles eben fürchterlich zugemüllt. Sie war etwa eineinhalb mal zwei Meter groß und auf einer Seite mit einem stabilen eingebauten weißen Metallregal versehen, dessen Bretter man herausnehmen konnte. Das hatten offenbar diese Mieter hinterlassen – Onkel Karl-Heinz hätte ein solches Regal bestimmt in schlammgrün oder senfgelb gestrichen!
Leider waren die Regalbretter eingestaubt und schmierig und bedeckt mit unglaublichem Gerümpel – dabei wohnte sie doch erst seit wenigen Wochen hier. So konnte das nicht bleiben – und warum sollte sie nicht hier anfangen?
Aber vorher musste sie doch noch überlegen, ob sie für morgen gerüstet war. Was hatte sie morgen alles? Mathe 7, Geographie 7, Mathe 8, Mathe 10. Und schon um kurz vor drei aus!
Sie setzte sich an ihren Schreibtisch und sichtete die Mappen. Was da für ein überholter Mist drin war!
Und was war das hier? Oh Scheiße! Sie ließ den Kopf auf die Schreibtischplatte sinken. Morgen war Geographie-Fachsitzung. Als Frischling musste sie das Protokoll schreiben. Und die Sitzung dauerte bestimmt zwei Stunden. Dann war es glücklich fünf… mit Einkaufen sechs, bis sie zu Hause war. Wieder keine Zeit für den großen Aufräum-Marathon. Und in der 7 c sollte sie bald mal wieder ein Mathe-Ex schreiben, sonst tanzten ihr die süßen Kleinen noch auf der Nase herum. Und so wie sie mitzuschreiben pflegte, sollte sie das Protokoll auch bald machen, bevor sie aus ihrem Gekritzel nicht mehr schlau wurde.
Wie spät war es jetzt? Halb neun. Auf die Schule war gepfiffen, jetzt kam die Abstellkammer dran! Wenigstens für eine Stunde…
Sie räumte das Regal Stück für Stück leer und baute alles im Flur auf, dann hob sie die Bretter aus ihrer Halterung und trug sie in die Küche.
Als nächstes schrubbte sie die Halterungen gründlich ab und trocknete sie, danach räumte sie aus, was auf dem Boden herumstand, auch die Mengen an leeren Flaschen und Trägern.
Kurz vor neun… da konnte man noch Staub saugen! Der Teppichboden in der Kammer hatte ein recht dankbares Pfeffer-und-Salz-Muster – hatte Onkel Karl-Heinz die Bude eigentlich mit Teppichresten ausgelegt? Jeder Raum war anders!
Jedenfalls wurde der Boden beim Saugen geringfügig heller, und so leer sah die Kammer richtig groß und übersichtlich aus. Kunststück, der ganze Mist stand ja draußen!
Maja verzog sich in die Küche, legte die ersten beiden Bretter nebeneinander und rieb sie dick mit Putzmittel ein. Weichen lassen!
Währenddessen startete sie die Spülmaschine und räumte, was hier noch so herumstand, etwas beiseite. So passten die anderen beiden Regalbretter auch noch auf die Arbeitsplatten und konnten ebenfalls mit Putzmittel eingerieben werden.
Und was stand jetzt im Flur?
Die Friteuse mit ihrem Karton. Okay, Küchengeräte ein Regalbrett.
Eine Pappschachtel mit dem Fonduetopf – daneben.
Eine Plastiktüte mit vergammeltem Grillbesteck. Sie hatte weder Grill noch Garten noch Freunde – weg damit.
Eine Tüte mit Stoffresten. Woher kamen die denn? Sie hatte sich seit Jahren nichts mehr genäht, konnte es auch gar nicht und besaß selbst keine Maschine. Weg mit den Fetzen! Und das angefangene Strickzeug genauso, graues Mohair ging ja gar nicht – was hatte sie sich vor bestimmt zehn Jahren nur dabei gedacht? Aber die Nadeln konnte sie aufheben.
Zwei Bücher, die hier gar nichts zu suchen hatten.
Eine Pappschachtel mit leeren Blechdöschen. Sie suchte sich drei hübsche aus, brachte sie in die Küche und stellte den Rest zum Müll.
Ein Paar verflixt alte Skistiefel. Weg.
Eine Garnitur Bettwäsche, ungebügelt und mit einem eher gruseligen Muster: Kringel in orange, braun und rosa. Stammte das aus der schlimmsten Zeit der Siebziger? Auf jeden Fall: Altkleidersammlung! Sie schnaufte durch und beschloss, erst einmal die bisherige Ausbeute in der Mülltonne zu versenken.
Читать дальше