entschlossenen Schrittes auf das graue Haus zu und hoffte somit
ihr jegliche Fluchtmöglichkeiten abzuschneiden.
„Möchtest du einen Tee?“
Cathrina wollte schon ablehnen, doch sie wollte keinesfalls
unhöflich erscheinen, also stimmte sie zu und folgte Cailan ins
Haus. Im Wohnzimmer war es zu warm und so setzten sie sich
auf die Bank vor dem Haus und hielten ihre dampfenden Becher in
den Händen.
Eine Weile sagte keiner ein Wort. Cathrina kam sich töricht vor.
„Wieso bist du hier, Cathrina?“, es war keine unhöfliche Frage.
Cailan spielte lediglich auf die Tatsache an ,dass sie für gewöhnlich
Wichtigeres zu tun hatte, als zu so früher Stunde grundlos bei ihrer
Schwester vorbeizuschauen.
„Ehrlich gesagt, weiß ich es auch nicht.“
„Hm.“, machte Cailan und nahm einen Schluck von seinem heißen
Tee. Ihr war bewusst dass er ihr nicht glaubte.
„Ich kann es nicht beschreiben. Ich meine, ich war wie jeden
Morgen auch oben am Hang und habe den Morgen genossen,
doch aus irgendeinem Grund war es anders als sonst. Ich fand
einfach keine Ruhe. Und dann dachte ich an die Zeit zurück, als
Leelu noch bei uns lebte und mir immer mit ihren Weisheiten in
den Ohren lag.“
Cailan gluckste amüsiert: „Ja das kann sie verdammt gut.“
„Richtig. Und sie wird dessen auch nie müde.“
„Ja das kann sie stundenlang.“
„Und wenn sie keine klugen Ratschläge verteilte, scheuchte sie
einen in der Gegend rum.“
Jetzt brach Cailan in schallendes Gelächter aus: „Oja! Das habe ich
auch schon miterleben dürfen.“, lachte er.
In diesem Moment kam Leelu. Sie runzelte ihre hellen,
wohlgeformten Augenbrauen und sah die beiden misstrauisch an.
„Was ist denn so lustig?“
Cathrina, die sich nur schwer das Lachen verbeißen konnte stand
auf: „Gar nichts. Ich kam nur zufällig hier vorbei und traf Cailan an.
Ich muss jetzt auch gehen. Hab Dank für den Tee.“
Cailan nickte ihr noch immer lächelnd zu.
Als Cathrina sich entfernte, konnte sie hören, wie Leelu ihren
Mann tadelte, weil er nicht auf der Jagd war, wo er um diese Uhrzeit schließlich hingehörte.
Cathrina konnte sich ein herzhaftes Lachen nicht verbeißen und
war sich vollkommen darüber im
Klaren, dass sie das junge Paar hören konnte.
Unerklärlicherweise hatte der kurze Besuch sie tatsächlich
aufgemuntert, obwohl sie ihre Schwester nicht wirklich hatte
sprechen können. Also machte sie sich auf den Heimweg, um sich
der unwirschen Mharen zu stellen, die mit Sicherheit schon in der
Küche stand und das Mittagessen vorbereite.
Sie konnte ihr nicht ewig entkommen, also stellte sie sich dieser
Tatsache lieber gleich.
Im Haus war es seltsam ruhig, als sie die Tür aufschob. Für einen
kurzen Augenblick dachte sie tatsächlich, dass niemand zu Hause
sei, als sie ein aufgebrachtes Kreischen und Gepolter aus der Küche
hörte. Schnell setzte sie sich in Bewegung, die Hand an ihrem
Waffengurt und stieß die Tür auf.
„Was geht denn hier vor?“, fragte sie aufgebracht, als sie Mharen
erkannte, die, mit einer riesigen Kelle bewaffnet nach einem
rostbraunen, großen Fellbündel schlug. Bei Cathrinas Worten
richtete sie sich auf.
„Also, auch wenn mir dieser Flohzirkus auf die Nerven geht, habe
ich dennoch nicht vor ihn zum Abendessen zu servieren.“
Cathrina runzelte verwirrt die Stirn, als sie Mharens Blick
bemerkte. Sie hatte nicht bemerkt wie sie den Dolch gezogen
hatte. Schnell steckte sie ihn zurück in die Scheide. Mharen
machten Waffen nervös. Mehr als einmal hatte sie sich bei ihrem
Vater beschwert, dass Cathrina es nicht einmal für nötig befand,
während des Essens auf ihren kostbaren Waffengurt zu verzichten.
Cathrina erwiderte daraufhin jedes Mal dasselbe: Das man
niemals vorsichtig genug sein könnte. Kriminelle kümmerten sich
nun mal nicht um solche Nichtigkeiten wie Essenszeiten oder
Bettruhe. Das war das oberste Gebot in ihrer Kompanie. Lass
niemals deine Waffen aus den Augen!
Mharen rümpfte daraufhin meist nur missbilligend die Nase und
murmelte dann oft so etwas, wie „paranoid“ und
„überempfindlich“. Cathrina stritt deswegen nicht mit ihr. Sollte
Mharen doch denken, was sie wollte, ihre Vorsicht hatte ihr schon
mehr als einmal das Leben gerettet.
„Also, was ist nun?! Macht Ihr Euch nun nützlich oder nicht!“, es
war keine Frage. Cathrina seufzte frustriert und ging um den
Küchentisch herum.
„Los, Arco. Raus hier!“, sie drückte die Hintertür weiter auf und
schob den großen, hässlichen Hund hinaus, „Du sollst Mharen
doch nicht immer ärgern, du weißt doch, wie sie ist.“
„Redet nicht so, als wäre ich nicht hier!“, wies sie Cathrina zurecht
und fuchtelte dabei bedrohlich mit ihrer Kelle, „Ich verstehe gar
nicht, was dieser blöde Köter immer hier will! In einen Moment ist
er noch nicht da, nur um mich im nächsten Augenblick zu Tode zu
erschrecken.“
„Das liegt daran, dass Ihr immer die Küchentür offen stehen lasst!
Man könnte meinen, Ihr wolltet ihn einladen.“
„Einladen? Macht Euch doch nicht lächerlich!“
Mharen konnte noch so ärgerlich tun, Cathrina wusste es besser.
Schon mehr als einmal hatte sie sie dabei beobachten können, wie
diese ein paar Essensreste vor die Tür stellte. Mharen liebte den
Hund, doch es war ihre Art, sich dauernd über ihn zu beschweren.
Niemand konnte genau sagen wie Arco zu ihnen gestoßen war. Er
war plötzlich einfach da. Ein kleines, hässliches Hundebaby. Die
Schwestern hegten die Hoffnung, dass er im Laufe der Jahre noch
hübscher werden würde. Dem war nicht so.
Arco gehörte irgendwie zu ihnen, auch wenn er kam und ging wie
es ihm beliebte. Cathrina würde etwas fehlen, wenn er einmal nicht
mehr da wäre.
Manchmal begleitete er sie auf ihren Streifzügen und saß dann mit
heraushängender Zunge neben ihr im Gras und wartete geduldig
darauf, dass sie ihm die Hälfte von ihren Broten überließ, was sie
auch immer tat.
„Ist Mia schon weg?“
„Ja. Sie hat heute die Verantwortung im Institut, da Helembertus
der Versammlung beiwohnt. Sie erzählte etwas von der letzten
Stufe eines Trankes, der angeblich die Denkfähigkeit eines
Menschen erheblich steigern würde.“
„Ah richtig. Davon hat sie mir gestern Abend erzählt.“
„Alles Humbug, wenn Ihr mich fragt. Wenn ein Mensch einfach nur
dumm ist kann, er einen ganzen Kessel von diesem Gesöff saufen
und er würde dennoch nicht klüger davon!“
„Also Mharen! Bitte etwas mehr Vertrauen in die Fähigkeiten
meiner Schwester! Ich bin sicher, Mia weiß schon, was sie da tut.“
„Ich meine ja nur …“
„Helembertus würde ihre Zeit sicher nicht mit irgendwelchen
Nichtigkeiten vergeuden.“
„Ja, das stimmt wohl.“
„Mia meinte außerdem, dass der Trank lediglich die Konzentration
und die Leistung des Gedächtnisses erhöht. Nicht, dass man davon
intelligenter wird. Wo nichts ist, kann auch nichts erhöht werden.“
Das brachte Mharen zum Schmunzeln: „Da habt Ihr wohl recht,
mein Kind.“
Cathrina verzog das Gesicht. Wieder diese Floskel. Sie hasste es, so
genannt zu werden, auch wenn sie wusste, dass es Mia und selbst
Leelu nicht anders erging. Sie war kein Kind mehr und begegnete
den Menschen am liebsten auf Augenhöhe. Sie wollte nicht
heruntergestuft werden, nur weil sie jünger war.
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