Für die liebenswürdige Hilfe danken wir besonders Martin Schlu. Ebenfalls herzlichen Dank an Petra-Ines Kaune über die Herstellung der Illustrationen, im gedruckten Buch, hinaus. Danke auch an Dr. Jörg Hansen, Direktor des Bachhauses Eisenach und André Nestler für die Erlaubnis der Nutzung des Fotos „Bachbüste“.
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Autor: Peter Bach jr.
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Layout & Design: Renate Bach
Verlag: Renate Bach Verlag, Bach 4 You
Start
21. März 1685 21. März 1685
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Epilog
Impressum neobooks
21. März 1685
„Hallo. Ich bin Balthasar. Einfach nur Balthasar. Und meine Freunde nennen mich Balti. Ich bin ein kleiner Barockengel. Von uns gibt es viele. Wir haben alle ganz unterschiedliche Aufgaben. Ich wollte einmal Schutzengel werden. Aber das ist eine sehr, sehr anstrengende Aufgabe für einen kleinen Barockengel. Und nun bin ich eben ein kleiner Engel, der ganz viele Geschichten weiß. Und sie auch richtig gut erzählen kann. Ich hätte auch ein kleiner Barockengel werden können, der gerne Musik macht. Aber ich fand, Geschichten zu erzählen, ist spannender. Vitus ist auch ein kleiner Barockengel. Vitus ist mein allerbester Freund.“
So stellte sich der kleine Barockengel Balthasar immer vor, wenn er sein Publikum begrüßte, denn eigentlich erzählte er seine Geschichten immer vielen gespannten Zuhörern: also Engeln, die bis jetzt noch nicht wussten, wie viel Spaß Zuhören macht. Und Kindern. Und manchmal, ja, manchmal auch Erwachsenen, die so erwachsen waren, dass solche Geschichten eigentlich, ja, eigentlich nicht für sie gedacht waren. „Hallo“, sagte Vitus auf seiner kleinen, weißen Nachbarwolke. „Ich mache gerne Musik. Ich kann nicht so gut Geschichten erzählen. Los, Balti, erzähl’ die Geschichte vom Zipfelfagotist“, plapperte Vitus einfach dazwischen. „Es heißt Zippelfagottist - statt dem ‚f’ ein zweites ‚p’. Und zwei ‚t’ später.“ „Woher weißt du, dass ich es mit einem ‚t’ geschrieben hätte?“, entgegnete Vitus. „Ich kenne dich gut – und die Geschichte mit dem Zippelfagottist erzähle ich später. Erst viel später. Wie gut, Vitus, dass du dich um die Musik kümmerst. Du würdest Geschichten in der Mitte beginnen. Ohne vorher zu sagen, um was es geht und um wen es sich handelt.“ „Das stimmt“, entgegnete Vitus kleinlaut. Und er wurde auch ein klein wenig rot.
„Soll ich denn Musik machen, während du erzählst, Baltilinium?“ „Nenn’ mich doch nicht Baltilinium, ich finde das doof. Ich heiße Balthasar. Oder, wenn du möchtest, Balti. Ich sage ja auch nicht Vitutissimo zu dir oder Vitusselino.“ „Kannst du dann wenigstens erzählen, was ein Barockengel ist? Was ist denn Barock überhaupt? Hat man da einen Rock an?“ Balthasar musste nachdenken. Alles fiel auch ihm nicht immer sofort ein. Und wenn es ihm doch sofort einfiel, dann wusste er natürlich nicht gleich, wie er es perfekt erzählen sollte. Und auch so, dass es sein allerbester Freund Vitus ebenfalls verstand. „Barock war …“, überlegte er, aber er hatte schon angefangen zu sprechen. So stockte er ein wenig. „Also, Barock nannten die Menschen eine Zeit, in der alles so ein bisschen schnörkeliger war.“ „Schnörkeliger, aha“, sagte Vitus und dann, „schnörkeliger? Was meinst du, Balti?“ „Na, alles war irgendwie verspielter. Das fanden viele damals gut. Am besten kann man es bei Gebäuden heute noch sehen und auch bei Gemälden. Ja, bei Gemälden ganz besonders! Und auch bei Bilderrahmen und bei Stühlen. Das ist übrigens die Zeit, in der wir kleinen Engelchen besonders in Kirchen, aber auch in Schlössern und in Palästen zu sehen sind. Auf Bildern, aber auch in Stein: Sandstein, Marmor und – ja und noch ein Stein fällt mir gerade nicht ein. Und diese Schnörkel gab es auch in der Musik. Man kann nämlich solche Schnörkel auch in die Musik einbauen.“ „Wie geht das denn?“, fragte Vitus erstaunt. „Weiß auch nicht. Ich hab’s gelesen. Aber Johann Sebastian Bach – der hat es wohl ganz besonders gut gekonnt.“
„Jo - hann Se - bas - ti - an und Bach“, sagte Vitus gedehnt. „Das habe ich schon einmal gehört. Ich glaube, das stand in meinem Musikbuch. Ich glaube, von dem ist ein Lied – nein zwei – die ich schon einmal auf meiner Geige geübt habe.“ Vitus war ganz aufgeregt. „Und der macht also Barock!“ „Nein, nein“, sagte Balthasar, „Johann Sebastian Bach lebte in dieser Zeit, die man Barock nannte. Er hat nicht Barock gemacht. Er hat Musik gemacht.“ Vitus unterbrach Balthasar schon wieder: „Also, du meinst, er hat Musik gespielt. Zum Beispiel mit einer Geige oder auf dem Klavier.“ „Nein“, sagte Balthasar, „ich meine, dieser Johann Sebastian hat Musik gemacht. Erfunden sozusagen. Aber genau das ist ja die Geschichte. Die Geschichte, die ich dir jetzt erzählen will.“
Vitus war gespannt darauf, wie und vor allem, wann es denn nun anfing mit dem Barock und diesem Musikerfinder. „Wo wohnt denn dieser Johann Sebastian Bach?“ Vitus hatte sich begeistert und wollte nicht nur mehr wissen, er wollte es gleich wissen. „Bach lebt heute nicht mehr“, sagte Balthasar. „Das ist aber traurig, dann schreibt er wohl auch keine Musik mehr?!“ „Nein, kann er ja nicht, aber er hat so viel davon geschrieben, dass sich immer mehr und mehr Menschen diese Musik anhören. Aber nun frag’ mir mal keine Löcher in den Bauch. Sonst kann ich nie mit dem Anfang dieser tollen Geschichte beginnen. Machs dir also gemütlich, kuschele dir deine kleine Wolke zurecht und spitz’ die Ohren. Menschen wie diesen Johann Sebastian Bach gibt es nicht sehr viele. Und es gibt sie nicht sehr oft. Eigentlich sogar nur ganz, ganz, ganz selten. Fast nie.“ Fast nie, das war selten genug für Vitus. Nie kannte er, fast auch. „Dann“, so brach er hervor, „war dieser Bach etwas Besonderes? Etwas ganz Besonderes auf der Welt?“ Und obwohl kleine Barockengel über viel, wirklich viel, viel Zeit verfügen, schüttelte Balthasar den Kopf, weil ihn Vitus schon wieder unterbrochen hatte. Er ließ die Flügel ein klein wenig hängen, schmunzelte dann aber doch und klopfte sich nun seine Wolke zurecht. Sodass jetzt auch seine Wolke bequem und kuschelig war. „Willst du nun die Geschichte hören? Die von Johann Sebastian Bach? Und zwar ganz von vorne? Oder willst du mich weiter fragen und ich erzähle dir schon alles vorweg? Und die ganze Geschichte ist dann kaputt, weil du ja dann alles schon irgendwie weißt?“ Vitus kicherte, strahlte gleich danach über das ganze kleine Engelsgesicht und sagte feierlich: „Balthasar, mein bester Freund, bitte, beginne mit deiner Geschichte und ich gelobe, dich nicht zu unterbrechen. Also dich kaum zu unterbrechen. Ach, was sag’ ich, wahrscheinlich habe ich schon nach dem ersten Satz eine Frage – aber wir können es ja ‘mal probieren. Ich gebe mir Mühe. Versprochen.“
Balthasar und Vitus hatten es sich – jeder auf seiner eigenen, kleinen, weißen Wolke – richtig gemütlich gemacht. Vitus schaute seinen Freund erwartungsvoll an. „Ach, noch etwas“, sagte Vitus, als Balthasar tief Luft holte, um zu beginnen. „Was denn?“ Balthasar rollte die Augen nach hinten. „Wenn ich etwas nicht verstehe – kann ich dich denn dann unterbrechen? Denn sonst verstehe ich ja die ganze Geschichte nicht.“ „Klar kannst du dann fragen, sonst verstehst Du ja die ganze Geschichte nicht“, papageite Balthasar und holte wieder Luft. Und da war sie schon, die erste Frage. Wie in der Schule, im Klassenzimmer, hob Vitus in diesem Fall deutlich sichtbar die Hand, bevor er fragte. Er wartete deshalb aber keineswegs ab, als er munter losplapperte. „Wenn das ...“, begann er, „wenn das eine Geschichte ist, ist es denn auch ein bisschen wahr? Oder ist es das Märchen von Johann Sebastian Bach?“ Balthasar lachte mit einem typischen Barockengel-Lachen, auch ein wenig verschmitzt, und schüttelte den Kopf. „Das meiste ist wahr!“ Damit wollte er dieser Frage ein wenig aus dem Weg gehen. „Aber“, setzte Vitus nach, „ein bisschen ist es auch geschwindelt?“
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