Sie stand wieder auf und erkundigte sich bei den beiden Wächtern vor der Produktplanung, ob sie Proben der aktuellen Produktion haben konnte. Carla Niklas drückte ihr eine Schachtel dieser altmodischen grün-goldenen Bleistifte in die Hand. „Ansonsten haben wir im Moment nur Buntstifte, aber die produzieren wir in Lizenz für andere Hersteller, also ist unser Logo nicht drauf. Haben Sie schon Logoentwürfe?“
Leonie schüttelte bedauernd den Kopf und wunderte sich auf dem Weg zurück zu ihrem Schreibtisch. Bloß Bleistifte – und No-Name-Buntstifte – und das rechtfertigte immerhin drei Etagen in diesem Bau? Plus das Hintergebäude mit der Produktion?
Da war ein neues Marketingkonzept wirklich dringend notwendig! Sie arbeitete ungefähr eine Stunde lang konzentriert, wobei sie versuchte, sich nicht von Tessa und Jenny ablenken zu lassen, die über das Fernsehprogramm vom Vorabend redeten, anstatt die Post zu sortieren und zu verteilen. Erst als sie von Sandra Ehring einen Anschnauzer erhielten, machten sie sich an die Arbeit. Sandra sauste an ihnen vorbei und klapperte draußen die Treppe hoch – suchte sie diese Diana jetzt bei Patrick Veit? Am Morgen war sie dort jedenfalls nicht gewesen.Leonie starrte vor sich hin, weil ihr die Ideen ausgegangen waren, und zog dann die Schubladen ihres Schreibtischs auf. Wenigstens ein Tacker musste doch hier sein! Und Druckerpapier. Fehlanzeige – nichts als Staubflusen und in der untersten Schublade eine einsame verbogene Büroklammer. Sie warf sie in den Papierkorb. Wo kriegte man hier Büromaterial?Sie fragte die beiden Tussis gegenüber, die strahlten, weil sie das wussten. „Wir gehen immer in den Materialraum, da liegt das alles rum, in den Regalen. Einfach so zum Mitnehmen. Kulis, Papier -“„-Klarsichthüllen, TippEx und diese Dinger zum Laminieren“, ergänzte Tessa.„Danke“, antwortete Leonie trocken und verkniff sich ein Ich hab´s begriffen , „und wo ist dieses Paradies, bitte?“„Ach so... na, drüben, gegenüber vom Klo. Neben dem Pausenraum.“„Na gut. Danke. Ich hole mir mal eben das Nötigste; wenn jemand nach mir fragt, ich bin gleich wieder da.“
„Wer sollte denn nach dir fragen?“, staunte Tessa, aber Leonie war schon unterwegs. Eigenartige Aufteilung, stellte sie hinter der wuchernden Grünpflanze fest – die Toiletten waren riesig und auch picobello sauber, und auf der anderen Seite mussten sich der Pausenraum und das Materiallager den gleichen Raum teilen. Ergebnis: Der Pausenraum war eine hässliche kleine Hucke mit einem winzigen Fenster direkt unter der Decke, möbliert mit altem, ehemals feuerrotem Plastikequipment und intensiv nach altem Rauch stinkend. Das kam wohl von dem überquellenden Aschenbecher auf dem vordersten Tisch. Neben drei Tischen und verschiedenen wackligen Stühlen gab es nur noch einen Getränkeautomaten, der aber außer Betrieb war. Da wäre es doch ehrlicher, den Raum gleich aufzugeben! Leonie konnte sich jedenfalls nicht vorstellen, hier ihre Mittagspause zu verbringen. Zu essen bekam man hier offenbar auch nichts.
Schäbig. Dieser Veit brauchte nicht nur ein Marketingkonzept, der ganze Laden brauchte eine Generalüberholung, von Corporate Identity bis hin zu einer anständigen Cafeteria. Und Empfangsdamen, die sich nicht eine Gehirnzelle teilten. Okay, das war unfair, die beiden waren ganz nett und sehr dekorativ, aber hohlköpfig.
Jedenfalls konnte der Pausenraum so nicht bleiben. Zu klein war er außerdem auch, gerade mal so groß wie die Damentoilette.
Dem Herrenklo entsprach dann der Materialraum, der war nämlich relativ groß und durch diverse freistehende Regale recht unübersichtlich. Mein Gott, dachte Leonie, wie kann man einen Raum denn so bescheuert einrichten! Wer war hier eigentlich für so etwas zuständig? Mindestens zehn raumhohe Stahlregale, teils an den Wänden, teils so im Raum, dass düstere Gänge entstanden, und vollgerümpelt mit Pappkisten und Ordnern. Vollen Ordnern – war das hier etwa auch das Archiv? So eine Schlamperei war ihr schon lange nicht mehr untergekommen!In den Pappkisten lag alles Mögliche, nur nicht das, was sie brauchte. Den Typenreiniger musste noch der Großvater des heutigen Veit angeschafft haben, und wahrscheinlich hatte er für den Riesenposten Rabatt gekriegt. Daneben stand auch tatsächlich eine mechanische Schreibmaschine im Regal. Sicher noch funktionsfähig, aber schätzungsweise Baujahr 1931.Na endlich, Klarsichthüllen! Und Druckerpapier in rauen Mengen – wieso stand das nicht direkt neben dem Eingang, das wurde doch garantiert am häufigsten gebraucht? Nein, dafür musste man ganz ans Ende eines Gangs traben.Leonie klemmte sich ein Paket Papier unter den Arm und wandte sich nach links, in der Hoffnung, auch noch Stifte zu finden, vielleicht sogar ein Lineal, falls sie (wie in der Werbung so ungewöhnlich nicht) mal etwas zeichnen musste. Zwei Schritte kam sie voran, eifrig in die Kisten spähend, dann stieß sie mit dem Fuß gegen etwas Weiches. Als sie sah, was es war, schrie sie halblaut auf, bevor sie ihren Kram in das nächstbeste Fach legte und davoneilte, um Sandra Ehring zu verständigen, die ihr noch am vernünftigsten vorkam.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.