Kurt Tucholsky DAS LÄCHELN DER MONA LISA
FÜR GEORGES COURTELINE
VON
PETER PANTER
THEOBALD TIGER
IGNAZ WROBEL
KASPAR HAUSER
Il ne faut pas rire tant qu’on n’est qu’à l’extérieur des choses, mais il faut d’abord y entrer. Il faut rire du milieu des choses. Plus clairement, je ne ris pas de toute politique, car il peut en être de belle que j’ignore, mais je ris des hommes politiques que je connais, et de la politique qu’ils font sous mes yeux. Que le rire soit, non pas frivole, mais sérieux et intérieur, et d’une philosophie consciente! On n’a le droit de rire des larmes que si l’on a pleuré.
Avant que de rire des grands hommes, il faut savoir les aimer de toute son âme.
L’ironie est la pudeur de l’humanité.
Jule Renard (Journal 1896)
Das Lächeln der Mona Lisa
Ich kann den Blick nicht von dir wenden.
Denn über deinem Mann vom Dienst
hängst du mit sanft verschränkten Händen
und grienst.
Du bist berühmt wie jener Turm von Pisa,
dein Lächeln gilt für Ironie.
Ja … warum lacht die Mona Lisa?
Lacht sie über uns, wegen uns, trotz uns, mit uns, gegen uns –
oder wie –?
Du lehrst uns still, was zu geschehn hat.
Weil uns dein Bildnis, Lieschen, zeigt:
Wer viel von dieser Welt gesehn hat –
der lächelt,
legt die Hände auf den Bauch
und schweigt.
WARUM LÄCHELT DIE MONA LISA? WEIL SIE HITKINSONS VERDAUUNGSPASTILLEN EINGENOMMEN HAT UND SO VON IHRER LÄSTIGEN VERSTOPFUNG FÜR IMMER BEFREIT IST! WOLLEN SIE AUCH LÄCHELN? DANN ... |
Amerikanisches Inserat
Inhaltsverzeichnis
M wie: MITROPA, SCHLAFWAGEN M wie: MITROPA, SCHLAFWAGEN „In einem richtigen Schlafwagen haben nicht nur die Schaffner Dienst, sondern auch die Fahrgäste.“ Deutscher Verwaltungsgrundsatz
Morgens um acht
Abends nach sechs
„’n Augenblick mal –!“
Was wäre, wenn …
Briefe an einen Fuchsmajor
Anmerkungen (Wikisource)
Wie benehme ich mich als Mörder?
Die Heinrich und der Zivilist
Unart der Richter
Gesicht
Die kleinen Parlamente
Persönlich
Der Mann mit der Mappe
Berliner Geschäfte
Die Laternenanzünder
Die Glaubenssätze der Bourgeoisie
Das Menschliche
Was soll er denn einmal werden –?
Anmerkungen (Wikisource)
O wie: Ozean der Schmerzen
Der Preußenhimmel
Am Grabe von Hans Paasche
Justitia schwooft!
Der Sadist der Landwehr
Die Kartoffeln
Der Telegrammblock
Anmerkungen (Wikisource)
Dienstunterricht für den Infanteristen
Vision
Dänische Felder
Nebenan
DIE FLECKE
Der letzte Ruf
N wie: Nabelschau
A wie: An preußischen Kaminen
Bei Stadtzauberers
LITERATUR, THEATER UND ETWAS MUSIK
Konjugation in deutscher Sprache
Der neue Kürschner
Brief an den Staatsanwalt
Das
Richard Alexander
Die beiden Höflichs
Coda: Die Stimme der Höflich
Demetrios
Pariser Chansonniers
Mauricet
Otto Reutter
Amerikanischer Abend
Der Bühnendiener
Alte Schauspielerbilder
Der Darmstädter Armleuchter
I. Als Gottes Atem leiser ging
II. Le Comique Voyageur
Der Bär tanzt
I wie: Iphofen, Paris und die umliegenden kleinen Dörfer
Museum Carnavalet
Bunte Gläser
Der Sultan im Theater
Clément Vautel
Die Einsamen
Riviera
Es ist heiß in Hamburg
Durchaus unpassende Geschichten
Das Wirtshaus im Spessart
S wie SAUERSÜSS
Kochrezepte
Der Löw’ ist los –!
Geheimnisse des Harems
Die Familie
Man sollte mal …
Die Unpolitische
Gallettiana
Taschen-Notizkalender
Das Sprachwunder
Drei Biographien
I.
II.
III.
Wiederkäuer
Mein Nachruf
Des deutschen Volkes Liederschatz
Werbekunst
Wo kommen die Löcher im Käse her–?
Der Pont de l’Alma fliegt in die Luft!
A wie: Alala - wer tommt denn da -?
Geheimnis
Sie schläft
Was ist im Innern einer Zwiebel?
Ehekrach
Es ist
Deine Welt
Der Mann am Spiegel
Berliner Herbst
Zwei Seelen
Duo, dreistimmig
Die Reihenfolge
All people on board!
Gebet des Zeitungslesers
Bei näherer Bekanntschaft
Träumerei auf einem Havelsee
Wenn die Igel in der Abendstunde
Sektion
Anmerkungen (Wikisource)
Apage, Josephine, apage–!
Anmerkungen (Wikisource)
Meine Flieger – deine Flieger
Saxo-Borussen
Ledebour
Ruhe und Ordnung
Der schlimmste Feind
Fragen an eine Arbeiterfrau
Was kosten die Soldaten?
Die Leibesfrucht
Unser Militär
Auf ein Soldatenbild
Der Graben
Beschluß und Erinnerung
Impressum
M wie: MITROPA, SCHLAFWAGEN
„In einem richtigen Schlafwagen haben nicht nur die Schaffner Dienst, sondern auch die Fahrgäste.“
Deutscher Verwaltungsgrundsatz
Neulich habe ich einen Hund gesehen – der ging ins Geschäft. Es war eine Art gestopfter Sofarolle, mit langen Felltroddeln als Behang, und er wackelte die Leipziger Straße zu Berlin herunter; ganz ernsthaft ging er da und sah nicht links noch rechts und beroch nichts, und etwas anderes tat er schon gar nicht. Er ging ganz zweifellos ins Geschäft.
Und wie hätte er das auch nicht tun sollen? Alle um ihn taten es.
Da rauschte der Strom der Insgeschäftgeher durch die Stadt. Morgen für Morgen taten sie so. Sie trotteten dahin, sie gingen zum Heiligsten, wo der Deutsche hat: zur Arbeit. Der Hund hatte da eigentlich nichts zu suchen – aber wenn auch er zur Arbeit ging, so sei er willkommen!
Es saßen zwei ernste Männer in der Bahn und sahen, rauchend, satt, rasiert und durchaus zufrieden, durch die Glasscheiben. Man wünscht sich in solchen Augenblicken ein Wunder herbei, etwa, daß dem Polizeisoldaten an der Ecke Luftballons aus dem Helm steigen, nur damit jene ein Mal Maul und Nase aufsperrten! Da fuhr die Bahn an einem Tennisplatz vorüber. Die güldene Sonne spielte auf den hellgelben Flächen – es war strahlendes Wetter, viel zu schön für Berlin. Und einer der ernsten Männer murrte: „Haben auch nichts zu tun, sehen Sie mal! Morgens um acht Uhr Tennis spielen! Sollten auch lieber ins Geschäft gehen –!“
Ja, das sollten sie. Denn für die Arbeit ist der Mensch auf der Welt, für die ernste Arbeit, die wo den ganzen Mann ausfüllt. Ob sie einen Sinn hat, ob sie schadet oder nützt, ob sie Vergnügen macht („Arbeet soll Vajniejen machen? Ihnen piekt er woll?“) –: das ist alles ganz gleich. Es muß eine Arbeit sein. Und man muß morgens hingehen können. Sonst hat das Leben keinen Zweck.
Und stockt einmal der ganze Betrieb, streiken die Eisenbahner oder ist gar Feiertag: dann sitzen sie herum und wissen nicht recht, was sie mit sich anfangen sollen. Drin ist nichts in ihnen, und draußen ist auch nichts: also was soll es? Es soll wohl gar nichts …
Und dann laufen sie umher wie Schüler, denen versehentlich eine Stunde ausgefallen ist – nach Hause gehen kann man nicht, und zum Spaßen ist man nicht aufgelegt … Sie dösen und warten. Auf den nächsten Arbeitstag. Daran, unter anderm, ist die deutsche Revolution gescheitert: sie hatten keine Zeit, Revolution zu machen, denn sie gingen ins Geschäft.
Wobei betont sein mag, daß man auch im Sport dösen kann, der augenblicklich wie das Kartenspiel betrieben wird: fein nach Regeln und hervorragend stumpfsinnig. Aber schließlich ist es immer noch besser, zu trainieren, als im schwarzen Talar Unfug zu treiben …
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