Komow: Ich habe nicht verstanden, was geschehen ist. Ist das ein Trick? Ich würde …
(Im Fonogramm folgt eine Lücke von 12 Minuten und 23 Sekunden Dauer.)
Logowenko: … ganz anderer.
Komow: Und was hat die Fukamisation damit zu tun?
Logowenko: Die Enthemmung des Hypothalamus führt zur Zerstörung des dritten Impulssystems. Wir konnten das nicht zulassen, solange wir nicht gelernt hatten, es wiederherzustellen.
Komow: Und Sie haben die Kampagne zur Einführung der Gesetzesnovelle veranstaltet …
Logowenko: Strenggenommen, haben Sie die Kampagne veranstaltet, aber auf unsere Initiative hin natürlich.
Komow: Und das „Pinguin-Syndrom“?
Logowenko: Ich verstehe nicht.
Komow: Na ja, diese Phobien, die Sie mit Ihren Experimenten hervorgerufen haben … Kosmophobie, Xenophobie …
Logowenko: Ah, ich verstehe, ich verstehe. Sehen Sie, es gibt mehrere Wege und Methoden, bei einem Menschen das dritte Impulssystem aufzuspüren. Ich selbst bin für die apparativen Verfahren, aber meine Kollegen …
Komow: Das heißt, das ist Ihr Werk?
Logowenko: Selbstverständlich! Wir sind schließlich noch sehr wenige, unsere Rasse erschaffen wir eigenhändig, eben jetzt, aus dem Stegreif. Ich räume ein, daß Ihnen einige unserer Methoden amoralisch vorkommen, sogar grausam … Aber Sie müssen zugeben, daß wir es niemals zu Aktionen mit unumkehrbaren Folgen haben kommen lassen.
Komow: Angenommen. Wenn wir die Wale außer Betracht lassen.
Logowenko: Verzeihen Sie. Nicht „angenommen“, sondern wir haben es tatsächlich nicht dazu kommen lassen. Was nun die Walartigen angeht …
(Im Fonogramm folgt eine Lücke von 2 Minuten und 12 Sekunden Dauer.)
Komow: … anderes von Interesse. Sehen Sie, Leonid Andrejewitsch, unsere Jungs sind einer falschen Fährte gefolgt, aber in allem außer der Interpretation hatten sie recht.
Logowenko: Wieso „außer“? Ich weiß nicht, wer Ihre „Jungs“ sind, aber Maxim Kammerer hat uns absolut genau deduziert. Ich weiß immer noch nicht, wie er an eine Liste sämtlicher Menten herangekommen ist, die in den letzten drei Jahren initiiert wurden …
Gorbowski: Entschuldigen Sie, sagten Sie „Menten“?
Logowenko: Wir haben noch keine allgemein anerkannte Bezeichnung für uns selbst. Die meisten benutzen den Terminus „Metanthropus“, sozusagen „Jenseits-Mensch“. Manche nennen sich „Mysiten“. Ich ziehe die Bezeichnung „Menten“ vor. Erstens klingt darin das Wort „Menschen“ an, zweitens war einer der ersten Menten Pawel Mentow, das ist unser Adam. Außerdem gibt es das lateinische „Mens“, „mental“ …
Komow: „Der Geist“, „geistig“ …
Logowenko: Ja. Durch den Geist wirkend. In unserem Falle mehr noch — ihn spielen lassend. Und dann ist da auch der Name Mentor; aber das paßt schon weniger … Also, Maxim hat sich eine Liste der Menten beschafft und sie mir sehr geschickt vorgeführt, um mir zu verstehen zu geben, daß wir für euch schon kein Geheimnis mehr sind. Offen gesagt, ich habe mich erleichtert gefühlt. Das war ein direkter Anlaß, endlich Verhandlungen aufzunehmen. Denn ich hatte ja schon seit einem Monat jemandes Hand an meinem Puls gefühlt, hatte versucht, ihn, Maxim, zu identifizieren.
Kornow: Gedanken können Sie also nicht lesen? Denn die Reader …
(Im Fonogramm folgt eine Lücke von 9 Minuten und 44 Sekunden Dauer.)
Logowenko: … stören. Und nicht nur darum. Wir sind davon ausgegangen, daß das Geheimnis vor allem in eurem Interesse gewahrt werden muß, im Interesse der Menschheit. Ich wünschte, daß in dieser Frage bei uns völlige Klarheit bestünde. Wir sind keine Menschen. Wir sind Menten. Verfallen Sie nicht in einen Fehler. Wir sind nicht das Ergebnis einer biologischen Revolution. Wir sind erschienen, weil die Menschheit ein bestimmtes Niveau der soziotechnischen Organisation erreicht hat. Im menschlichen Organismus das dritte Impulssystem zu entdecken wäre schon vor hundert Jahren möglich gewesen, aber initiieren kann man es erst seit Beginn unseres Jahrhunderts, und einen Menten auf der Spirale der psychophysiologischen Entwicklung zu halten, ihn von Niveau zu Niveau bis ans Ende zu führen …, das heißt in Ihren Begriffen, einen Menten zu erziehen — das ist erst vor ganz kurzer Zeit möglich geworden …
Gorbowski: Moment, Moment! Also ist dieses dritte Impulssystem doch in jedem menschlichen Organismus vorhanden?
Logowenko: Leider nicht, Leonid Andrejewitsch. Eben darin besteht die Tragik. Das dritte Impulssystem tritt mit einer Wahrscheinlichkeit von höchstens eins zu hunderttausend auf. Am ehesten ist es das Ergebnis einer sehr weit zurückliegenden Mutation.
Komow: Ein Hunderttausendstel ist gar nicht so wenig, wenn man es auf unsere Milliarden umrechnet …
Logowenko: Und daher die Geheimhaltung. Verstehen Sie mich recht. Neunzig Prozent der Menten interessieren sich nicht im geringsten für die Geschicke der Menschheit und überhaupt für die Menschheit. Aber es gibt eine Gruppe von solchen wie ich. Wir wollen nicht vergessen, daß wir Fleisch von eurem Fleische sind und dieselbe Heimat haben, und wir zerbrechen uns schon seit vielen Jahren die Köpfe, wie man die Folgen mildern kann … Denn faktisch sieht es ganz so aus, als zerfalle die Menschheit in zwei Arten. Und niemals werdet ihr das Gefühl der Erniedrigung bei dem Gedanken loswerden, daß einer von euch weit über die Grenze hinausgegangen ist, die hunderttausend nicht überwinden können. Dieser Eine aber wird niemals das Schuldgefühl deswegen loswerden. Und was das Schlimmste ist — der Riß geht mitten durch Familien, durch Freundschaften …
Komow: Also verliert der Metanthropus seine früheren emotionalen Bindungen?
Logowenko: Das ist individuell sehr unterschiedlich. Und nicht so einfach, wie Sie denken. Das typischste Modell für das Verhältnis eines Menten zu einem Menschen ist das Verhältnis eines lebenserfahrenen und vielbeschäftigten Erwachsenen zu einem sympathischen, doch über alle Maßen aufdringlichen Kleinkind. Und nun stellen Sie sich die Beziehungen vor: ein Ment und sein Vater, ein Ment und sein bester Freund, ein Ment und sein Lehrer …
Gorbowski: Ein Ment und seine Freundin …
Logowenko: Das sind Tragödien, Leonid Andrejewitsch. Echte Tragödien.
Komow: Ich sehe, Sie nehmen sich die Situation zu Herzen. Wäre es dann nicht vielleicht einfacher, mit all dem aufzuhören? Letzten Endes liegt das auch in Ihrer Hand …
Logowenko: Meinen Sie nicht, daß das amoralisch wäre?
Komow: Und meinen Sie nicht, daß es amoralisch ist, die Menschheit in einen Schockzustand zu versetzen? In der Massenpsyche einen Minderwertigkeitskomplex zu erzeugen, die Jugend vor die Tatsache zu stellen, daß sie am Ende ihrer Möglichkeiten ist!
Logowenko: Deshalb bin ich ja zu Ihnen gekommen — um einen Ausweg zu suchen.
Komow: Da gibt es nur einen Ausweg. Ihr müßt die Erde verlassen.
Logowenko: Entschuldigung. Wer sind „wir“?
Komow: Ihr, die Metanthropen.
Logowenko: Gennadi Jurjewitsch, ich wiederhole: Die überwiegende Mehrheit der Menten lebt nicht auf der Erde. All ihre Interessen, ihr ganzes Leben liegen außerhalb der Erde. Zum Teufel, Sie leben doch auch nicht im Bett! Und ständig mit der Erde verbunden sind nur die Geburtshelfer wie ich und die Anthropopsychologen … und noch ein paar Dutzend der unglücklichsten von uns — jene, die sich nicht von den Verwandten und Geliebten losreißen können!
Gorbowski: Ah!
Logowenko: Was haben Sie gesagt?
Gorbowski: Nichts, nichts, ich höre aufmerksam zu.
Komow: Sie wollen also sagen, daß sich die Interessen der Metanthropen und der Erdenmenschen im Grunde nicht überschneiden?
Logowenko: Ja.
Komow: Ist eine Zusammenarbeit möglich?
Logowenko: Auf welchem Gebiet?
Читать дальше