1 ...7 8 9 11 12 13 ...17 Aus seinem Gesicht wich alle Farbe: „Das kann doch unmöglich Dein Ernst sein.“ Er setzte sich auf den benachbarten Stuhl. „Du kannst doch jetzt nicht nach Hause wollen?“
Sie sah ihn jedoch ernst an, stand auf und strich ihr Kleid glatt: „Glaub mir, es ist besser so.“
Er stand ebenfalls auf, nahm ihre Hand und sagte laut: „Bridget!“
Die wenigen Gäste drehten die Köpfe zu ihnen.
Nick erschrak und fuhr leiser fort: „Was soll denn das? Wir haben uns soeben geküsst und jetzt willst Du nach Hause?“
Sie nahm ihre Hand zurück und mit einer schwungvollen Umdrehung seines Jacketts zog sie es sich von den Schultern. Das zu tun tat ihr fast körperlich weh. Es zu tragen hatte sich angefühlt wie eine Umarmung von ihm. Es hatte sie nicht nur warm gehalten, es hatte sie auch eine Geborgenheit fühlen lassen, die sie bis dahin noch nicht gekannt hatte. Sie atmete schnell noch den Rest seines After Shaves ein, das von seinem Revers ausging, und gab es ihm dann zurück.
„Wie gesagt, es ist besser so.“ Sie lief so schnell sie in den Pumps elegant laufen konnte in Richtung Eingangstür. Die Tränen schossen ihr in die Augen und liefen ihr über die Wangen. Sie konnte kaum sehen, wohin sie ging.
Er holte sie kurz vor der Tür ein und hielt sie am Arm fest: „Bitte geh nicht.“
Sie blieb ruckartig stehen, wischte die Tränen mit dem Handrücken fort und drehte sich dann zu ihm um: „Bitte, Nick, Du verstehst das nicht, aber ich kann nicht bleiben. Was da eben passiert ist, war das Schönste, was ich je erlebt habe. Bitte lass es eine schöne Erinnerung bleiben und lass mich gehen.“
Jetzt war sein Kampfgeist geweckt. Er zog sie etwas abseits auf die Terrasse, wo niemand mehr saß und hielt sie an beiden Armen fest. „Was soll denn das jetzt? Eine Erinnerung, sagst Du? Ich dachte, das wäre ein Anfang.“
Sie schluchzte: „Es kann kein Anfang sein. Versteh das bitte.“
„Wie soll ich das denn verstehen? Willst Du es mir nicht wenigstens erklären?“
„Ich kann es Dir nicht erklären. Aber glaube mir, Du wirst mir dafür dankbar sein.“
Jetzt wurde er ärgerlich. „Wofür dankbar? Dass Du jetzt gehst? Ich werde Dir alles andere als dankbar dafür sein.“
Sie sah zur Seite und holte tief Luft.
Er fragte: „Du bist doch verheiratet?“ Er ließ sie los. „Wenn es das ist, fahre ich Dich sofort nach Hause. Wenn nicht, dann nenn mir den Grund. Wir schaffen ihn aus der Welt. Zusammen können wir das.“
Es aus der Welt schaffen. Wenn er das sagte, könnte man es fast glauben. Sie schluckte, dann sagte sie mit belegter Stimme: „Ich bin nicht verheiratet.“ Sie senkte den Kopf und fuhr leiser fort: „Aber so gut wie.“ Sie holte tief Luft und sagte lauter: „Es ist kompliziert.“
Nick erstarrte: „Was soll das heißen?“
Sie sah ihn flehentlich an. Er sah die Tränen in ihren Augen, aber jetzt würde er nicht locker lassen. „Ich kann Dir nicht mehr darüber sagen. Bitte begreif das doch endlich. Es ist das Beste, wenn wir uns hier trennen, und zwar für uns beide.“
„Sag mir nicht, was das Beste für mich ist. Jedenfalls nicht, dass Du jetzt gehst, und das ohne Erklärung. Ich will wissen, was der Grund für Dein Handeln ist.“
Sie wurde jetzt böse. Warum konnte er sich nicht zufrieden geben. Er konnte doch jede Frau haben. Was wollte er ausgerechnet von ihr? Sie kannten sich doch kaum. Doch sie wusste, warum. Ihr ging es genauso. Sie wollte ihn und doch konnte sie nicht nachgeben. Er spürte ihren Zwiespalt, wie sie mit sich kämpfte. Die Tränen in ihren Augen straften ihre Worte Lügen. Sie hatte sich genauso in ihn verliebt, wie er sich in sie. Warum nur, hatte sie das zugelassen? Er jedenfalls würde nicht so schnell aufgeben. Sie lief einige Schritte auf der Terrasse hin und her und rieb sich dabei die Hände.
Nick entschied sich für Angriff: „Liebst Du ihn?“
„Wen?“
„Na denjenigen, mit dem Du fast verheiratet bist.“
Sie blieb stehen und sah ihn an: „Warum willst Du das wissen?“
Er zuckte mit den Schultern. „Neugier.“
Was sollte das jetzt? Wollte er Zeit gewinnen? Es war schon in den frühen Morgenstunden. Simmons war sicher in Alarmbereitschaft. Er würde bestimmt nach ihr suchen. Vielleicht hatte er auch schon Meldung nach Hause gemacht. Nein, es durfte nicht sein. Ihre Gedanken rasten in ihrem Kopf. „Das geht Dich nichts an.“
Er trat auf sie zu, nahm ihre rechte Hand in seine beiden Hände, sah darauf und sagte sehr sanft: „Doch, ich glaube, das geht mich etwas an. Ich liebe Dich nämlich.“ Und nach einer kurzen Pause „Und Du mich.“
Er sah ihr in die Augen. Sie hielt seinem Blick nur kurz stand. Ihr liefen die Tränen über die Wangen. Sie drehte den Kopf zur Seite. „Du kennst mich doch gar nicht.“
„Wenn man den Menschen gefunden hat, der für einen die Welt bedeutet, muss man ihn dann kennen?“ Nick holte ein Taschentuch aus seiner Hosentasche und wischte ihr die Tränen weg. „Oder habe ich nicht Recht?“
Er zog sie an sich und senkte langsam seinen Lippen auf ihre. Zuerst legte er sie nur sanft darauf, dann wurde es ein richtiger Kuss. Sie ließ ihn gewähren. Sie hatte kaum noch Kraft, Widerstand zu leisten. Es wurde ein leidenschaftlicher Kuss, dann fast zornig. Sie war froh, dass er das tat, und gleichzeitig nahm sie es ihm übel. Wie konnte er sie nur so quälen? Sie umarmte ihn, presste ihren Körper an seinen, als wolle sie mit ihm verschmelzen. Er hielt sie fest, als wollte er sie nie wieder los lassen. Dann, als sie den Kuss beendet hatten, hielten sie sich noch einen Moment umschlungen. Sie nahm den letzten Rest von Selbstbeherrschung zusammen.
„Ja, Du hast Recht.“ sagte sie, riss sich von ihm los und rannte in das Gebäude.
„Bridget!“ Er rief ihr nach, aber sie war schon im Haus verschwunden.
Er zögerte kurz, dann nahm er seine Jacke vom Stuhl und ging ihr nach. So wie es aussah, liebte sie ihn, wollte ihnen aber trotzdem keine Chance geben. Warum nur? Was sollte er jetzt tun?
16.
Bridget lief einfach den Flur entlang. Sie kannte sich hier nicht aus. Wo waren ihr Cape und ihre Tasche? Nach ihrer Erinnerung hatte sie beides am Tisch, an dem sie gegessen hatten, liegen lassen. Sie versuchte sich zu orientieren. Die Bar war links von ihr. Sie bog nach rechts und plötzlich stand sie vor dem Raum. Sie sah ihre Sachen noch auf dem Stuhl liegen. Bridget ging hinein, legte sich das Cape um, nahm ihre Tasche und kehrte zurück auf den Flur. Sie schlug die Richtung ein, von der sie annahm, dass sie zur Rezeption führte. Auf dem Weg kam sie an einer Damentoilette vorbei. Sie betrat den elegant eingerichteten Waschraum und stellte sich vor das Waschbecken. Sie stützte sich mit beiden Händen auf den Holztisch, auf dem das Waschbecken stand, sah sich im Spiegel an und heulte drauflos. Wie hatte sie es nur soweit kommen lassen können? Hätte sie die Einladung doch wieder ausgeschlagen. Sie hätte sich und ihm viel Schmerz erspart. Na warte Juliet, du kannst was erleben. Von wegen lebe, bevor es zu spät ist. Wenn sich leben so anfühlte, konnte sie gerne darauf verzichten.
Die Tür ging auf und eine Dame kam herein. Sie lächelte Bridget kurz an und ging dann weiter in den Raum mit den Kabinen. Bridget riss sich zusammen, nahm eines der zusammengerollten Tücher aus dem bereitgestellten Korb und trocknete ihre Tränen. Sie richtete ihre Haare etwas und frischte das Make up auf. Es war nicht einfach. Sie hatte zu viel geweint. Das konnte sie nicht ganz verdecken, doch sie tat, was sie konnte. Als sie mit dem Ergebnis einigermaßen zufrieden war, verließ sie den Waschraum und ging in die Richtung, in der sie die Rezeption vermutete.
Dort wartete Nick bereits. Als sie ihn sah, bog sie vor ihm ab. Sie wollte nicht mehr mit ihm sprechen. Konnte es nicht. Sie konnte schon seinen Anblick kaum ertragen.
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