1 ...7 8 9 11 12 13 ...16 Uns war er auf jeden Fall eine grosse (und uneigennützige) Hilfe und ich begann langsam ihn mit anderen Augen anzusehen. Mir missfiel zwar seine grosse Schnauze und sein wichtiges Getue aber mir schien auch, dass er ein ganz patenter Kerl sei. Immer wieder pochte er auf unsere Freundschaft, zeigte mit dem Daumen auf seine hässliche Narbe an der Stirn und meinte dann, dass so etwas verbindend wirke.
Offiziell gab er den Schmiss als Zeichen seiner Zugehörigkeit zu einer schlagenden Burschenschaft aus und rankte dann irgendwelche verrückte Geschichte um sein „Duell“.
Manchmal kam er mit Freunden in die Kneipe oder sie besuchten mich in meiner Wohnung.
Mit diesen Typen hingegen hatte ich immer grosse Mühe, vor allen zwei waren da, Freddy und Armin, scheinbar Brüder, denn sie glichen sich sehr. Beide hatten schmale Augenschlitze, kurze Nasen über einem kleinen schmalen Mund voller kleiner Zähne. „Frettchengesichter“ nannte ich sie.
Sie waren zwei feige Hunde, die sich auf jede erdenkliche Art bei mir einschleimen wollten, vor allem mit Bewunderung und Verehrung. Die widerlichen Kerle krochen förmlich vor mir im Dreck und wollten meine Füsse lecken. Aber wer sie waren, woher sie kamen und was sie machten, blieb mir immer ein Rätsel.
Sie kamen meist zu dritt, also mit Hugo, kurz vor der Sperrstunde um elf Uhr nachts. tranken noch ein Bier und einen Schnaps (oder zwei) und warteten, bis mein Dienst als Kellner zu Ende war. Sie verliessen dann das Lokal, weil ich sie dazu auffordert und warteten draussen auf der Strasse bis ich kam, denn ich wollte nicht, dass jemand beim Abrechnen dabei war, vor allem Leute dieser Gattung.
Das letzte Aufräumen nach dem Abrechnen besorgte Maria.
Die drei folgten mir dann in meine Wohnung und man quatschte noch eine Weile über dies und das bei einem Glas Grappa und dann verzogen sich die Gäste, unheimliche Gäste, die irgendetwas im Schilde zu führen schienen.
Eines Tages kam ich vom Stadtpark her an die Hinterseite der Kantonalbank und sah, dass ein Geldtransport angekommen war. Ich beobachtete die Szene einen Moment lang und war entsetzt mit welcher Unbefangenheit, ja sträflichen Liederlichkeit die Geldkoffern angeliefert wurden.
Der Fahrer hatte das Auto verlassen und war ins Innere der Bank verschwunden, der Beifahrer schloss die Hintertüre des Lieferwagens auf, ging dann zur Bank, wo sich eine kleine Stahltüre öffnete, dann kam er zum Auto zurück holte zwei Geldkoffern und schob sie durch die Schaltertüre, dann holte er noch eine dicke Ledermappe und verschwand damit in der Bank. Die Szene irritierte mich. Waren diese Leute blöd oder leichtsinnig oder alles zusammen? Wieviel Geld mochte in den Koffern gewesen sein?
Woher kam dieses Geld und wozu wurde es zur Bank gebracht? Lohngelder vielleicht, da morgen in vielen Betrieben Zahltag war und damals gab es noch Bargeld in der Lohntüte, je nach Beruf, ein bis zweimal monatlich.
Arglos und leichtsinnig erzählte ich meine Beobachtung am Abend meinen Gästen. Ich bemerkte nicht, dass die beiden Frettchen Armin und Freddy sich Blicke zuwarfen und mir gespannt zuhörten. Als ich den Espresso auf den Tisch stellte meinte Hugo, dass man sich jetzt einen Raubüberfall vorstellen könnte als Kinderspiel sozusagen, aber da wären tausend Kleinigkeiten an die man nicht denke, die den Raub verunmöglichten.
Man müsste halt alles genauestens planen, beobachten ohne selber aufzufallen, dann eine Skizze erstellen (ich holte ein Stück Papier) und dann den Ablauf x-mal durchspielen mit allen Möglichkeiten, eventuellen Hindernissen und unvorhersehbaren Zwischenfällen.
Auf dem Papier planten wir nun den perfekten, idiotensicheren Bankraub und amüsierten uns dabei köstlich. Sogar den Abgang, mit den zwei gefesselten Kurieren im Auto, dem Wechsel des Autos an der Fussgängerbrücke über die Töss und dem Verstecken der Beute bis man die Geschichte vergessen hatte, alles wurde geplant und von den Anwesenden als gut befunden.
Bevor die Gäste aufbrachen zerknüllte ich noch das Papier mit dem Planspiel und warf es vor den Ofen.
Einem traumlosen Schlaf folgte ein schweres Erwachen und ein ungutes Gefühl.
Das zerknüllte Papier vor dem Ofen war verschwunden.
Unklar erinnerte ich mich an den gestrigen Abend, aber mir schwante Böses.
Die folgende Zeit liessen sich die drei nicht mehr blicken und ich atmete auf.
Es kamen nun andere Probleme auf mich zu, die mich die „Verschwörung“ vergessen liessen.
Meine Beziehung zu Josefine wurde immer enger und intensiver und wir machten kein Geheimnis mehr draus. Wir teilten in der Schule sogar die gleiche Bank, obschon Barbara mir davon abgeraten hatte, denn man solle keine schlafenden Hunde wecken … (war sie eifersüchtig?)
Wenn niemand im Haus war, kam Josy manchmal in meine Wohnung zum Üben, es ergab sich auch hie und da, dass sie bei mir übernachtete. Manchmal half sie mir in der Gaststube und manchmal war sie bei Maria in der Küche und lernte italienisch kochen. Das Essen sei das Wichtigste in der Ehe, erklärte die Wirtin, vor allem das gute Essen, denn der Mann, er möge ein noch so wilder Herumtreiber sein, so habe er von Zeit zu Zeit Hunger und dann kehre er immer wieder an die heimischen Kochtöpfe zurück, wenn das Essen gut sei.
Josys Eltern verboten ihrer Tochter den Umgang mit mir und drohten mir, mich zu verklagen, weil Josy noch minderjährig sei. Wir überlegten ob wir heiraten könnten, auch gegen den Willen ihrer Eltern, da wurde Josy schwanger. Wir freuten uns und waren glücklich, aber das Unwetter, das nun über uns hereinbrach war gewaltig. Josy wurde sofort von der Schule verwiesen, kurz vor der Matura, erstens wegen unzüchtigen Verhaltens und zweitens hatten ihr alle Lehrer eine ungenügende Note erteilt, auch in Mathe, obschon sie in allen Fächern eine gute Schülerin gewesen war. Dann wurde sie in einer Polizeiaktion bei mir abgeholt, damit sie in ein Heim für gefallene Mädchen eingewiesen werden konnte. Leider war ich in jenem Moment nicht zugegen und als ich nach Hause kam, erzählte mir Maria heulend vom schrecklichen Vorgang.
Auf dem Tisch lag eine polizeiliche Vorladung für mich.
Ich fuhr nun zu Josys Eltern um die Herausgabe meiner Verlobten zu fordern, aber die hatte man schon weggebracht. Der Vater stand vor der Türe, in Boxerstellung wie mir schien und als ich ihm friedlich die Hand reichen wollte, knallte seine Faust auf mein linkes Auge. Ich blieb ruhig stehen, atmete tief durch und im nächsten Augenblick lag er bewusstlos auf dem Boden. Karate.
Am folgenden Morgen holte mich die Polizei aus der Klasse heraus und brachte mich zum Posten.
Zum sexuellen Missbrauch einer Minderjährigen hatte sich nun noch die Beschädigung ihres Papas gesellt und der Polizeichef meinte, da käme was auf mich zu, ich müsse mich auf eine Gefängnisstrafe gefasst machen.
Nun wurde ein Rapport aufgenommen. Dass ich den Alten k.o. geschlagen hatte gab ich freimütig zu, denn ich hätte aus Notwehr gehandelt. Die Gegenpartei behauptete nun, dass ich den ersten Schlag ausgeführt habe. Ich wollte nun wissen, wie ich zu meinem Veilchen gekommen sei, nachdem ich den Gegner mit dem ersten Schlag auf die Matte gelegt hatte, und „ausgezählt“ fügte ich noch hinzu.
Ich erwog, ob ich meinerseits den Gegner verklagen solle, weil er mich ins Gesicht geschlagen hatte, aber der Beamte riet mir davon ab und empfahl mir, die Schlägerei für eventuelle weitere Verfahren als Trumpfkarte im Ärmel zu behalten.
Man behielt mich zwei Tage in Untersuchungshaft und liess mich dann wieder laufen bis zur Gerichtsverhandlung.
Zuhause fand ich ein Schreiben der Schulleitung, dass man sich gezwungen sehe mich, angesichts der Umstände vom Unterricht auszuschliessen. Über meine eventuelle Wegweisung vom Institut werde das Lehrerkollegium nächste Woche entscheiden.
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