zu wenig Wundsalben mitnehme oder Mull und Bandagen? Und
was soll ich bloß von meiner Ausrüstung mitnehmen? Soll ich den
Mörser mitnehmen? Aber der ist sehr schwer … wenn ich ihn aber
nicht mitnehme, könnte ich ihn brauchen, falls ich plötzlich einen
Trank herstellen muss. Ohne ihn könnte ich mit den meisten der
Pflanzen gar nichts anfangen …“
„Langsam. Ganz ruhig. Mach dich nicht verrückt. Ich bin mir sicher,
dass dir Helembertus einige deiner Fragen beantworten kann und
dich sicherlich auch unterstützen wird. Er weiß bestimmt Rat. Ich
werde morgen früh mit Benedictus sprechen. Er muss
kontrollieren, ob mit den Beschlägen noch alles in Ordnung ist.
Und ob das Sattelzeug fehlerfrei und stabil ist. Und ich muss
Gerbodo aufsuchen. Er muss dringend meine Dolche schleifen.
Nimm nicht zu viel mit. Die Pferde werden das Meiste tragen. Aber
spätestens, wenn wir in Ribeon sind, werden wir den Großteil der
Strecke zu Fuß zurücklegen müssen. Dort ist es einfach zu
gefährlich.“
„Hast du Angst?“
Cathrina löste ihren Blick von den Flammen und sah Mia an.
„Diese Reise wird gefährlich. Es nützt nichts sich in dieser Hinsicht
etwas vorzumachen. Ich rechne nicht damit, dass wir es alle wieder
bis nach Hause schaffen.“
Sie konnte sehen, wie ihre Worte auf Mia wirkten. Doch ihre
Schwester war nicht dumm. Sicher waren ihr diese Gedanken auch
schon durch den Kopf gegangen. Cathrina sprach sie lediglich aus.
„Ob ich Angst habe? Nein. Wir werden mit den besten Männern,
die der König zu bieten hat, unterwegs sein. Eine größere
Überlebenschance werden wir kaum haben. Das heißt nicht, dass
ich unachtsam oder gar leichtsinnig sein werde.“
„Aber wieso schickt er nicht mehr Männer los? Wieso sind wir so
wenige?“
„Es ist nicht unsere Aufgabe die Entscheidungen des Königs in Frage
zu stellen.“
„Jetzt klingst du wie unser Vater.“
Bei ihren Worten verzog Cathrina angewidert das Gesicht: „Sag das
nicht! Der Tag an dem ich erkennen würde, dass ich so bin wie er,
wäre der, an dem ich mich freiwillig in ein Schwert stürze.“
„Cathrina! Sag doch bitte nicht so etwas! Das ist grauenvoll!“
„Aber es entspricht der Wahrheit.“
„Ich kann dich beruhigen. Du könntest niemals sein wie er.“
„Ich vermute, dass seine Majestät die Entscheidung, wie viele
Männer gehen sollen, Hawke überlassen hat.“
„Aber ist es denn nicht leichtsinnig mit so wenigen loszuziehen?“
„Wenn es mehr wären, könnte das Aufsehen erregen. Und es
würde gleichzeitig auch viel länger dauern bis wir unser Ziel
erreichen. Außerdem wäre es eine zusätzliche Gefahr für Ascardia.“
„Das stimmt wohl.“
„Mehr Männer bedeuten nicht automatisch mehr Sicherheit.“
„Wahrscheinlich hast du Recht.“
„Ich möchte dich nur um eines bitten, Melissa.“
„Nenn mich nicht so!“
„Ganz egal, was Hawke dir sagt, du wirst ihm Folge leisten. Ohne
Widerworte! Selbst, wenn das bedeuten sollte, dass du mich zurück
lassen musst.“
„Vergiss es!“
„Mia, ich meine das Ernst! Du bist auf dieser Reise das Wichtigste!“
„Mach dich nicht lächerlich!“
„Sei nicht so starrköpfig und hör mir zu! Wir haben neun Krieger!
Aber wir haben nur eine Heilerin dabei! Du bist wichtiger als ich
und deine Sicherheit hat oberste Priorität! Also versprich es mir!“
„Das will ich aber nicht! Ich werde keinen Schritt ohne dich
machen!“
„Als ob ich es unseren Gegnern leicht machen würde! Also, bitte
versprich es mir.“
„Wenn es sein muss …“
„Es muss. Und jetzt geh schlafen. Wir haben morgen viel zu tun.“
„Seid Ihr Euch sicher, dass es eine gute Idee war, dem zu
zustimmen?“
Der Mann, der im Sessel saß, blickte nachdenklich in sein Weinglas.
Langsam schwenkte er es umher und die rubinrote Flüssigkeit
drohte über den Rand zu schwappen. Er wirkte unkonzentriert und
weit entfernt. So hatte ihn sein Freund noch niemals gesehen.
„Ich habe alles versucht, ihn davon abzubringen. Doch sein
Entschluss stand fest. Ich konnte ihn nicht davon abbringen. Er
wäre misstrauisch geworden, wenn ich zu lange auf ihn
eingewirkt hätte. Er ist nicht dumm.“
„Aber was ist, wenn er überlebt? Was ist wenn er Ribeon
tatsächlich erreicht.“
„Das ist ziemlich unwahrscheinlich. Und falls doch, ist da immer
noch Lillith.“
„Sie lebt in Gefangenschaft und das schon seit Jahren! Was hätte
sie zu verlieren? Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie auf den
Handel, den er ihr bieten wird, eingeht.“
„Das spielt keine Rolle. Sie kann den Turm nicht verlassen.“
„Aber muss sie das überhaupt? Ihr Wissen ist zu groß. Sie könnte
ihm zuviel erzählen und dann wäre alles verloren!“
„Ruhig, ruhig mein junger Freund. Ich glaube ihr unterschätzt
meine Fähigkeiten gewaltig. Macht Euch um Hawke keine
Gedanken, er wird schon bald keine Gefahr mehr sein. Dafür
werde ich sorgen. Er wird nicht lebend nach Ascardia zurückkehren,
das versichere ich Euch.“
„Aber was ist mit den Mädchen?“
„Wäre es Euch lieber, wenn sie überleben?“
„Das liegt nicht in meiner Hand.“, der Jüngere zuckte unbeteiligt die
Schultern.
„Das ist wahr. Aber wenn ihr mich bittet, überdenke ich meine
Entscheidung vielleicht noch mal.“
„Das ist großzügig von Euch, aber Ihr seid ein großer Mann und ich
werde meine Bitten nicht für solche Nichtigkeiten vergeuden.“
Der Mann im Sessel bleckte die Zähne bei diesen Worten. Er hatte
nichts anderes erwartet. Also hob er sein Glas: „Dann soll es so
sein!“
Mharen stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch und war
auch nicht weit davon entfernt in Tränen auszubrechen.
„Ihr macht doch Witze? Das kann doch wohl nicht Euer Ernst sein!
Ser Vanellus hat mir heute Morgen davon erzählt, ich dachte
wirklich, er nimmt mich auf den Arm.“
Sicher, dachte Cathrina, weil mein Vater ja auch der humorvollste
Mann in ganz Ascardia ist. Seit sie denken konnte, hatte sie ihren
Vater noch niemals lächeln sehen, geschweige denn, dass er mal
einen Scherz gemacht hätte.
„Wir brechen morgen in aller Frühe auf. Bitte bereitet alles vor.“
„Aber um Himmels willen, Cathrina. Bitte überdenkt Eure
Entscheidung noch mal!“
„Es war der Wunsch seiner Majestät. Da gibt es nichts zu
überdenken.“
Cathrina wandte sich ab. Ihr lagen solche Gefühlsausbrüche nicht
und sie konnte damit auch nicht viel anfangen.
Sie ging hinaus, um mit Benedictus alles Weitere zu besprechen
und fand ihn bei den Ställen.
„Guten Morgen, Miss DuPuis.“
„Morgen Benedictus. Meine Schwester und ich werden morgen zu
einer ziemlich langen Expedition aufbrechen. Es ist wichtig, dass
Alcantara und Pollux in guter Verfassung sind. Kontrolliert die Eisen
und das Zaumzeug. Es ist wichtig, dass sie die lange Reise
unbeschadet überstehen. Außerdem müssen sie vor
Sonnenaufgang bereit zum Aufbruch sein.“
Der junge Mann deutete eine Verbeugung an: „Sehr wohl, Miss.
Wird sofort erledigt.“
Nachdem sie das hinter sich gebracht hatte, verließ sie die Koppel.
Sie musste zu Gerbodo. Sie hatte zwei Paar Dolche bei sich, die er
unbedingt schleifen musste. Und bei dem Einen war das Heft
schon ganz abgerieben. Vielleicht konnte er da etwas machen.
Diese vier Messer waren eine wahre Schande. Schon mehrmals
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