Das neue Café am renovierten Uhrenturm, in das jeder Libyer, der etwas auf sich hielt, einkehrte, um teuren Latte zu trinken, verschmähte sie. Lieber trank sie starken Grüntee mit Minze an einem blau-weiß gekachelten Stehimbiss, alle dort versammelten Männer einen Kopf überragend, und hätte am liebsten auch dort gegessen. Claire hätte nichts dagegen gehabt, sie mochte dieses Gefühl, auf der Straße das gleiche zu essen wie jeder beliebige Libyer, einzutauchen in die Masse. Allerdings löste es nicht mehr die gleiche Euphorie aus wie offensichtlich bei Laetizia, und die Händler boten nur Sandwiches mit Dosentunfisch an. Also überredete sie sie, in einem kleinen Restaurant mit engen Stiegen, wackligen Holztischen und erbärmlichen sanitären Anlagen Couscous zu essen, das schien Laetizias Bedürfnis nach Authentizität auch Genüge zu tun.
Als Claire wieder zuhause war und damit beschäftigt, das auf dem Fischmarkt erstandene Barschfilet ordentlich zu häuten und zu entgräten, dachte sie an Hermann: wahrscheinlich hatte er gerade viel Stress und Frust in der Arbeit, sonst würde er nicht so reden. Das war ja in Tripolis auch wirklich nicht einfach; das Goethe-Institut war geduldet, aber nicht heiß erwünscht. Hermann hatte nicht den gewohnten Status, er musste unauffällig auftreten („low profile“ wurde das genannt) und permanent den Kontakt suchen zu ihn abschätzig behandelnden Behördenvertretern. Er sollte den Weg bereiten für eine ferne Zukunft, in der das Land offen sein würde für ausländische Kulturarbeit, aber niemand in Libyen schien an diesem Vorhaben interessiert zu sein und ihm blieb nur der ferne Rückhalt der Zentrale.
Der Fisch war schlecht entschuppt und filetiert worden, Claire war lange mit ihm beschäftigt. Sie wurde zunehmend hektisch, weil die Kinder nun auch heimgekehrt waren. Chantal benötigte viel Hilfe bei den Hausaufgaben und Marlene schien etwas auszubrüten; ständig schlich sie weinerlich um sie herum.
Kurz bevor das Essen auf dem Tisch stand, kam Hermann nach Hause, wortlos, aber mit einem großen Blumenstrauß in der Hand.
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