Klaus D. Schulz-Vobach
Träume nicht dein Leben - lebe deinen Traum!
Der Buddha weist den Weg
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Klaus D. Schulz-Vobach Träume nicht dein Leben - lebe deinen Traum! Der Buddha weist den Weg Dieses ebook wurde erstellt bei
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Impressum neobooks
Mit meinem Geist kann ich die Welt bewegen
Der Vollmond leuchtet so hell, dass die Mönche die Scheinwerfer abgeschaltet haben. Der große Buddha auf dem Berg schimmert jetzt bläulich. Sein Lächeln wirkt ein wenig spöttisch. Aber das muss wohl eine Täuschung sein. Denn der Erleuchtete kennt nur Weisheit und Güte.
Die winzigen Wellen, die sich auf dem See kräuseln, vom letzten Regenguss noch feuchte Blätter, der löchrige Asphalt mit den vielen welken Blüten, die von den Bäumen gefallen sind – alles glänzt und glitzert im Mondschein.
Das fahle Licht fällt auch durch das winzige Fenster eines Badezimmers in einem Vorort der kleinen Stadt. Vor dem fleckigen, alten Spiegel über dem Waschbecken steht Rivikamantha Sri Karunarathne und sieht sich in die Augen.
‚Hässlich’, denkt er. ‚Warum bin ich so hässlich – selbst in der Nacht?’ Aber in seinen großen, dunklen Augen brennt Energie. ‚Der Geist ist alles,’ glaubt er. Und laut sagt er zu sich selbst:
"Mit meinem Geist kann ich die Welt bewegen!"
Er starrt und starrt, sein rundes, plumpes Gesicht verschwimmt, das viel zu harte, dichte Haar, die große Nase mit den breiten Flügeln, die wulstigen Lippen, die nicht lächeln können, erscheinen konturenlos. Nur die Augen unter den buschigen Brauen leuchten stechend scharf. Die Augen sehen sich im Spiegel in die Augen.
Es kostet so viel Energie! Schweiß perlt über seine Schläfen, und im Nacken sträuben sich kleine Härchen. Die Hände zittern, ballen sich zu Fäusten. Ein Ruck geht durch den ganzen Körper. Und dann ist es geschafft. Mit einem leisen Klirren springt der alte Spiegel entzwei. Die Scherben fallen ins Waschbecken. Auf Karunarathnes Handrücken rollen sich winzige Blutstropfen zusammen. Er stöhnt – halb vor Erschöpfung, halb vor Erleichterung. Seine alten Kräfte hat er nicht verloren. Er wird sie brauchen. Sehr bald schon.
Verdienste fürs spätere Leben
Der summende Sprechgesang der Mönche im nahen Tempel verkündet den neuen Tag. Dharmasari Wickremasinghe gähnt verschlafen. „Musst du jetzt gehen?“, fragt Mahessika träge und zieht sich das Laken hoch über die Schulter. Der Mann antwortet nicht, als er sich aus dem Bett rollt und im Halbdunkel nach der Hose und den krokodilledernen Schuhen tastet. Er will jetzt raus aus dem traurigen kleinen Zimmer hinter seiner Kanzlei.
Als der Sprechchor der Mönche die Reinheit und die Tugenden des Erleuchteten preist, streichelt er noch einmal sanft die Wange seiner Geliebten.
"Deine Haut ist so zart und warm...und lebendig...", flüstert er in einem Anflug von ungewohnter Zärtlichkeit. Dann schließt er leise die kleine, braun gestrichene Holztür.
Noch sind Strassen und Plätze menschenleer. Wickremasinghe muss jetzt niemandem erklären, warum er zu so früher Stunde unterwegs ist – und dazu noch zu Fuß.
In Kandy kennt jeder den silbergrauen Jaguar des Rechtsanwalts. Wenn sein Fahrer den Wagen mitten auf den Bürgersteig vor der Kanzlei lenkt und ihm devot die Beifahrertür öffnet, dann wird er von vielen Augenpaaren beobachtet. Oft verneigen sich Frauen und Männer ehrfürchtig.
Wickremasinghe gilt als erfolgreicher Sohn der alten Königsstadt im Hochland der Tropeninsel. Seine Familie hat Spuren in der Geschichte von Stadt und Staat hinterlassen. Mit den oberen paar Hundert ist er, so sagen die Leute, auf du und du. Seine Kanzleien in Kandy und Colombo seien mächtiger als ein Ministerium. Und sagenhaft reich soll er sein.
Auch an diesem Morgen hat der hagere, kleine Mann seine Augen hinter der schweren Sonnenbrille versteckt. Ihn quälen ernste Sorgen. 'Erst mal richtig ausschlafen', denkt er. 'So ein junges Kätzchen ist ganz schön anstrengend in meinem Alter. Vielleicht sollten wir mal ein paar Tage ans Meer...wenn erst mal die Schulden vom Tisch sind.'
Auf dem Weg zu seiner Villa oben am Berg stolpert Wickremasinghe über ein Paar Füße. Aus zerlumpten Fetzen hebt sich ein Arm, die Hand zur Bettelgeste ausgestreckt.
"Ein kleines Almosen, Herr, für gutes Kama. Wir ernten, was wir säen, Herr."
Mechanisch wirft der Anwalt ein paar Rupies in den Staub. Dann überlegt er es sich anders.
'Die Absicht zählt! Wir müssen aus vollem Herzen geben! Mit beiden Händen! Verdienste für spätere Leben.'
Er hebt die Münzen wieder auf und legt sie dem Bettler achtsam in die Hand.
"Sei gesegnet, Herr! Mögen dir deine guten Taten belohnt werden!"
Der Weg zu Wickremasinghes Haus führt jetzt so steil bergauf, dass der Anwalt trotz der Kühle des Morgens ins Schwitzen kommt. Er war immer sehr stolz auf seine Kondition gewesen. Aber heute muss er sich eingestehen, dass ihn die letzten Wochen erschöpft haben. Er sollte auf seinen Arzt hören und kürzer treten.
Wickremasinghe verlangsamt den Schritt, bleibt stehen und schaut hinunter auf die kleine Stadt mit ihren freundlichen, gelben Lichtern. Der Vollmond ist weiter nach Westen gezogen. Der große, lächelnde Buddha erscheint ihm jetzt grau und seltsam düster. Noch schlägt kein Hund an. Nur die Krähenschwärme beginnen ihr ohrenbetäubendes Morgenspektakel.
Mit einem bitteren Lächeln auf den schmalen Lippen öffnet der Anwalt die quietschende Gartentür und schleicht sich zum Hintereingang seines eigenen Hauses. ‚Wie ein Dienstbote’, schämt er sich.
Soviel Rücksicht auf einmal
In einer Villa auf der anderen Seite des Sees hat der monotone Sprechgesang der Mönche Maximilian sanft aus seinen Träumen geholt. Alle Versuche, die Tempel-Töne zu überhören, misslingen.
Er wälzt sich noch eine Zeitlang von einer Seite zur anderen. Aber er möchte Messalina nicht wecken. So steht er auf und macht sein Frühstück. Die Morgendämmerung dauert nicht länger als das Eingießen des Kaffees.
Als der Sprechchor verhallt ist, sitzt Max schon an seinem Mahagoni-Schreibtisch. Er blättert noch einmal durch die Papiere, bereitet sich vor auf wichtige Gespräche, die Messalinas und sein Leben so entscheidend verändern sollen.
Max duscht lange und kalt, schlüpft in den blauen Anzug, der normalerweise in die allerhinterste Schrankecke verbannt ist, poliert noch einmal seine Schuhe, rückt vor dem Spiegel seinen Schlips zurecht und schüttelt dann energisch den Kopf. ‚So ein Blödsinn,’ denkt er. ‚Drei Stunden Busfahrt in der Hitze – da brauch’ ich keinen Binder und kein Sakko aus Hamburg.' Er reißt die Krawatte wieder ab, öffnet den Kragenknopf und fühlt sich fast wieder wie er selbst. Die Jacke nimmt er über den Arm und schleicht die Marmortreppe hinauf ins Schlafzimmer.
Messalina hat sich nicht gerührt. ‚Wie harmlos sie aussieht, wenn sie schläft,’ denkt Max. Dann küsst er sie zärtlich auf den Mund – ganz vorsichtig, um sie nicht zu wecken. Ebenso lautlos wie er gekommen ist, verlässt er den Raum mit dem großen Doppelbett, über dessen Kopfende zwei sich Liebende in Batik von der Wand herablächeln.
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