Schlagartig fiel mir ein, woher ich unsere Vermieter kannte. Herr und Frau Müller, eine wunderbare Harmonie ausstrahlendes Paar, nicht ohne sich ständig dabei neckend, waren auf meinem Wohnbereich, wo ich als Pfleger arbeitete. Sie wurden regelmäßig von einem anderen Paar besucht. Ja, das waren diese Beiden. Ich hatte Müllers schon mal gefragt, wer sie denn immer besuchte. "Unsere ehemaligen Nachbarn und gleichzeitig besten Freunde." war die Antwort von ihnen mit einem freudigen Lächeln.
"Ah, jetzt fällt es Ihnen ein, nicht wahr?" sagte Herr Mosig, erneut mit einem schelmischen Lächeln speziell mir zugewandt. "Anna und Herbert schwärmen immer von Ihnen. Sie schätzen es, dass Sie immer freundlich und meist mit einer Portion Humor versehen, sie pflegen und helfen den Alltag zu meistern. Vor einiger Zeit erzählten sie uns von ihrem Problem, eine gemeinsame Wohnung zu finden. Da kam uns beiden der Gedanke, wir könnten doch etwas von dem Glück, das wir damals hatten, zurückzugeben."
"Scheinbar verbrauchst Du den Großteil Deines Humors bei Deinen Bewohnern. Ich bekomme dann nur noch den kümmerlichen Rest davon." warf Christine mit gespielten Ärger ein.
Jetzt mussten wir alle lachen. Das Eis war endgültig gebrochen. Wir kamen überein, den Mietvertrag gleich zu unterzeichnen, Zeit zum Überlegen brauchten wir bei diesem "Schlösschen" und vor allem solchen Vermietern wirklich nicht. Dieser wirklich "nette" Makler hatte den Vertrag schon fertig ausgefüllt dabei. Es fehlten nur noch unsere Unterschriften. Aber auch dieser Punkt war nach 2 Minuten Dauerlächeln unsererseits erledigt.
"Anscheinend bist Du wirklich ein guter Altenpfleger. Wenn wir so etwas wegen Deiner freundlichen Art in der Arbeit bekommen, dann darfst Du ruhig weiter Deinen Humor dort versprühen, mit einer Bedingung: Ich bekomme genauso viel auch zu Hause davon! Und denk' auch an das, was Dir im Schlafzimmer durch den Kopf ging, das fordere ich ebenfalls ein." Erneut wurde herzhaft gelacht.
Aber sie hatte ja recht, manchmal war ich zu ernst, wenn wir beieinander waren. Ich nahm mir vor, daran zu arbeiten und nicht alles zu ernst zu nehmen, die andere Forderung würde ich bei so einer Frau ohne große Probleme verwirklichen können.
4 Wochen später war Einzugstermin, Nachmieter hatten wir ohne große Probleme für unsere bisherigen Wohnungen schnell gefunden, 2-Zimmer-Wohnungen zu einen moderaten Mietpreis waren mehr als begehrt. Jeder hatte seine Wohnung liebgewonnen und die damit einhergehende Unabhängigkeit von einen anderen war damit auch Vergangenheit. Jeder von uns stellte sich natürlich auch die Frage "Wird es funktionieren und würden wir unsere bisherige Liebe mit in eine gemeinsame Wohnung nehmen? Oder würde der Alltag, der sich damit einstellt, diese langsam zerstören?"
Als wir kurz vor dem Umzug, schon jede Wohnung mit gefüllten Kartons vollgestellt (Hatte jeder von uns wirklich so viele Sachen im Laufe der Zeit angesammelt?) in ihrer Wohnung eine kurze Verschnaufpause beim Ausräumen einlegten und bei einen Kaffee am Küchentisch saßen, ergriff ich die Initiative. Ich wollte ihr meine Ängste anvertrauen und sagte: "Ich würde gerne mal mit Dir über unsere Zukunft reden." "Ja, ich wollte das auch gerade ansprechen und ich glaube, dir geht es genauso wie mir. Du fragst Dich, was aus uns beiden wird, sind wir erst mal zusammengezogen. Du hast auch die Angst, der Alltag wird diesen Zauber langsam verfliegen lassen."
"Ja, genau dies geht mir immer mehr durch den Kopf. Manches Mal habe ich das Gefühl, es geht alles zu schnell bei uns und es könnte schief gehen."
Plötzlich hatte sie ein Lächeln im Gesicht, entwaffnend und liebevoll zugleich. "Jetzt weiß ich, dass es gut gehen wird und weißt Du warum? Wenn wir beide dies verspüren, dann sind wir auch bereit alles dafür zu tun, dass dies nicht eintrifft. Und es liegt doch in unseren Händen diesen "Zauber" zu erhalten. Wenn wir in einem Jahr zurückblicken, werden wir auch an diesen Moment denken und feststellen, dass unsere Ängste vollkommen überflüssig waren, weil es noch schöner kam, als es jetzt schon ist."
Woher nahm diese Frau nur diese Kraft, aus Zweifeln etwas Positives zu machen? Sie steckte mich damit an, so dass ich nicht anders konnte als es genauso zu sehen.
Ja, warum sollten wir dies nicht können, unser gemeinsames Leben weiterhin mit diesen "Zauber" zu erfüllen und nicht nur jetzt glücklich zu sein, sondern auch noch in 10, 20, 30 Jahren oder gar länger?
In diesen Moment spürte ich mehr denn je, wir gehen auf eine lange gemeinsame Reise, die für uns viele Überraschungen bereithält, viele schön und belebend wie ein warmer Luftzug in der Kälte, aber auch jene, die man meistern muss, um nur noch gefestigter daraus hervorzugehen. Ja, es lag allein in unseren Händen, was wir aus dieser Zukunft machen würden und mit dieser Frau konnte es nur "magisch" werden. Wie dieser Abend und die Nacht weiter verliefen, überlasse ich der Phantasie eines jeden selbst.
Der Umzug am Wochenende war kurzweilig und problemlos. Einziges Problem war, welch ein Luxus, 16 Leute sinnvoll einzusetzen und beschäftigen, so dass sie sich nicht gegenseitig auf die Füße traten.
Der Großteil unserer Freunde hatte sich sofort und ohne von uns gefragt zu werden, angeboten zu helfen.
Gott sei Dank hatten Rolf und Olli die Einteilung der Arbeiten und Gruppen vorgenommen, zudem wussten sie doch genau, wie alles angeschlossen, zusammengebaut und befestigt wird als technisch beschlagene Hobbyhandwerker. Wir drei waren schon seit der Schulzeit beste Freunde gewesen.
Ich wurde von all dem ausgeschlossen und sollte mit Christine nur sagen, wo was hingehöre. „Mit Deinen zwei linken Händen als Hilfe müssen wir mehr reparieren als zusammenbauen.“ war beider, nicht ganz unzutreffende Meinung.
Gott sei Dank hatten wir die restlichen Helfer schon vorab in 2 Gruppen eingeteilt, die einen von der Frühe weg, die anderen ab Mittag.
Dies führte dazu, das erstere Gruppe die anderen nur so mit guten Ratschlägen überschüttete, was aber der Stimmung letztlich keinen Abbruch tat. Am späten Abend war alles dort, wo es nach unserer Vorstellung sein sollte, einschließlich dem Einräumen von Schränken und Kommoden, was aber wir beide allein vornahmen, sie allerdings unter Mithilfe von Tina (die dabei versuchte, ihrer Mutter noch das eine oder andere Teil abzuschwatzen) bei der Ausgestaltung ihres Kleiderschrankes, der wo wohl stand? Richtig, in diesen Zimmer, welches sie ja schon bei der Besichtigung nur zu gerne haben wollte.
Was hätte ich auch mit einem Ankleidezimmer wollen? So hatte sie genügend Platz, auch um die Schränke wieder langsam aufzufüllen mit neuen Kleidungsstücken. Egal, es war ihr kleines Reich. Irgendwie hatte dort sogar noch eine Nähmaschine ihren Platz gefunden.
Als wir anschließend noch den Einzug feierten, war auch ihr Bruder Stefan, unsere verbliebenen Elternteile und Kids gekommen, so wurde aus späten Abend ein früher Morgen.
Unsere Vermieter, hatten sich nicht nehmen lassen ebenfalls zu helfen. Frau Mosig hatte gar zwei Schweinebraten und jede Menge Knödel für alle zubereitet. Sie waren die letzten, die diese Feier verließen. Angemerkt sei, Herr Mosig verstand es wie kaum ein anderer mit seinem trocknen Humor und schelmischen Augenzwinkern die Stimmung hochzuhalten, dabei immer ein Glas Rotwein in der Hand, zwischendurch auch mit meiner Exfrau Marion und anderen Frauen schäkernd. Seiner Frau entlockte dies nur ein Lächeln.
Rücksicht auf die Nachtruhe mussten wir dieses glücklichen Umstandes wegen ja auch nicht nehmen.
Müde, zu erschöpft das neue Bett gebührend einzuweihen, waren wir trotzdem glücklich. Der Umzug war ohne Probleme verlaufen, fast alles dort, wo wir es uns vorgestellt hatten und mit der Feststellung, dass wir Freunde hatten, die sich nicht nur so nannten, sondern es auch waren.
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