Der kleine Trupp aus Syphora stürmte indes auf die Fünf und die wenigen Wächter auf der Mauer zu, die sich einige Schritte weit zurückzogen.
„Wir müssen runter in die Stadt!“, rief Soaktan. „Hier oben können wir uns nicht gegen sie verteidigen.“
Ein Trok schoss mit zwei Bögen gleichzeitig jeweils einen Pfeil ab. Lukdan konnte eines der Geschosse abwehren, das andere traf einen der Wächter auf der Mauer. Dieser sank zu Boden. Mittlerweile landete ein weiterer Vogel auf dem Wehrgang und lud noch mehr Krieger ab, diesmal jedoch auf der anderen Seite, sodass sie nun von zwei jeweils ungefähr vierzig Mann starken Truppen umzingelt waren. Somit wurde ihnen auch der Weg von der Mauer herunter abgeschnitten. Entsetzt registrierte Tado, dass die übergroßen geflügelten Wesen nun überall in der Stadt landeten und immer mehr Krieger an den verschiedensten Orten absetzten. Es blieb ihm nicht vergönnt, dieses schreckliche Spektakel weiterhin zu beobachten, er musste sich eines Troks erwehren, der ihn mit vier Schwertern zugleich attackierte. Trotz seiner geringen Größe von nur etwas mehr als einem Meter, vermochte das Wesen Tado ernsthaft zuzusetzen, und er wich Schritt für Schritt zurück, bis er schließlich einen Sprung zur Seite machte (und dabei gefährlich nah an den Rand der etwa fünf Meter breiten Mauer gelangte), sodass er den Angreifer mit einem gezielten Schlag außer Gefecht setzen konnte.
Giful verschoss derweil seine Pfeile so schnell, dass er immer wieder die in den Leibern der gefallenen Troks steckenden Geschosse an sich nehmen musste. Er kämpfte zusammen mit Soaktan und zwei weiteren Wächtern auf der einen Seite, während Lukdan und Tado die Feinde auf der anderen übernahmen. Yala war derweil damit beschäftigt, sich von keinem verirrten Geschoss treffen zu lassen, und schaffte es schließlich, den Bogen eines toten Kriegers aus Syphora an sich zu bringen, sodass auch sie die anderen unterstützen konnte.
Tado erinnerte sich, je länger der Kampf dauerte, immer besser an den Unterricht im Schwertkampf, den er bei Mégotark erhalten hatte, sodass er es tatsächlich fertig brachte, nicht bereits nach wenigen Minuten zu sterben, sondern sich recht erfolgreich gegen die wenigen Gegner, die sich nicht auf Lukdan stürzten, zur Wehr zu setzten. Gerade parierte er den Schlag eines Kriegers aus Syphora und trat ihm gegen das Knie, sodass dieser für einen Moment zurückwich. Auf diese Weise verschaffte sich Tado Zeit, um unter den Hieben der Schwerter zweier anderer Angreifer hindurchzutauchen und einen von beiden mit einem heftigen Schlag seines Säbels über den Rand der Mauer in die Stadt hinunter zu werfen.
Über Lukdans Kampf ließ sich nur wenig sagen. Tado sah kaum etwas durch all die schwarz gekleideten Feinde, aber er hörte beinahe ununterbrochen das Klingen von Metall auf Metall, als sich der beste Krieger Akhoums gegen acht Gegner zur gleichen Zeit zur Wehr setzte und einen nach dem anderen ausschaltete. Nur jene Troks, die einen Bogen und zwei Schwerter zur gleichen Zeit führten, bereiteten ihm Probleme, vermutlich zum einen wegen ihrer geringen Größe, zum anderen wegen ihrer exzellent koordinierten Bewegungen, denn sie vermochten beide Klingen meisterhaft zu führen, während sie zur gleichen Zeit zielgerichtet Pfeile verschossen. Wenn sie nur ein wenig mehr Kraft besäßen, müssten es nahezu unbesiegbare Soldaten sein.
Zu den Angreifern, mit denen sich Tado konfrontiert sah, gesellte sich nun auch ein Trok hinzu. Er trug neben drei Schwertern auch eine Fackel, die er nun warf, sodass Tado Feuer fing. Natürlich war es nicht die feuerfeste Kleidung Mégotarks, die sich entzündete, sondern der mittlerweile getrocknete Schlamm aus den Sümpfen von Sekhan, der noch immer an ihm haftete. Die Flammen versprühten eine extreme Hitze, und während Tado verzweifelt versuchte, sie zu löschen, hieben die Krieger aus Syphora weiter auf ihn ein, zwangen ihn schließlich zu Boden, wo er mit einer Seitwärtsrolle zunächst das Feuer erstickte; dennoch würde er unterliegen. Dieser Übermacht konnte er nichts entgegensetzen. Einer der Krieger, gegen die Lukdan kämpfte, flog plötzlich mit einer solchen Wucht in die Soldaten, die Tado bedrohten, hinein, dass alle drei über den Rand der Mauer fielen. Es blieb ihm ein Rätsel, wie ein normaler Mensch die Kraft aufbringen konnte, um solch eine Attacke auszuführen, aber vermutlich war Lukdan gar kein normaler Mensch. Inzwischen näherten sich einige Wächter den Kämpfenden, und gemeinsam konnten sie die gewaltige Übermacht besiegen, allerdings nicht, ohne die Aufmerksamkeit einer weiteren Truppe aus Syphora auf sich zu ziehen. Doch die Krieger aus Akhoum, die, im Gegensatz zu den Wächtern, die sie hier herauf gebracht hatten, noch lebten, zogen in diesem Fall eine Flucht vor, und so folgten Tado und Yala den Dreien von dem Wehrgang hinunter in die Stadt. An einigen Stellen brannte es. Vielfach trafen sie auf die Leichen gefallener Soldaten, sowohl aus Syphora als auch aus Akhoum. Mehrere Male hinderten sie Troks dabei, in ein Wohnhaus einzudringen, und schließlich erreichten sie den großen Platz im Zentrum der Stadt. Mehrere hundert Krieger kämpften hier, und Tado erblickte auch die gepanzerten Kreaturen, die vorhin die Katapulte beluden. Im vagen Licht der Fackeln einiger Verteidiger und den lodernden Flammen brennender Gebäude konnte er jedoch nur undeutliche Umrisse erkennen. Sie schleuderten die Soldaten Akhoums in die Luft und wüteten verheerend unter den Verteidigern, denen es gerade gelang, eines der Ungeheuer mit etlichen Pfeilen niederzuringen.
Die Fünf hatten jedoch keine Zeit, um in das Geschehen einzugreifen, denn ihre Aufgabe bestand nach wie vor darin, den Schild, den Soaktan übrigens nach wie vor auch zur Verteidigung nutzte, zu Uris zu bringen. Sich bewusst werdend, dass ihnen noch immer einige Dutzend Krieger aus Syphora folgten, bogen sie in eine schmale Nebengasse ab, von der aus sie die breite Hauptstraße sehen konnten, die zum Tor führte. Zumindest sollte sie das. Doch wo vorher noch zwei gigantische metallene, schier unzerstörbare Flügel den Blick aus der Stadt heraus verwehrten, klaffte nun ein großes Loch. Ein Teil der umliegenden Mauer war sogar eingestürzt. Eine der beiden Torhälften stand noch immer, halb aus ihrer Verankerung herausgerissen, würde aber wohl bald mit einem gewaltigen Krachen in die nahegelegenen Gebäude stürzen. Und selbst aus der Ferne konnte Tado sehen, welch grausame Maschine diese Zerstörung angerichtet hatte. Es handelte sich um einen Belagerungsturm, weitaus höher als die Mauer selbst. Auf der Vorderseite befanden sich drei etwa vier Meter breite Öffnungen, in jede war ein schwerer Rammbock aus silbrig glänzendem Material eingelassen, der mit nur einem einzigen Stoß wohl ohne Weiteres ein ganzes Haus einzureißen vermochte. Tado fragte sich, wie die Armee aus Syphora dieses gewaltige Ding den ganzen Weg hierher geschleppt hatte, es musste etliche Tonnen wiegen. Vielleicht wurde es aber auch erst vor Ort zusammengebaut, wahrscheinlich von den großen gepanzerter Wesen, die den Turm in diesem Moment über eine Vorrichtung aus Baumstämmen in die Stadt zog. Es musste Platz für hunderte Menschen bieten, die im Innern gut geschützt Pfeile auf die Verteidiger abfeuern konnten. Wenn sie dieses Gerät nicht stoppten, würde schon sehr bald nicht mehr viel von Akhoum übrig sein.
Im Moment vermochten sie jedoch nichts zu unternehmen, und als sie die Gasse durchquerten, standen sie plötzlich einigen Männern aus Syphora gegenüber, allesamt mit jeweils zwei Äxten bewaffnet. Die Pfeile Gifuls und Yalas vermochten sie leicht abzublocken, und das schien ersteren, sowie auch Soaktan und Lukdan sehr zu beunruhigen. Offensichtlich waren diese Gegner keine gewöhnlichen Soldaten. Dennoch machten sie zunächst keine Anstalten, die Fünf anzugreifen, sondern musterten sie eine Zeitlang, vielleicht, um ihre Kampfkraft einzuschätzen.
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