1 ...8 9 10 12 13 14 ...33 „Wie es aussieht, stecken die Tümpelschlinger und Syphora unter einer Decke“, sagte Giful. „Vielleicht hatten sie die Hundertschaft hierher geschickt, um Waffen zu kaufen. Da wir jetzt aber aufgetaucht sind, wollen sie uns vermutlich töten. Anhand des hohen Preises, den wir den Tümpelschlingern gezahlt haben, können sie sich wohl denken, dass unser Auftrag für Akhoum von großer Wichtigkeit ist und daher werden sie versuchen, uns mit allen Mitteln aufzuhalten. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit, die Hundertschaft wird bald hier eintreffen und das Gebiet umstellen. Wir müssen vorher entkommen.“
Von ihrem jetzigen Standort aus konnte Tado beobachten, wie einige Krieger aus Syphora das nahe Dickicht durchstreiften. Auch Ekson und Umdeu verließen in diesem Moment die einsame Hütte. Ein paar Sumpfspinnen seilten sich von der wabernden Decke ab und liefen auf die zwei zu. Die Tümpelschlinger beugten sich zu ihnen hinunter und verharrten so einige Zeit. Ab und zu blickten sie auf und sahen direkt in Richtung des derzeitigen Verstecks der kleinen Gruppe.
„Wie es aussieht, können die Tümpelschlinger mit Sumpfspinnen sprechen“, stellte Soaktan überrascht fest. „Wir haben sie wohl unterschätzt. Unsere Lage ist aussichtsloser, als ich angenommen hatte.“
„Trefflich formuliert“, bestätigte Lukdan. „Auf diese Weise erfahren sie alles, was sich in ihrem Reich abspielt. Wir können nirgendwo hingehen, ohne dass sie es bemerken. Gleichzeitig nähert sich der Spinnenteppich über uns immer weiter dem Boden an. In kurzer Zeit werden unsere Innereien zu Brei zersetzt werden. Außerdem hat uns Syphora bald umzingelt. Ich sehe ehrlich gesagt keine Möglichkeit, hier noch lebend herauszukommen.“
„Können wir das Nest nicht einfach niederbrennen?“, fragte Yala.
Lukdan antwortete nicht, doch er entzündete mit einiger Mühe einen halbwegs trockenen Zweig und warf ihn hinauf in das weiße Gespinst. Er verfing sich dort und die Tiere darin wichen angstvoll zurück, doch die Flammen vermochten die Fäden nicht in Brand zu stecken.
Tado sah sich um. Sumpfspinnen schienen Schlingpflanzen zu meiden, denn im Gegensatz zu den übrigen Bäumen war ihr derzeitiges Versteck nicht von Spinnenestern umgeben. Dieses Wissen half ihm im Moment nur leider nicht weiter. Ekson und Umdeu hatten inzwischen die Späher Syphoras zu sich gerufen. Ein Dutzend der Krieger stand nun in unmittelbarer Nähe zu den Fünf. Als sie schließlich auf das Versteck aus Schlingpflanzen zusteuerten, verließ die kleine Gruppe es in entgegengesetzter Richtung und rannte zurück zum Dorf der Tümpelschlinger. Ihre Feinde bemerkten sie jedoch und nahmen sogleich die Verfolgung auf. Das riesige Gespinst der Sumpfspinnen war mittlerweile nur noch etwa dreieinhalb Meter vom morastigen Boden entfernt. Nicht mehr lange, und sie würden gebückt weitergehen müssen.
„Wir können sie bestechen“, sagte Yala plötzlich, als sie an einem der sonderbaren, trichterförmigen Häuser ankamen und die Späher ihre Spur für einen Moment verloren zu haben schienen.
„Syphoras Soldaten sind unbestechlich“, entgegnete Lukdan, als hätte sie etwas furchtbar Dummes gesagt.
„Ich rede nicht von Syphora. Aber du hast gesagt, dass Tümpelschlinger sehr geldgierig sind. Wir könnten einen von ihnen überzeugen, uns einen Weg aus ihrem Dorf zu zeigen, sodass wir der Hundertschaft entgehen.“
Da dieser Vorschlag zumindest eine theoretische Möglichkeit darstellte, aus dieser misslichen Lage zu entkommen, beschlossen sie, es zumindest zu versuchen. Die Krieger Syphoras gelangten soeben an den Rand des Dorfes und entdeckten sie sofort. Ihre Zahl schien gewachsen zu sein.
„Solange wir sie aufhalten, musst du einen Tümpelschlinger finden, der bereit ist, uns zu helfen“, sagte Lukdan zu Yala, während er einem Pfeil auswich. Er warf ihr einen weiteren Beutel voller Münzen zu. Tado fragte sich, woher er all das Geld hatte.
„Lass dich nicht hinters Licht führen. Die Tümpelschlinger sind verräterische Geschöpfe.“
Sie entfernte sich hastig, während die anderen den Kampf mit der Hundertschaft aufnahmen. Tado gelang es, sich etwas abseits zu postieren, sodass er sich höchstens zwei Gegnern gleichzeitig erwehren musste. Der Säbel, den er noch immer als Waffe benutzte, leistete recht gute Dienste. Zwar gelang es ihm zunächst nicht, auch nur einen der Krieger zu verletzen, doch ließen sich die Schläge, mit denen er eingedeckt wurde, recht einfach parieren. Ein Pfeil Gifuls bewahrte ihn davor, von einem Speer eines Tümpelschlingers durchbohrt zu werden. Als er endlich einen der Krieger Syphoras entwaffnen konnte, stürzte er von einem Tritt in den Rücken zu Boden, rollte sich reflexartig zur Seite und entging einem mit Sicherheit tödlichen Stich eines anderen Soldaten der Hundertschaft, dessen Waffe daraufhin für kurze Zeit im zähflüssigen Schlamm feststeckte, sodass Tado ihm seinen eigenen Säbel in den Oberschenkel rammen konnte, was den Angreifer ebenfalls zu Boden sinken ließ. Der entwaffnete Krieger hatte hingegen sein gekrümmtes Schwert wiedererlangt und führte einen kraftvollen Hieb aus, den der noch immer am Boden Liegende nur schwer parieren konnte. Beide Klingen prallten mit immenser Wucht aufeinander und verblieben in dieser Stellung, denn der Soldat aus Syphora schien Tado nicht verletzen zu wollen, stattdessen hielt er ihn in Schach, während sich sein am Bein verwundeter Kamerad langsam wieder aufrichtete, um seinerseits den Gnadenstoß auszuführen. In diesem Moment nahten einige Sumpfspinnen heran, offensichtlich in freudiger Erwartung auf den baldigen Tod Tados. Ein Exemplar setzte sich auf seinen Schuh, und er bewegte diesen daraufhin mit enormer Geschwindigkeit in Richtung des Kriegers, der noch immer den Säbel mit seiner eigenen Waffe in Schach hielt, und die Spinne flog mitten in dessen Gesicht, sodass er nicht nur gebissen wurde und einen großen Schreck erlitt, sondern auch für einen Moment den Druck auf sein Schwert lockerte, sodass Tado sich endlich befreien konnte und mit einer schnellen Bewegung wieder aufstand. Er entging auf diese Weise nun zum dritten Mal einer tödlichen Attacke, denn der am Bein verletzte Krieger stach auch dieses Mal ins Leere; und er nutzte die Gelegenheit, um sich diesem Gegner zu entledigen, indem er ihm den Bauch durchbohrte. Der Spinnenbiss, den der verbliebene Krieger hatte erleiden müssen, schien ihn zu großem Zorn angestachelt zu haben, und seine Schläge waren erfüllt von immenser Kraft und wären vermutlich in der Lage, Tado zu zerteilen. Doch es fehlte ihnen an Genauigkeit, und so konnte er auch den zweiten Krieger niederringen, und als dieser nach seinem Tod in den Morast fiel, begrub er einige Sumpfspinnen unter sich.
Yala war derweil in eines der Häuser eingedrungen, und sie wusste nun, warum sie keine Decke besaßen. Das Spinnennest, nun bereits so tief über dem Boden, dass sie gebückt gehen musste, hatte sich tatsächlich ins Innere des einstöckigen Gebäudes vorgearbeitet. Sie entdeckte einen Tümpelschlinger hinter etwas, das wie ein sechsbeiniger Stuhl aussah. Er war mit einem Speer bewaffnet, jedoch von sehr schmächtiger Statur, sodass sie ihn verhältnismäßig leicht entwaffnen konnte und nun ihrerseits den Dolch auf ihn richtete. Als sie ihm den Beutel voller Münzen zeigte, bedurfte es in der Tat nur weniger Worte, um ihn davon zu überzeugen, sie aus dem Sumpf herauszuführen. Und wäre Tado bei ihr gewesen, so hätte sie diesen Zeitpunkt wohl für ihre Flucht genutzt, doch da sie nicht allein gehen wollte, sah sie sich gezwungen, zu dem Schlachtfeld zurückzukehren, auf dem die Hundertschaft mittlerweile gebückt gegen die Krieger aus Akhoum kämpfte. Giful bemerkte sie zuerst, und mit einem lauten Befehl zogen sich die anderen zu ihm zurück, während er mit einigen Pfeilen die Krieger Syphoras auf Distanz hielt. Tado entging wachsamen Auges einem silbernen Bolzen, der offensichtlich von Chischs Armbrust stammte und daraufhin Lukdans Oberarm streifte. Giful rächte diese Wunde ihres Anführers mit dem Tod des Tümpelschlingers.
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