Bei der Vorstellung, dass diese unglaubliche Frau ausgerechnet ihn liebte und bereit und entschlossen war, ihr Leben an seiner Seite zu verbringen, machte ihn unendlich glücklich und gleichsam so wahnsinnig stolz, dass er das Gefühl hatte, sein überbordendes Hochgefühl würde seine Brust zerspringen lassen.
Auch Kuja konnte seinen Blick nicht von Mariella lassen und als sie das glückliche, ehrliche und offene Lächeln auf seinen Lippen und das Leuchten in seinen Augen sah, verschwand ihre Unsicherheit und sie wurde endgültig zum strahlenden, funkelnden Stern am Firmament dieses Volkes.
Als sie den Altar erreicht hatten, stoppten sie ab und Dragan legte Mariellas rechte Hand, die er bisher gehalten hatte, in Kujas linke Hand. "Kuja…!" sagte er mit fester, klarer Stimme, wobei er bemüht war, seine Emotionen unter Kontrolle zu halten. "Ich übergebe dir hiermit die Hand unserer geliebten Tochter Mariella Sofie. Möge Gott euch schützen, zu allen Zeiten!" Er lächelte seine Tochter an und küsste ihr sanft auf die Wange, während er ihr zuflüsterte: "Ich liebe dich!". Dann nickte er Kuja zu und ging zu seinem für ihn vorgesehen Platz zwischen seiner Frau und Fürstin Elena.
Für einen kurzen Augenblick verblasste die Welt um Kuja und er hatte das Gefühl, einzig Mariella wäre sein ganzes Universum. Er konnte den Blick nicht von ihr lassen, ihre Augen zogen ihn wie magisch an. Plötzlich realisierte Kuja, dass er das Kleid, das sie trug, bereits kannte. Er hatte es bereits gesehen, in seinem Traum. Für einen Lidschlag befiel ihn ein mulmiges Gefühl, doch bevor er noch länger darüber nachdenken konnte, hob der Priester an und die Zeremonie begann.
Die Worte des Geistlichen waren gut gewählt. Sie waren sehr emotional und berührend, aber auch tröstlich und voller Zuversicht. Kuja war sehr zufrieden.
Wie es der Brauch wollte, musste zunächst Mariella ihr Ehegelöbnis geben. Als der Priester ihr die alles entscheidende Frage stellte, sah sie Kuja aus klaren, funkelnden Augen und mit einem sanften Lächeln an. Alles an ihr zeigte ihm, dass sie absolut bereit war, diesen Schritt zu gehen. Mit leicht zittrigen Händen schob sie ihm den Ehering auf den Ringfinger der rechten Hand. Dann sah sie ihn wieder direkt an. "Ja ich will!" Ihre Stimme war kraftvoll, voller Zuversicht und Liebe.
Kuja konnte sich ein sanftes Lächeln nicht verkneifen.
Nun war die Reihe an ihm. Auch er konnte den Blick nicht von Mariella wenden, während der Priester die vorbestimmten Worte sprach. Als er geendet hatte, hob Kuja sanft Mariellas rechte Hand an und begann, ihr den Ring behutsam auf ihren Finger zu schieben. Dabei war er angenehm überrascht, wie ruhig er dabei war. Doch eigentlich war es gar kein Wunder, denn Kuja wusste, dass er in seinem ganzen Leben noch niemals zuvor etwas Sinnvolleres, Ehrenhafteres und Besseres getan hatte.
Dann aber sah er es und innerhalb eines Lidschlags erstarrte sein ganzer Körper in einem furchtbaren Schock. Fast hätte Kuja aufgeschrien. Sein Herz verkrampfte sich und er war nicht in der Lage zu atmen. In dem Moment, da er Mariella den Ehering auf den Finger schob, sah er die beiden Erhebungen unter seiner Haut, dünn, länglich, wie sie zwischen Daumen und Zeigefinger wie Würmer dahin schlängelten, um im nächsten Moment schon wieder zu verschwinden.
Um Himmels Willen, was waren das für Kreaturen? Unter seiner Haut, in seinem Körper? Womit hatte er sich da nur infiziert? Und wann? Oh Gott, der Lichtspiegel!
Plötzlich wurde Kuja gewahr, dass der Priester aufgehört hatte zu reden und es beinahe totenstill in der Kathedrale geworden war. Instinktiv ruckte sein Kopf in die Höhe. Da war Mariella, die ihn noch immer direkt anschaute, ein strahlendes Lächeln auf den Lippen. In den Augenwinkeln konnte er den Priester erkennen, der ihn erwartungsvoll ansah. Dann zuckte sein Blick wieder zu Mariella, deren Lächeln jetzt etwas unsicher wurde. "Ich…!" begann Kuja, doch seine Stimme brach ab und er senkte den Kopf, blickte auf seine rechte Hand.
Hier und jetzt war der Moment, den er so sehr ersehnt hatte. Er wollte Mariella heiraten, nein, er musste sie heiraten, denn nur mit ihr an seiner Seite war er stark genug, um die Dinge, die noch vor ihm liegen mochten, zu meistern. Nur durch sie wurde er vollkommen. Deshalb durfte er jetzt nicht zögern und womöglich alles in Gefahr bringen. Auch nicht durch das, was er gerade gesehen hatte und ihm dadurch bewusstgeworden war. So furchtbar ihm das auch in diesem Moment erschien. Also schloss er seine Augen und atmete einmal tief durch, während er hören konnte, wie sich Unruhe im Saal ausbreitete. Und da war ihm klar, dass er jetzt nicht einfach nur Ja, ich will! sagen durfte, sondern dass er etwas tun musste, was die Verzögerung erklärte und ins Positive umkehrte, und das er jetzt handeln musste.
Also hob er seinen Kopf wieder an, obwohl er noch nicht wusste, was er tun sollte. Doch mit dem Blick in Mariellas Augen änderte sich das schlagartig. Während sich dort weitere Unsicherheit und Nervosität breitmachte, musste er lächeln. "Ob ich dich zu meiner Frau nehmen will?" begann er und fixierte ihren Blick. "Ich werde der Fürst dieses Landes sein, doch neben dir bin ich nur ein einfacher Mann. Du bist ein wahrhaftiger Engel, eine Königin. Deine Liebe ist so unendlich wundervoll. Du bist die Sonne, die mich wärmt und mein Herz erleuchtet. Du bist die Stimme meiner Seele. Du machst mich größer, stärker, mutiger… weiser !" Sein Lächeln wurde stärker, als er sah, dass jegliche Unsicherheit aus Mariellas Blick wich und sich Tränen des Glücks in ihren Augen bildeten. "Du ergänzt mich, du vervollständigst mich. Du bist meine beste Freundin, meine Vertraute, meine Geliebte. Und jetzt wirst du meine Ehefrau und hoffentlich bald schon, die Mutter meiner Kinder!" Er grinste, während er vereinzelt leises Gelächter im Saal hören konnte. "Ob ich dich also heiraten will?" Kuja wartete, bis Mariella ihn wieder ansah. "Ich bin der glücklichste Mann auf dieser Welt, durch dich und deine Liebe. Es ist mir eine… Ehre , fortan an deiner Seite zu stehen. Jetzt und für alle Zeiten!" Sein Lächeln wurde immer breiter. Da aber hörte er, wie der Priester sich räusperte. Ein Blick zu ihm zeigte eine ungeduldige, mahnende Geste. Und da wurde Kuja sich bewusst, dass es ohne die vorherbestimmten drei Worte doch nicht ging. "Ja…!" rief er mit Blick auf Marietta, dann drehte er sich zur Menge. "Ja, ich will!"
Und einen Augenblick später war die gesamte Kathedrale erfüllt von einem wahren Jubelsturm der überbordenden Freude, während Mariella ihre Arme um seinen Hals warf und sie sich leidenschaftlich küssten.
*
Im Anschluss an die begeisternde Trauung folgte die Krönung Kujas zum neuen Fürsten des Landes.
Sein Vater saß zunächst auf dem Thron, dann wurde ihm vom Ältesten des Rates die Krone vom Kopf und das goldene, diamantbesetzte Zepter aus der Hand genommen. Daraufhin erhob sich Marco und trat einen Schritt beiseite, um so seinem Sohn Platz zu machen, der sich nunmehr auf den Thron setzte, wo er vom Ratsältesten die Krone aufgesetzt und das Zepter ausgehändigt bekam.
Gleichsam geschah es mit Mariella und Elena. Ihr Thron befand sich direkt daneben, war aber kleiner und nicht so schmuckvoll. Außerdem wurde bei ihnen nur ein diamantenes Diadem getauscht.
In allen Gesichtern war große Freude zu erkennen, nur Kujas Vater blickte nach wie vor ernst und wirkte sehr nachdenklich.
Letztlich sprach Kuja noch den Eid auf die Verfassung des Fürstentums und vor Gott.
Auch hier entlud sich die Freude des Volkes augenblicklich und die Krönung Kujas wurde zu einem triumphalen Ereignis.
Einem wunderbaren Fest stand somit nichts mehr im Wege.
Die Feier war in vollem Gange.
Der Marktplatz von Alimante war prall gefüllt mit Menschen und ein einziges, funkelndes Lichtermeer.
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