1 ...6 7 8 10 11 12 ...17 Meister Bodo. Aber bitte versucht Euer Bestes. Ich bin auf diese
Waffen angewiesen.“ Gerbodo schien ihr gar nicht mehr zu
zuhören.
„Ser? Habt Ihr verstanden, was ich gerade gesagt habe?“
„Wartet mal, Cathrina. Ich habe da eine Idee. Sekunde, ich bin
gleich wieder da!“ Ohne, dass sie auch nur etwas darauf erwidern
konnte, rauschte er an ihr vorbei.
Heute benahmen sich alle irgendwie seltsam, also setzte sie sich
auf einen dreibeinigen Hocker und wartete bis er zurückkehrte.
Es dauerte eine halbe Ewigkeit und Cathrina fragte sich schon, ob
er sie womöglich vergessen hatte, als er aufgeregt auf sie zukam.
„Hier ist es! Dem Himmel sei Dank, dass ich es gefunden habe. Es
ist schon so lange her, als ich sie bekommen habe, dass ich
vergessen hatte, wo sie waren. Hier! Für Euch!“
Er drückte Cathrina ein Bündel in die Hand, ähnlich dem das sie ihm
vorhin gereicht hatte.
„Was ist das?“
„Seht selbst.“
Sie löste das schmale Lederband mit dem es verschnürt war und
rollte den weichen Stoff auseinander.
„Ich möchte, dass Ihr sie
bekommt!“
Cathrina sah ihn fragend an und dann hielt sie staunend inne.
„Großer Himmel, Bodo!“
Im Stoff kam ein filigraner, weißlich schimmernder Dolch zum
Vorschein. Die Klinge war ungeheuer scharf, das Mittelstück war
aus dem gleichen Metall und wunderschön, mit silbernen Blättern
verziert. Der Griff wurde von einem hellen Leder ummantelt. Der
Knauf war einzigartig. So etwas hatte Cathrina noch niemals zuvor
gesehen. Auch er war verziert mit zarten Blättern und sie alle
schienen sich um den einen strahlenden Schmuckstein zu ranken.
Dieser hier war von glänzendem, durchscheinendem Hellgrün.
Sein Zwilling hatte einen blutroten Stein. Cathrina hatte es die
Sprache verschlagen.
„Das ist Manus.“, er deutete auf den mit dem hellgrünen Stein,
„Manus steht für Tapferkeit. Sein Bruder trägt den Namen Dextra.
Das bedeutet Stärke.“
„Bodo … Ich … Ihr könnt doch nicht. Nein! Das kann ich unmöglich
bezahlen! Wie stellt Ihr Euch das vor?“, sie war aufgesprungen.
„Setzt Euch, mein Kind: „Keiner hat etwas davon gesagt, dass Ihr sie
bezahlen sollt.“
„Was??“, und wieder sprang sie auf, „Das kann ich unmöglich
annehmen! Unmöglich!“, Bodo schmunzelte, als würde er ein
Geheimnis kennen, dass Cathrina verborgen blieb.
„Jetzt beruhigt Euch erst mal, meine Liebe. Ich kann Euch diese
Dolche sehr wohl geben. Geben, nicht schenken. Ich kann nicht
einfach etwas verschenken, dass mir gar nicht gehört.“
Jetzt wurde Cathrina kreidebleich: „Meister Bodo. Was redet Ihr
da nur für ein wirres Zeug! Wenn sie Euch nicht gehören, will ich
sie erst recht nicht haben! Das wäre nicht richtig.“
„Das ist wahr. Aber versteht Ihr denn nicht? Sie gehören Euch!
Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen sie Euch zu geben. Ich war nur ihr
Bewahrer.“
Jetzt war Cathrina völlig verwirrt.
„Lasst mich Euch die Geschichte erzählen. Setzt Euch.“,
kopfschüttelnd ließ sie sich wieder auf den Hocker fallen. Sie war
gespannt, was er ihr berichten wollte.
„Ich bin schon seit sehr, sehr langer Zeit Schmied in Ascardia. Es
war Herbst, später Herbst. Es regnete in Strömen, als es spät
nachts an meiner Tür klopfte. Als ich sie öffnete, stand eine junge
Frau davor. Hochschwanger und nass bis auf die Knochen. Ich
kannte sie nicht. Aber auch sie nannte mich immer Meister Bodo.“,
fügte er mit einem Lächeln hinzu, „Sie sagte, sie sei in sehr großer
Gefahr. Es wäre nur eine Frage der Zeit, sagte sie. Ich wusste nicht
wovon sie sprach und sie erläuterte es auch nicht näher. Sie reichte
mir ein Bündel, jenes, welches ich Euch gerade gegeben habe. Sie
sagte, es sei das Wertvollste, das sie hätte und sie würden ihr
ungeheuer viel bedeuten. Sie sagte, man könne ihr Leben nehmen,
aber nicht diese Dolche. Die sollten sie nicht bekommen. Sie hätten
ihrer Mutter gehört. Und davor deren Mutter. Sie wusste, erzählte
sie, dass ihre Töchter in Sicherheit seien, zumindest vorerst. Doch
sie wusste, dass diese Dolche, wenn sie im Haus blieben, früher
oder später ihrem Mann in die Hände fallen würden und dann
wären sie fort. Das könne sie nicht ertragen. Deswegen hätte sie
sie zu mir gebracht. Dass sie nicht verloren gehen. Ich musste ihr
versprechen, nein schwören, dass ich sie nicht verkaufe. Sie bat
mich sie aufzubewahren. Sie sagte, dass ich mich eines Tages an
dieses Gespräch erinnern würde. Sie sagte, dass ich spüren würde,
wenn der richtige Zeitpunkt gekommen wäre, sie weiter zu geben.
Sie wollte, dass sie jemand bekommt, der rein wäre. Ja ich glaube,
so hat sie sich ausgedrückt. Seine Absichten sollten rein sein und er
sollte gut und ehrlich sein. Dann hätte sich ihr Wunsch erfüllt.“
Cathrina wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Dass
Gerbodo ausgerechnet an sie dachte, ehrte sie sehr.
„Und wie kommt Ihr darauf, dass sie damit mich meinte?“
„Weil ich in all den Jahren keinen einzigen Gedanken mehr an sie
vergeudet habe. Versteht Ihr? Es war als hätte ich sie vergessen,
von dem Zeitpunkt an, als ich sie in die hinterste Ecke meines
Kleiderschranks ablegte. In all den Jahren hatte ich einige
Menschen hier sitzen. Den meisten ging es ganz ähnlich wie Euch.
Doch bis heute war es, als hätte es sie nie gegeben. Deswegen bin
ich mir ganz sicher! Diese Dolche gehören zu Euch!“
Cathrina wusste nichts darauf zu erwidern. Meister Bodo schien
fest entschlossen.
„Seid Ihr Euch Eurer Sache auch wirklich sicher?“ Gerbodo nickte
eifrig: „Ja das bin ich.“
„Mir ist nicht wohl bei dem Gedanken.“
„Glaubt mir, Cathrina. Es ist genau, wie sie sagte.“
„Was ist aus der jungen Frau geworden.“
Bodos Blick wurde traurig: „Einige Wochen später wurde sie
unter der großen Muttereiche erhängt.“
„Das ist ja entsetzlich!“, Cathrina war tief getroffen, „Sie hat davon
gewusst. Sie wusste, dass dies geschehen würde, deshalb war sie
bei Euch.“
„Ja, davon bin ich überzeugt.“, er stand auf.
„Ich muss jetzt wieder zurück an die Arbeit. Bitte nehmt sie und
passt gut auf sie auf. Sie sind jetzt in den richtigen Händen.“
Cathrina betrachtete ihre neuen Dolche: „Ich werde sie in Ehren
halten, was auch geschieht.“
„Das weiß ich. Und ich denke, das war genau, was sie wollte.“ Er
zögerte kurz: „Passt gut auf Euch auf.“
„Das werde ich.“
Er neigte den Kopf und verließ den Raum.
Cathrina wickelte das Bündel andächtig zusammen. Sie hatte sehr
viel nachzudenken.
„Ich weiß einfach nicht, was ich mitnehmen soll!“, Mia raufte sich
die Haare.
„Hilft Helembertus Euch nicht?“, Kite stand in der Tür und
beobachtete sie amüsiert.
„Er sollte schon längst hier sein. Ich bin verloren! Mir rennt die Zeit
davon!“
„Unsinn! Ihr habt noch jede Menge Zeit.“
„Ich habe das Glück dass sich meine Schwester um die Ausrüstung
und alles Weitere kümmert. Sonst hätte ich wirklich ein Problem.
Das Wichtigste ist mein Arzneikoffer. Ich habe schon Wundsalben,
Mullbinden, Tränke gegen Übelkeit und Schmerzen, außerdem
entzündungshemmendes Pulver dabei. Der Fiebertrank! Den hätte
ich doch beinah vergessen!“
Sie eilte an ihm vorbei und stieß dabei gegen den Tisch. Ein
paar der Gläschen wackelten bedächtig und Kite konnte eines
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