Kurt Tucholsky - Das Lächeln der Mona Lisa

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Jeder interpretiert dieses Lächeln der Mona Lisa anders. Es könnte glücklich, traurig, allwissend, überheblich oder ironisch sein. Leonardo malte bei Personendarstellungen öfters ein die Lippen umspielendes Lächeln. Die heilige Anna lächelt, Johannes der Täufer ist mit einem Lächeln dargestellt und auch bei Lucrezia Borgia scheint ein feines Lächeln zu sehen zu sein. Doch keine dieser Personen lächelt so wie die Mona Lisa.

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Kurt Tucholsky DAS LÄCHELN DER MONA LISA

FÜR GEORGES COURTELINE

VON

PETER PANTER

THEOBALD TIGER

IGNAZ WROBEL

KASPAR HAUSER

Il ne faut pas rire tant qu’on n’est qu’à l’extérieur des choses, mais il faut d’abord y entrer. Il faut rire du milieu des choses. Plus clairement, je ne ris pas de toute politique, car il peut en être de belle que j’ignore, mais je ris des hommes politiques que je connais, et de la politique qu’ils font sous mes yeux. Que le rire soit, non pas frivole, mais sérieux et intérieur, et d’une philosophie consciente! On n’a le droit de rire des larmes que si l’on a pleuré.

Avant que de rire des grands hommes, il faut savoir les aimer de toute son âme.

L’ironie est la pudeur de l’humanité.

Jule Renard (Journal 1896)

Das Lächeln der Mona Lisa

Ich kann den Blick nicht von dir wenden.

Denn über deinem Mann vom Dienst

hängst du mit sanft verschränkten Händen

und grienst.

Du bist berühmt wie jener Turm von Pisa,

dein Lächeln gilt für Ironie.

Ja … warum lacht die Mona Lisa?

Lacht sie über uns, wegen uns, trotz uns, mit uns, gegen uns –

oder wie –?

Du lehrst uns still, was zu geschehn hat.

Weil uns dein Bildnis, Lieschen, zeigt:

Wer viel von dieser Welt gesehn hat –

der lächelt,

legt die Hände auf den Bauch

und schweigt.

WARUM LÄCHELT DIE MONA LISA? WEIL SIE HITKINSONS VERDAUUNGSPASTILLEN EINGENOMMEN HAT UND SO VON IHRER LÄSTIGEN VERSTOPFUNG FÜR IMMER BEFREIT IST! WOLLEN SIE AUCH LÄCHELN? DANN ...

Amerikanisches Inserat

Inhaltsverzeichnis

M wie: MITROPA, SCHLAFWAGEN M wie: MITROPA, SCHLAFWAGEN „In einem richtigen Schlafwagen haben nicht nur die Schaffner Dienst, sondern auch die Fahrgäste.“ Deutscher Verwaltungsgrundsatz

Morgens um acht

Abends nach sechs

„’n Augenblick mal –!“

Was wäre, wenn …

Briefe an einen Fuchsmajor

Anmerkungen (Wikisource)

Wie benehme ich mich als Mörder?

Die Heinrich und der Zivilist

Unart der Richter

Gesicht

Die kleinen Parlamente

Persönlich

Der Mann mit der Mappe

Berliner Geschäfte

Die Laternenanzünder

Die Glaubenssätze der Bourgeoisie

Das Menschliche

Was soll er denn einmal werden –?

Anmerkungen (Wikisource)

O wie: Ozean der Schmerzen

Der Preußenhimmel

Am Grabe von Hans Paasche

Justitia schwooft!

Der Sadist der Landwehr

Die Kartoffeln

Der Telegrammblock

Anmerkungen (Wikisource)

Dienstunterricht für den Infanteristen

Vision

Dänische Felder

Nebenan

DIE FLECKE

Der letzte Ruf

N wie: Nabelschau

A wie: An preußischen Kaminen

Bei Stadtzauberers

LITERATUR, THEATER UND ETWAS MUSIK

Konjugation in deutscher Sprache

Der neue Kürschner

Brief an den Staatsanwalt

Das

Richard Alexander

Die beiden Höflichs

Coda: Die Stimme der Höflich

Demetrios

Pariser Chansonniers

Mauricet

Otto Reutter

Amerikanischer Abend

Der Bühnendiener

Alte Schauspielerbilder

Der Darmstädter Armleuchter

I. Als Gottes Atem leiser ging

II. Le Comique Voyageur

Der Bär tanzt

I wie: Iphofen, Paris und die umliegenden kleinen Dörfer

Museum Carnavalet

Bunte Gläser

Der Sultan im Theater

Clément Vautel

Die Einsamen

Riviera

Es ist heiß in Hamburg

Durchaus unpassende Geschichten

Das Wirtshaus im Spessart

S wie SAUERSÜSS

Kochrezepte

Der Löw’ ist los –!

Geheimnisse des Harems

Die Familie

Man sollte mal …

Die Unpolitische

Gallettiana

Taschen-Notizkalender

Das Sprachwunder

Drei Biographien

I.

II.

III.

Wiederkäuer

Mein Nachruf

Des deutschen Volkes Liederschatz

Werbekunst

Wo kommen die Löcher im Käse her–?

Der Pont de l’Alma fliegt in die Luft!

A wie: Alala - wer tommt denn da -?

Geheimnis

Sie schläft

Was ist im Innern einer Zwiebel?

Ehekrach

Es ist

Deine Welt

Der Mann am Spiegel

Berliner Herbst

Zwei Seelen

Duo, dreistimmig

Die Reihenfolge

All people on board!

Gebet des Zeitungslesers

Bei näherer Bekanntschaft

Träumerei auf einem Havelsee

Wenn die Igel in der Abendstunde

Sektion

Anmerkungen (Wikisource)

Apage, Josephine, apage–!

Anmerkungen (Wikisource)

Meine Flieger – deine Flieger

Saxo-Borussen

Ledebour

Ruhe und Ordnung

Der schlimmste Feind

Fragen an eine Arbeiterfrau

Was kosten die Soldaten?

Die Leibesfrucht

Unser Militär

Auf ein Soldatenbild

Der Graben

Beschluß und Erinnerung

Impressum

M wie: MITROPA, SCHLAFWAGEN

„In einem richtigen Schlafwagen haben nicht nur die Schaffner Dienst, sondern auch die Fahrgäste.“

Deutscher Verwaltungsgrundsatz

Morgens um acht

Neulich habe ich einen Hund gesehen – der ging ins Geschäft. Es war eine Art gestopfter Sofarolle, mit langen Felltroddeln als Behang, und er wackelte die Leipziger Straße zu Berlin herunter; ganz ernsthaft ging er da und sah nicht links noch rechts und beroch nichts, und etwas anderes tat er schon gar nicht. Er ging ganz zweifellos ins Geschäft.

Und wie hätte er das auch nicht tun sollen? Alle um ihn taten es.

Da rauschte der Strom der Insgeschäftgeher durch die Stadt. Morgen für Morgen taten sie so. Sie trotteten dahin, sie gingen zum Heiligsten, wo der Deutsche hat: zur Arbeit. Der Hund hatte da eigentlich nichts zu suchen – aber wenn auch er zur Arbeit ging, so sei er willkommen!

Es saßen zwei ernste Männer in der Bahn und sahen, rauchend, satt, rasiert und durchaus zufrieden, durch die Glasscheiben. Man wünscht sich in solchen Augenblicken ein Wunder herbei, etwa, daß dem Polizeisoldaten an der Ecke Luftballons aus dem Helm steigen, nur damit jene ein Mal Maul und Nase aufsperrten! Da fuhr die Bahn an einem Tennisplatz vorüber. Die güldene Sonne spielte auf den hellgelben Flächen – es war strahlendes Wetter, viel zu schön für Berlin. Und einer der ernsten Männer murrte: „Haben auch nichts zu tun, sehen Sie mal! Morgens um acht Uhr Tennis spielen! Sollten auch lieber ins Geschäft gehen –!“

Ja, das sollten sie. Denn für die Arbeit ist der Mensch auf der Welt, für die ernste Arbeit, die wo den ganzen Mann ausfüllt. Ob sie einen Sinn hat, ob sie schadet oder nützt, ob sie Vergnügen macht („Arbeet soll Vajniejen machen? Ihnen piekt er woll?“) –: das ist alles ganz gleich. Es muß eine Arbeit sein. Und man muß morgens hingehen können. Sonst hat das Leben keinen Zweck.

Und stockt einmal der ganze Betrieb, streiken die Eisenbahner oder ist gar Feiertag: dann sitzen sie herum und wissen nicht recht, was sie mit sich anfangen sollen. Drin ist nichts in ihnen, und draußen ist auch nichts: also was soll es? Es soll wohl gar nichts …

Und dann laufen sie umher wie Schüler, denen versehentlich eine Stunde ausgefallen ist – nach Hause gehen kann man nicht, und zum Spaßen ist man nicht aufgelegt … Sie dösen und warten. Auf den nächsten Arbeitstag. Daran, unter anderm, ist die deutsche Revolution gescheitert: sie hatten keine Zeit, Revolution zu machen, denn sie gingen ins Geschäft.

Wobei betont sein mag, daß man auch im Sport dösen kann, der augenblicklich wie das Kartenspiel betrieben wird: fein nach Regeln und hervorragend stumpfsinnig. Aber schließlich ist es immer noch besser, zu trainieren, als im schwarzen Talar Unfug zu treiben …

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