Wolfgang Hohlbein - Indiana Jones und das Geheimnis der Osterinseln

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Alles beginnt wieder einmal in Washington. Ein gewisser Mr. Franklin und ein gewisser Mr. Delano erbitten sich Indiana Jones’ Hilfe in einer heiklen Angelegenheit. Es handelt sich um eine Expedition zu den Osterinseln, aber Indy ahnt von Anfang an, daß es keine gemütliche Forschungsreise werden wird. Franklin und Delano sind zwar nicht miteinander verwandt, aber verdammt linke Brüder. Und sie grinsen einfach zuviel.
Was hinter der ganzen Sache steckt? Nichts besonders Erfreuliches.
Die Nazis haben die Welt mit Krieg überzogen und sind dabei, ein Netz von geheimen Auftankstationen und U-Boot Häfen in der Südsee aufzubauen. Ein amerikanischer Agent, der Top-Secret-Unterlagen der Deutschen in seinen Besitz gebracht hat, ist verschwunden, und Indiana soll herausfinden, wo er geblieben ist.
Seine Suche startet auf dem Atoll Pau-Pau, aber die tropische Idylle täuscht — Polynesien ist eine blumengeschmückte Hölle, und sein Auftrag eine Selbstmördermission.

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Wolfgang Hohlbein

Indiana Jones und das Geheimnis der Osterinseln

Die Insel der Götter

Noch vor zehn Minuten hätte er es nicht geglaubt; nicht um alles in der Welt, und wenn es ihm der Konstrukteur dieses Flugzeuges, der Chefingenieur und noch dazu die Gebrüder Wright und Otto Lilienthal zusammen in die Hand und beim Augenlicht ihrer Kinder versprochen hätten. Es war einfach unmöglich . Kein Flugzeug konnte diesen Absturz überstehen, von den Passagieren gar nicht zu reden.

Tressler hatte zwar in einem Augenblick der Verwirrung das Wort» Notlandung «benutzt, aber es war ein Absturz gewesen; ein Bilderbuch-Absturz sogar. Jonas hatte nach der siebten oder achten Rolle aufgehört, zu zählen, wie oft sich das Flugzeug überschlug. Außerdem hatte er seine ganze Kraft gebraucht, sich irgendwo festzuklammern, um nicht wie der unglückselige Meyers quer durch die Maschine geschleudert zu werden und sich den Schädel einzuschlagen. Dabei hatte er dann noch gesehen, daß in dem schwarzen Toben des Sturmes vor den Fenstern Metall geschimmert hatte; und zumindest eines dieser davonwirbelnden Trümmerstücke hatte eine verdächtige Ähnlichkeit mit der rechten Hälfte des Leitwerks gehabt, die sich eigentlich zusammen mit der linken Hälfte am Ende des Flugzeuges hätte befinden sollen. Nein — sie konnten diesen Absturz gar nicht überstehen.

Aber genau das hatten sie.

Das Flugzeug hockte groß und fett im seichten Wasser der Lagune, ein bißchen zerrupft und einer entschieden größeren Zahl von Teilen beraubt als nur des halben Leitwerks, aber trotzdem in einem Stück, und bis auf den unglückseligen Meyers und Seider, der sich das rechte Bein gebrochen hatte, waren sie alle mit Schrammen und Kratzern und Prellungen davongekommen; davon hatten sie allerdings reichlich abbe kommen. Es gab keine Stelle an seinem Körper, die nicht weh tat, brannte oder sich taub anfühlte.

Das unregelmäßige Geräusch schwerer Schritte ließ Jonas aufsehen. Er wußte, daß Bell hinter ihm aufgetaucht war, noch ehe er sich herumgedreht und in das Gesicht des weißhaarigen Alten geblickt hatte. Der Engländer zog das rechte Bein nach, aber das verdankte er nicht dem Absturz, sondern einem Granatsplitter, den er sich während seiner Zeit als Sanitätsoffi zier im Ersten Weltkrieg eingefangen hatte. Während der letzten Tage, die sie zusammen in dem schmuddeligen Hotel auf Pau-Pau verbracht und auf das Postflugzeug gewartet hatten, war Bell ihm mit seinen Kriegsgeschichten dermaßen auf den Nerv gefallen, daß Jonas ein paarmal kurz davor gewesen war, seine gute Erziehung zu vergessen und grob zu werden. Jetzt war er sehr froh, daß sie ihn dabeihatten. Er erwiderte Beils Kopfnicken mit einem Lächeln und machte gleichzeitig eine einladende Geste, sich neben ihn zu setzen.

«Wie geht es Seider?«fragte er, als der Engländer sich neben ihn ins Gras sinken ließ und umständlich das steife Bein zurechtrückte.

«Er behauptet das Gegenteil, aber ich weiß, daß er ziemliche Schmerzen hat«, antwortete Bell besorgt.»Wenn er Fieber bekommt, dann weiß ich nicht, ob ich etwas für ihn tun kann.«

Jonas verzog besorgt das Gesicht. Er mochte den jungen Australier, und er hatte dessen Bein gesehen. Es war kein glatter Bruch. Wenn es Komplikationen gab, dann würden sie ihn verlieren, denn ihr Erste-Hilfe-Kasten lag zusammen mit einem Teil des Flugzeuges und dem allergrößten Teil ihres Gepäcks hundert Meilen entfernt auf dem Meeresgrund. Sie hatten nicht einmal etwas, um seine Schmerzen zu lindern, geschweige denn, eine Entzündung zu bekämpfen. Er war auf einmal fast sicher, daß sie Seider verlieren würden.

Trotzdem: zwei von zwölf. Seider würde das anders sehen, aber es war kein schlechter Schnitt. Sie hätten es wahrhaftig schlimmer treffen können.

«Und wie geht es Miß Sandstein?«fragte er.

«Fräulein Sandstein«, korrigierte ihn Bell. Er lächelte flüch tig. Wie alle Engländer hatte er Schwierigkeiten mit dem deutschen»Ä«, so daß es bei ihm wie» Fraulein «klang.»Sie wissen doch, wie eigen sie da ist. Es geht ihr gut. Ich glaube, ihr Arm ist nur verstaucht, nicht ausgerenkt. Sie ist eine tapfere kleine Person, unser deutsches Fräulein.«

«Die Deutschen sind überhaupt ziemlich tapfer, nicht wahr?«sagte Jonas. Er sah Bell bei diesen Worten verstohlen von der Seite her an, aber alles, was er auf dessen Gesicht entdeckte, war ein erschöpftes Lächeln.

«Ja. Sie bauen auch verdammt gute Flugzeuge. «Bell wies mit einer Kopfbewegung auf die zerbeulte Junkers im Wasser.»Gott sei Dank. Sonst wären wir jetzt alle tot.«

«Vielleicht sind wir das ja schon«, flüsterte Jonas.

Bell sah überrascht auf.»Nanu?«fragte er.»Das sind ja ganz neue Töne, und das von Ihnen. Ich dachte immer, Sie wären von Berufs wegen Optimist.«

«Ich habe soeben gekündigt«, knurrte Jonas. Er nahm eine Handvoll Sand auf und warf sie den Abhang hinunter, aber der Wind packte sie und verwandelte sie in eine auseinandertrei bende, rasch verblassende Wolke, ehe sie den Boden berührte.

«Es sieht nicht besonders gut für uns aus, Mr. Bell«, fügte er in etwas sanfterem Ton hinzu.

«Wir leben, oder?«

«Das ist aber auch schon alles«, antwortete Jonas. Er deutete nach Westen. Das Meer erstreckte sich blau und makellos wie ein gewaltiger geriffelter Spiegel so weit das Auge reichte; und wie er wußte, lagen hinter dem Horizont auch noch etliche tausend Meilen weiter.»Ist Ihnen eigentlich klar, wo wir sind?«

«Sicher«, antwortete Bell.

«So? Dann wissen Sie mehr als ich. «Jonas lächelte, aber es lag nicht viel echter Humor in diesem Lächeln.»Ich bin ziemlich sicher, daß diese Insel auf den meisten Karten nicht einmal zu sehen ist, Bell. Vermutlich sind wir überhaupt die ersten Menschen, die sie betreten haben. Wir sind mindestens hundert Meilen von allen Schiffahrts- und Fluglinien entfernt. Unser Funkgerät liegt zusammen mit dem größten Teil unserer Ausrüstung auf dem Meeresgrund. Wir haben nichts zu essen, keine Medikamente, praktisch nichts anzuziehen, und unser Navigator hat sich den Hals gebrochen, aber ansonsten haben wir wirklich richtiges Glück gehabt.«

«Zu essen gibt es auf dieser Insel sicher genug«, antwortete Bell. Er klang irgendwie eingeschüchtert.»Und bisher ist noch nicht bewiesen, daß die Insel unbewohnt ist. Sie ist ziemlich groß.«

«Stimmt«, antwortete Jonas trocken.»Vielleicht gibt es hier ja Kannibalen.«

Bell wurde ein bißchen blaß um die Nase.»Sie haben eine reizende Art, Ihre Mitmenschen aufzumuntern; hat Ihnen das schon jemand gesagt?«

«Mehrmals«, antwortete Jonas. Er stand auf, nickte Bell noch einmal flüchtig zu und begann vorsichtig die steile Böschung hinunterzubalancieren. Er hatte das Gefühl, daß er mit Bell in Streit geraten würde, wenn er blieb, und das wollte er nicht, denn Bell konnte schließlich nichts dafür. Niemand konnte etwas dafür. Der Sturm war ohne jede Vorwarnung losgebro chen.

Sie hätten auch in einem weitaus größeren Flugzeug keine Chance gehabt. Niemand konnte etwas dafür.

Trotzdem — wenn sie hier nicht wieder wegkamen und wenn sie hier nicht bald wegkamen, dann waren mehr als drei Jahre Arbeit umsonst gewesen. Es war zum Verzweifeln! Alles hatte er geschafft. Eine perfekte Tarnung aufgebaut. Feindliche Agenten gleich zu Dutzenden getäuscht und alle nur vorstellbaren (und ein paar eigentlich unvorstellbare) Sicherheitsvorkeh rungen durchschaut und überwunden — und dann kam so ein verdammter Sturm und machte alles zunichte!

Er verscheuchte den Gedanken und ging mit weit ausgreifen den Schritten über den feinen weißen Sandstrand auf das Flugzeug zu. Es war ein wirklich prachtvoller Strand, dachte Jonas sarkastisch, schneeweiß und unberührt und gut andert halb Meilen breit. Das Wasser war so klar, daß man noch fünfzig Meter vom Ufer entfernt den Meeresboden sehen konnte. Ein perfekter Ort, um Urlaub zu machen. Aber das konnten sie jetzt ja, wenn sie Pech hatten, die nächsten fünfzig Jahre.

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