Worum geht es? Ein in Deutschland investierendes ausländisches Unternehmen erhält einen Sonderschutz für seine Investitionen . Wenn ein Parlament Entscheidungen trifft, die auf demokratische und rechtlich einwandfreie Verfahren zurückgehen, aber die Interessen der Unternehmen eventuell nachteilig betreffen, lassen sich diese Entscheidungen juristisch anfechten. Deutsche Unternehmen werden auf den normalen Rechtsweg verwiesen. Ausländische Unternehmen aber können das Verfahren abkürzen und geheim machen. Ihr Verfahren läuft vor einem Schiedsgericht, das aus drei Personen besteht. Dazu kann jede Partei einen Schiedsrichter benennen. Ein Widerspruch gegen das in diesem kleinen Kreis getroffene Urteil ist nicht möglich. Bei diesen Milliardenverfahren zur Entschädigungszahlung zeigt sich, dass der Kreis der Schiedsrichter sehr klein ist. „Nur 15 Schiedsrichter weltweit entscheiden 55 Prozent aller Verfahren. Und sie wechseln dabei noch ständig die Seiten. In einem Fall vertritt ein Anwalt noch den beklagten Staat, im nächsten ist er Schiedsrichter, im dritten Verfahren vertritt er das klagende Unternehmen. Zumeist siegen die Firmen. Die jüngste UN-Statistik zeigt, im Jahr 2012 wurden 70 Prozent aller Fälle für die Unternehmen entschieden.“ – So weit der erwähnte Monitor – Beitrag.
Hier findet ein nicht-öffentliches, geheimes Verfahren statt, in dem über Milliarden Euro Steuergelder entschieden wird. Gegen das Urteil gibt es keinen Widerspruch. Solche Zustände kann man auf vielerlei Weise bezeichnen, doch mit Sicherheit nicht als demokratisch und rechtlich einwandfrei. Durch dieses Gesetz macht die Regierung sich erpressbar. Für die ausländischen Unternehmen ist es eine Art Aufforderung zur Selbstbedienung. Das Investitionsschutzabkommen riecht nach Korruption. Es gehört in der bestehenden Form umgehend abgeschafft. Ausländische Unternehmen müssen den inländischen gleich gestellt werden.
Ausserdem kann es nicht angehen, dass erwartete Gewinne, deren Höhe die klagenden Unternehmen ausrechnen, die Grundlage für Schadenersatzforderungen sein dürfen. Schadenersatz kann doch, wie schon das Wort sagt, nur einen Schaden ausgleichen, der auch eingetreten ist. Was nachgewiesen werden muss. Es gibt durchaus Politiker, die dieses Parallelrecht abschaffen wollen. Aber Deutschland legt sich bei einem solchen Versuch quer, heisst es. Für die Unternehmen ist das eine grandiose Möglichkeit, ihre Interessen mit geringem Aufwand durchzusetzen. Man fürchtet, dass US-amerikanische Unternehmen auf diese Weise erzwingen wollen, dass Fracking trotz gegenteiliger Vorstellungen der Menschen und parlamentarischer Beschlüsse in Deutschland möglich gemacht werden kann.
Man dürfte kaum schief liegen in der Annahme, dass diese kleine Gruppe von Menschen, die im Geheimen Abmachungen trifft, befangen ist. Sie haben von Anfang an ein ganz bestimmtes Ergebnis als Ziel ihrer „Schiedstätigkeit“ im Auge.
Die Frage ist dabei: „Warum sind die Vertreter Deutschlands Fürsprecher dieser undemokratischen, oft extrem teuren Regelung?“ Es ist allen klar, dass der Steuerzahler, also wir alle, die Milliarden Euro aufbringen muss, die über das Investitionsschutzabkommen verzockt werden. Es gibt so viel Sinnvolleres, was man mit dem Geld machen kann und sollte. Auf keinen Fall aber sollte man es den unersättlichen Großunternehmen in den Rachen werfen.
Bei den Investitionsschutzabkommen vermissst man hinsichtlich der geforderten Höhe von Entschädigungszahlungen die Gegenrechnung. Es muss auch die Investition geschützt werden, die der Staat im Hinblick auf Standort und Betrieb der Investoren macht: Land, Infrastrukturen, Steuerverzicht, Arbeitskräfte und so fort. Weil das ebenfalls schützenswerte Investitionen sind, müsste der ausländische Investor Auflagen erfüllen, wenn er Kapital abziehen oder den Betrieb verlagern will. Aus dem bisherigen Ungleichgewicht muss ein „Deal auf Augenhöhe“ werden. Die Gewichtung der jeweiligen Ansprüche muss in Zukunft ein unabhängiges Gericht vornehmen. Bei der ganzen Problematik fragt man sich: „Wurden diese Bestimmungen schlecht ausgehandelt oder sind sie das Ergebnis von Gegenleistungen in Form von Parteispenden, Vorstandsposten, Zahlungen oder ähnlichem?“ - Wenn die Verhandlungen von Fachleuten geführt wurden, ist die erste Annahme unwahrscheinlich.
STAATSHILFE FÜR GROSSUNTERNEHMEN
Wie es mit der Hilfe des Staates für Großunternehmen aussieht, wurde uns am Beispiel der Euro-, besser Banken – Krise deutlich vorgeführt. Gier, verantwortungslose Spielsucht und Überheblichkeit der Bänker waren die eigentlichen Ursachen für die Bankenkrise, die 2008 begann und unter der wir noch heute leiden.
Bei einer „freien Marktwirtschaft“ seien staatliche Eingriffe jedweder Art unzulässig. Die Doktrin lautet: „Der Markt regelt alles von alleine, und zwar optimal.“ Die Bankenrettung zeigt, dass die Akteure dem freien Spiel der Marktkräfte die angedichteten Eigenschaften nicht zutrauen. Warum sonst haben sie danach gerufen, der Staat möge sie aus den selbst gemachten Schwierigkeiten befreien? Unter liberaler Marktwirtschaft versteht man heute rücksichtsloses und zügelloses Marktgeschehen. Eine freie Marktwirtschaft aber hat ihre Grenzen, wie jede Freiheit Grenzen hat. Diese festzulegen und auf deren Einhaltung zu achten, ist Aufgabe der Politiker. Dabei haben sie versagt. Vielleicht auch deshalb, weil sie von den Dingen, über die sie entscheiden sollen, nicht viel wissen. Wir brauchen Politiker, die Fachkenntnisse haben. Und nur auf dem Gebiet ihrer besonderen Fähigkeiten sollen sie hochrangig eingesetzt werden. Sonst sind sie in Verhandlungen mit Spezialisten auf der anderen Seite zum Nachteil ihrer Völker immer unterlegen.
STEUERVERMEIDUNG
Die Großunternehmen versuchen, sich der Steuerpflicht zu entziehen. Sie beanspruchen zwar Hilfen von Seiten staatlicher Stellen, wollen aber ihre Gegenleistung in Form von Steuerzahlungen nicht erbringen. Es gibt eine eigene Sparte der Finanzdienstleister, die nur damit beschäftigt ist, für die Firmen Schlupflöcher zur Steuervermeidung zu finden. Sie sind darin sehr erfolgreich. Man schätzt, dass der EU durch solche Maßnahmen jährlich eintausend Milliarden Steuern entgehen. Damit ließen sich alle Probleme beseitigen, soweit sie mit Geld gelöst werden können. Allein der Deutschland durch Steuervermeidung entstehende Verlust wird auf mindestens 60 Milliarden Euro jährlich geschätzt. Manche Finanzfachleute glauben, dass die Summe bis zum Doppelten betragen könnte. In Griechenland, so schätzt man, beträgt die hinterzogene Steuer rund 40 Milliarden, was einem Anteil von 15 Prozent des Bruttoinlandprodukts entspricht.
Einige Großunternehmen und Superreiche machen den großen Gewinn. Die Normalbürger zahlen die Zeche. Die Politiker sind immer wieder angetreten mit dem Versprechen, sich zum Wohle des Volkes einzusetzen. Allzu oft aber hat man den Eindruck, dass es ihnen hauptsächlich um das eigene Wohl geht. Diese Sorte Politiker braucht niemand. Die gewählten Volksvertreter sollen sich wieder für ein langfristiges Wohlergehen des Volkes einsetzen, dem sie ihre Stellung verdanken. Die Überzeugung „Hauptsache ich!“ macht sie für dieses Amt ungeeignet.
Um es noch einmal klar zu sagen: Gewinne und Verluste müssen dort berechnet und bezahlt werden, wo sie entstehen, nirgendwo anders. Und solange Europa kein einheitlicher Staat ist, muss das auch in gleicher Weise für die einzelnen europäischen Länder gelten, und zwar für alle.
Spekulationsgewinne werden belohnt, die Bürger mit ihren Nöten allein gelassen. Bei den Armen wird gespart, bei den Wohlhabenden wird die Steuerbelastung gesenkt. Nur in den USA und in Japan gibt es mehr Millionäre als in Deutschland.
GEWINNMAXIMIERUNG
Die ungezügelte Gewinnmaximierung schadet den Ländern, unserem Lebensraum, den arbeitenden Menschen und den Sparern. Sie führt zu den schon erwähnten Steuerverlusten für den Staat, die Gemeinschaft also. Will man bei der Produktion möglichst hohe Gewinne erzielen, muss man alles vermeiden, was Kosten verursacht. Auflagen zum Umweltschutz verringern den Profit. Also versucht man, die Auflagen zu umgehen. Abfälle und verseuchtes Abwasser illegal zu entsorgen ist billiger als über die vorgeschriebenen Wege. Rohstoffe werden illegal oder auf sehr fragwürdige Weise beschafft. Den arbeitenden Menschen werden die geringst möglichen Löhne gezahlt. Deshalb beschäftigt man gerne solche Menschen, die sich gegen die Praktiken der Arbeitgeber nicht wehren können. Wehrlos sind Illegale, Langzeitarbeitssuchende und Ausländer. Wehrlos sind auch alle, die Arbeit dort suchen müssen, wo sich viele Menschen in derselben Lage befinden.
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