Klaus Fischer - Trips & Träume

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Trips & Träume erzählt die Geschichte einer Jugend in den frühen Siebzigern – als eine ganze Generation auf den Trip ging.
Drei Freunde versuchen mit Hilfe der Musik auszubrechen aus der Enge der Provinz. Und entfachen eine Rebellion gegen das Spießertum jener Zeit. Krautrock und Kiff sind der Hintergrund für eine packende Geschichte über Freundschaft, Liebe und große Ideale.
Doch was ist mehr als dreißig Jahre später davon übriggeblieben?

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Klaus Fischer

Trips & Träume

Ein Roman über die wilden Krautrock-Jahre

FUEGO

Krautrock - Kiff und große Ideale

Ein Roman über die wilden Krautrock-Jahre

Trips & Träume erzählt die Geschichte einer Jugend in den frühen Siebzigern - als eine ganze Generation auf den Trip ihres Lebens ging. Drei Freunde versuchen mit Hilfe der Musik auszubrechen aus der Enge der Provinz. Und entfachen eine Rebellion gegen das Spießertum jener Zeit. Krautrock und Kiff sind der Hintergrund für eine packende Geschichte über Freundschaft, Liebe und große Ideale. Doch was ist mehr als dreißig Jahre später davon übriggeblieben?

„Trips & Träume ist amüsant geschrieben - von jemandem, der dies alles intensiv miterlebt und ein offenes Ohr für Musik hat. Charmant, gesellschaftskritisch und witzig.“

Mani Neumeier, GURU GURU

„Musik als Lebensmittel. Eine Erinnerung an wilde Zeiten und zugleich eine längst fällige Liebeserklärung an die guten, alten Krautrockhelden.“

Steffen Radlmaier, NÜRNBERGER NACHRICHTEN

In Erinnerung an Doris (1957–2004)

Wenn du die Wahl hast zwischen Wahrheit und Legende, entscheide dich immer für die Legende.

Tony Wilson

eins Going to My Hometown

Aus dem iPod, den ich an die Autoanlage angeschlossen hatte, erklang »Mother Sky« von Can. Der MP3-Player war voll mit Musik von Guru Guru, Popol Vuh, Kraftwerk, Tangerine Dream, Ash Ra Tempel und wie die Bands aus den frühen Siebzigern alle hießen. Damals, als wir auf den Trip gingen, in den Zeiten des Musikfiebers, hatten wir diesen Sound geliebt.

Wir, das waren Karen, Don, Mark und ich. Andi, Fetzer, Moses und Hördi gehörten auch dazu. Seit Andis Tod vor mehr als dreißig Jahren hatte ich die Korona nie mehr wiedergesehen. Was war aus ihnen geworden? Und was aus unserem rebellischen Traum, die Spießer vom Thron zu stürzen und reich, berühmt und sexy zu werden? Alles schien damals zum Greifen nah.

Ich schaute in den Rückspiegel. Maja schlief mit offenen Mund im Kindersitz. Autofahren wirkte wie ein Schlafmittel auf sie. Träum was Schönes, meine Kleine, dachte ich.

Auf der Autobahn war der Schnee in Regen übergegangen. Die Scheibenwischer surrten leise. Der Sharan glitt lautlos dahin. Wegen der Weihnachtsfeiertage herrschte wenig Verkehr. Ich trat aufs Pedal.

»Papa, kannst du die blöde Musik ausmachen?«

Maja war aufgewacht und riss mich aus meinen Gedanken

Ich schaute in den Rückspiegel. »Alles in Ordnung?«

Sie nickte müde und kuschelte sich an Flat Eric, ihre kleine Stofffigur, die vor Jahren der Star in einem Jeanswerbespot war und an der Majas Herz hing. Wohin wir auch gingen, zum Einkaufen, in den Kinderladen oder auf den Spielplatz, Flat Eric war immer dabei.

»Papa?«

»Ja, Maja?« »Denkst du an Mama? Ich muss ganz viel an Mama denken.«

»Und woran denkst du dabei?«

»Dass Mama jetzt arbeiten muss und nicht mit zu Oma kann.«

»In Mamas Beruf muss man manchmal auch sonntags und an Feiertagen arbeiten.«

»Blöder Beruf. Und dass ihr euch streitet, das finde ich auch doof.« »Papa und Mama sind nur nicht immer einer Meinung, Maja, aber wir haben uns trotzdem lieb. Verstehst du?«

»Streiten ist trotzdem blöd.«

Ich lächelte sie verlegen im Rückspiegel an. Mit ihren vier Jahren hatte sie schon ein feines Gespür für Dinge, die schiefliefen.

Mila und ich hatten uns einst ein Versprechen gegeben.

No guru, no method, no teacher.

Jeder dürfe sich als freier und gleichberechtigter Partner in seinem Beruf verwirklichen. Und wir würden Maja all unsere Liebe schenken.

Doch ein Liebesschwur konnte sich über die Jahre abnutzen, selbst wenn er in einer leidenschaftlichen Nacht zur Musik von Van Morrison geschlossen wurde. Zwischen Mila und mir war nichts mehr wie früher. Wir waren drauf und dran, uns auseinanderzuleben.

Ein paar freie Tage zwischen Weihnachten und Neujahr. Huguette, meine Mutter, hatte zugesagt, sich um Maja zu kümmern. In dem großen alten Haus am Stadtrand mit dem Garten hintendran, den nur eine Hecke vom Wald trennte, endlich ein bisschen Ruhe finden. Ein Buch lesen, lange schlafen, spazieren gehen, mal wieder ins Kino, und vor allem nicht streiten. So, dachte ich, würden Mila und ich uns wieder näherkommen.

Wir hatten reisefertig im Flur gestanden, als das Handy klingelte. Geh nicht ran, dachte ich. Lass uns ins Auto steigen und losfahren. Aber Mila hatte schon das Telefon am Ohr. »Hallo, Boris.«

Boris Saur, Redaktionsleiter bei Frankfurt-TV, wo Mila arbeitete.

»Gib mir eine halbe Stunde«, sagte sie und unterbrach die Verbindung.

»Was ist los?«, fragte ich.

Bedauern in ihrem Gesicht. »Ich muss in die Redaktion.«

»Sag, dass das nicht wahr ist.« »In Südostasien hat es ein katastrophales Seebeben gegeben. Stärke neun auf der Richterskala. Ein Tsunami, eine riesige Flutwelle, hat die Küsten von Thailand und Indonesien überrollt. Die ersten Schätzungen sprechen von fünfzigtausend Toten, darunter viele Touristen. Die größte Naturkatastrophe, die es jemals gegeben hat.«

»Du willst wirklich in die Redaktion?«

»Ich kann die Kollegen nicht hängenlassen. Wir haben zufällig ein Kamerateam in Thailand, hat Boris erzählt. Die wollten einen Reisebericht drehen. Weißt du, was das heißt? Wir haben eigene Bilder, müssen nichts von den großen Sendern kaufen, können über eigene Aufnahmen verfügen. Die müssen aufbereitet werden, die Sachen müssen nachrecherchiert werden und all das. Satti, du weißt doch, wie das läuft.«

Ja, als ehemaliger Redakteur einer Tageszeitung wusste ich, wie das lief. Mila wurde in der Redaktion gebraucht. Aber ich wollte mich nicht so schnell in mein Schicksal fügen.

Satti. So hatte man mich in meiner Jugend gerufen, als ich noch mit der Korona unterwegs war. Mila nannte mich nur dann so, wenn sie mir ganz nahe sein wollte.

Ich konnte meine Enttäuschung nicht mehr verbergen. »Das kommt dir doch gelegen, dass du in die Redaktion musst.«

»Was soll das denn nun heißen?«

»Es ist doch kein Geheimnis, dass du mit meiner Mutter nicht so gut kannst. Jetzt hast du einen Grund, nicht mitzumüssen.«

Sie schaute mich fassungslos an. »Ich habe mich auf den Besuch bei Huguette ebenso gefreut wie du.« Ihre Augen funkelten böse.

Sofort bemühte ich mich schuldbewusst um Schadensbegrenzung. »Ich hole den Koffer wieder aus dem Auto«, entgegnete ich.

Mila nickte und nahm Maja auf den Arm. Einen Moment kämpfte die Kleine mit den Tränen. Dann gelang es Mila, sie zu besänftigen.

Zwanzig Minuten später hielt ich in zweiter Reihe vor dem Bürohaus auf der Großen Eschenheimer Straße, wo Frankfurt-TV im vierten Stock untergebracht war. Auf der gesamten Fahrt sagte Mila kein Wort. Ich schaltete den Warnblinker an.

Sie starrte hinaus auf die Straße. »Vielleicht ist es ganz gut, dass wir uns ein paar Tage nicht sehen. Die Redaktion ist derzeit der einzige Ort, an dem ich nachdenken kann.«

»Nachdenken worüber?«

»Wir streiten uns so häufig wie noch nie. Und dann muss ich mir solche Sachen wie eben von dir sagen lassen.«

Sie drehte den Kopf nach hinten zur Rückbank und pustete Maja einen Kuss zu. »Tschüs, mein Schatz, und hab viel Spaß.«

»Kuss! Kuss!«, rief Maja. Mila stieg aus, öffnete die Seitentür, beugte sich hinüber und drückte die Kleine. Dann lief sie um den Wagen herum zur Fahrerseite. Ich ließ das Fenster herunter.

»Richte Huguette einen lieben Gruß von mir aus.«

»Wenn es einer versteht, dann meine Karrieremama«, brummte ich. Mehr zu mir selbst. Mila sollte es gar nicht hören.

»Fang nicht schon wieder an!«, zischte sie und ging los. Ohne zurückzuschauen, marschierte sie durch die Drehtür des Bürohauses.

Einen Moment überlegte ich, ihr zu folgen. Doch dann legte ich den Gang ein und fuhr los.

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