durchgeatmet hatte, klopfte sie an.
„Herein!“, die tiefe Stimme des Kommandanten war durch das
dicke Holz gut zu hören. Mia öffnete die Tür.
„Ihr habt meine Nachricht also bekommen. Gut. Tretet ein.“, sein
Blick blieb ausdruckslos und war weder freundlich noch feindselig.
Außer ihm befanden sich noch sieben weitere Männer im Raum
und einen erkannte Cathrina als Hawkes ersten Heerführer,
Kytschuld. Sie nickte ihm knapp zu und er erwiderte ihren Gruß.
„Wenn ich Euch kurz hier herüber bitten dürfte …“
Hawke ging etwas tiefer in den Raum hinein und blieb vor einem
langen Tisch stehen. Als sie näher trat, erkannte Cathrina eine
riesige Landkarte darauf.
„Also, machen wir es kurz. Gleich nach der Versammlung heute
Vormittag hat mich Helembertus, der Berater des Königs
aufgesucht.
Seine Majestät ist schwer krank, wie Ihr alle wisst. Laut
Helembertus geht es ihm immer schlechter. Seine Krankheit
übersteigt seine Fähigkeiten bei weitem. Helembertus sieht nur
noch eine Möglichkeit … Die schwarze Königin.“ Ein Raunen ging
durch die Menge.
„Die schwarze Königin? … Lillith?! Hat er den Verstand verloren?“,
rief einer der Männer aufgebracht. Hawke hob beschwichtigend die
Hände.
„Ruhig, Männer. Ich muss zugeben, dass auch meine erste Reaktion
ganz ähnlich ausfiel. Doch er könnte Recht haben. Lillith verfügt
über ungeahnte Zauberkraft und ist im Besitz großen Wissens. Nur
sie wäre vielleicht in der Lage seine Majestät noch zu retten.“
„Und wie kommt Ihr darauf? Sie ist eine Hexe! Verbannt in den
hohen Turm von Ribeon! Warum sollte ausgerechnet sie uns helfen
wollen?“, Kytschuld sah Hawke eindringlich an.
„Indem wir ihr die Freiheit schenken.“ Stille.
„Pff.“, machte einer der Soldaten, an dessen Name sich Cathrina
nur vage erinnern konnte.
„Als ob sie so dumm wäre, sich darauf einzulassen.“
„Wenn sie es nicht tut, müssen wir sie dazu zwingen. Das Leben
unseres Königs hängt davon ab.“ Kytschuld betrachtete die Karte
näher.
„Lillith ist nur eines unserer vielen Probleme. Ribeon liegt auf der
anderen Seite der Karte. Wir sind hier unten. Wir werden Wochen
unterwegs sein und die Reise wird alles andere als einfach.“
„Das stimmt. Deswegen muss sie gut geplant sein.“
Cathrina ließ den Blick durch die Runde wandern. Sie sah die
Zweifel in jedem einzelnen Gesicht. Und selbst Hawke schien sich
seiner Sache nicht allzu sicher. Aber er war entschlossen, das
konnte sie in seinem Blick sehen.
„Das einfachste wird sein, wenn wir nach Osten ziehen. In Kolkath
könnten wir auf Widerstand stoßen, darum wird es einfacher sein,
wenn wir direkt nach Lu’yasa reiten. Mit etwas Glück lässt uns
Mutter Benedicta unsere Vorräte aufstocken, bevor wir durch die
Lyriumwüste weiter nach Norden reisen …“
„Ihr wollt wirklich durch die Lyriumwüste ziehen?“
„Uns bleibt kaum eine andere Möglichkeit.“, er tippte mit den
Finger auf die Karte und zeichnete den Weg nach: „Hoch oben im
Norden ist nichts weiter außer Stein und Fels. Das könnte ewig
dauern und ist nicht unbedingt ungefährlicher als Bashima.“
Dem konnte niemand widersprechen. Aus diesem Grund waren
Catálash und Ribeon so unantastbar. Sie waren durch riesige
Gebirge oder tödliche Wüste wunderbar geschützt.
„In Catálash bekommen wir vielleicht noch einmal die Möglichkeit
ein wenig zu verschnaufen. Und selbst wenn nicht, da gibt es
unzählige Wälder, also Hunger droht uns dort nicht.“
Die Männer nickten, sie alle folgten Hawkes Beschreibung. Mochte
ihnen diese Vorstellung noch so widerstreben, sie alle werden
ihrem Kommandant ohne Murren folgen. Sie eingeschlossen.
„Wie kommen wir über den toten Fluss? Gerüchten zufolge kann
ihn niemand überqueren.“
„Ich weiß es noch nicht. Darüber mache ich mir Gedanken wenn es
soweit ist.“, Hawke richtete sich vollständig auf, „Männer, ich weiß
das wird eine harte und gefährliche Reise. In den Wäldern gibt es
Kannibalen und einen Haufen anderer Krimineller. Bashima ist
riesig und wird schwer zu überwinden sein. Doch genau aus diesem
Grund habe ich Euch ausgewählt. Ihr seid meine besten Männer
und ich würde Euch nicht etwas zumuten, von dem ich nicht
überzeugt wäre, dass Ihr es meistern werdet. Ich verlasse mich auf
Euch. Das Leben unseres Herrschers hängt davon ab. Wir tun es für
das Land, das wir lieben und ich erwarte, dass jeder Einzelne von
Euch bis an seine Grenzen geht …“
„Verzeiht, Ser. Aber ich verstehe nicht genau, was ich hier soll.“,
Mias Stimme klang fast schüchtern, als sie sich so direkt an den
großen Krieger wandte. Sein Blick wurde freundlich als er sie nun
ansah.
„Ihr, Melissa DuPuis, seid die fähigste Heilerin nach Helembertus in
ganz Ascardia und wahrscheinlich sogar in ganz Kalides. Wir
könnten Eure Fähigkeiten mit Sicherheit gut gebrauchen.“
„Aber ich bin keine Kriegerin …“
„Glaubt mir, ich würde Euch nicht solchen Gefahren aussetzen,
wenn ich nicht überzeugt wäre Euch beschützen zu können.“
Bei diesen Worten stieg Mia die Röte ins Gesicht: „Ich glaube Ihr
überschätzt mich.“
„Wenn man Helembertus Glauben schenken mag, untertreibe ich
sogar noch. Wir werden eure Heilkünste brauchen. Da bin ich
sicher. Und außerdem …“, nun fixierte er Cathrina, „Bin ich sicher,
dass Eure Schwester eher sterben würde, als dass sie zulässt, dass
Euch etwas zustößt. Habe ich nicht recht?“
„Das habt Ihr, Ser!“, Cathrina hielt seinem durchdringenden Blick
stand.
„Ihr würdet uns also einen großen Dienst erweisen, wenn Ihr uns
begleitet.“, Mia nickte und er wandte sich wieder an alle.
„Jeder von Euch hat den morgigen Tag dienstfrei. Ich erwarte von
jedem Einzelnen von Euch, dass er die freie Zeit nutzt, um sich auf
die Reise vorzubereiten. Kontrolliert Eure Waffen, die Pferde und
nehmt nur das Nötigste mit. Wir reiten übermorgen, bevor die
Sonnen aufgehen, los. Ihr könnt gehen.“
Ein einziger Tag stellte sich schon sehr bald als viel zu kurz
heraus, um sich auf solch eine
Expedition vorzubereiten.
Cathrina hatte äußerst schlecht geschlafen. Immer wieder war sie
aufgeschreckt.
Bald war sie einfach aufgestanden. Schlaf würde sie in dieser Nacht
wohl keinen mehr finden. Bis zum Sonnenaufgang waren es noch
mehrere Stunden. Als sie hinunter ins Wohnzimmer kam,
entdeckte sie Mia, die in einem der Sessel saß und
gedankenverloren ins Feuer starrte.
„Kannst du auch nicht schlafen?“
Sie fuhr erschrocken hoch und die Decke in der sie eingehüllt war
verrutschte: „Himmel noch mal, Cathrina!“, rief sie vorwurfsvoll,
„Was tust du zu dieser späten Stunde hier unten?“
Cathrina schnaubte verächtlich. War ja nicht so, als dass Mia zwei
Jahre jünger als sie selbst war und es eigentlich an ihr gewesen
wäre diese Frage zu stellen.
„Ich konnte nicht schlafen. Und wie es aussieht, stehe ich damit
wohl nicht alleine da.“
„Ich plane nur den morgigen Tag.“
„Hast du denn gar nicht geschlafen?“
„Ein wenig, aber nicht viel. Ich konnte keine Ruhe finden.“
„Ja, das ging mir genauso.“
„Es ist soviel zu erledigen. Soviel an das zu denken ist. Ich habe
Angst, dass ich etwas vergesse, etwas Wichtiges. Was ist, wenn ich
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