Ingo Schulze - Neue Leben

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Ostdeutsche Provinz, Januar 1990. Enrico Türmer, Theatermann und heimlicher Schriftsteller, kehrt der Kunst den Rücken und heuert bei einer neu gegründeten Zeitung an. Unter der Leitung seines Mephisto, des allgegenwärtigen Clemens von Barrista, entwickelt der Schöngeist einen ungeahnten Aufstiegswillen. Von dieser Lebenswende in Zeiten des Umbruchs erzählen die Briefe Enrico Türmers, geschrieben an seine drei Lieben — an die Schwester Vera, den Jugendfreund Johann und an Nicoletta, die Unerreichbare.Als Chronist der jüngsten deutschen Geschichte gelingt Ingo Schulze das einzigartige Panorama des Weltenwechsels 1989/90 — der Geburtsstunde unserer heutigen Welt.

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Liebe Nicoletta!

Damals fiel es mir schwer, über die Stunden in Leipzig zu sprechen, aber das Vergangene interessierte auch niemanden mehr. Michaela, die uns kaum im Vorraum geduldet hatte, wenn sie auf dem Klo saß, ließ nun sogar die Tür angelehnt, um weiter Radio hören zu können. Das nächste Radio kauften wir, nachdem die Grenze zur Tschechoslowakei geschlossen worden war. 285Daß die Falle zuschnappen würde, hatte ich erwartet, allerdings nicht vor dem 7. Oktober. Michaela triumphierte, der Bankrott konnte nicht offensichtlicher, die Fronten nicht klarer werden. Am meisten verachtete sie jene, die sich erst jetzt zu Kritik und Empörung entschlossen.

Es war nicht leicht, gegen Michaelas Euphorie anzureden. Nie, sagte ich, hätte man es ohne den Windschatten des 7. Oktober so weit treiben können. Die Demonstranten hatten genau jene Tage erspürt, in denen sie mit Schonung rechnen konnten. Einen anderen Grund als das Jubiläum gab es für diese Zurückhaltung nicht. Nun aber, früher als erwartet, hatte das Hase-und-Jäger-Spiel begonnen. Schritt um Schritt, Zug um Zug nahte das Ende.

Ich bat Michaela, sich zurückzuhalten. Spätestens in zehn Tagen lebten wir unter Kriegsrecht. Oder glaubte sie vielleicht, die würden sich von unseren Sprüchen beeindrucken lassen und freiwillig abdanken? Wofür hatten sie denn ihre Staatssicherheit, Polizei, Kampfgruppen, Armee?

Meine Argumente erschienen mir so zwingend, daß am Ende nicht nur Michaela eingeschüchtert war, sondern auch ich selbst Angst hatte.

Und doch, liebe Nicoletta, ist das bestenfalls die Hälfte der Wahrheit. Nur wenn Sie mir glauben, daß ich vor allem Erleichterung, ja sogar eine gewisse Heiterkeit empfand, sind diese Briefe nicht umsonst gewesen.

Mir wäre nichts lieber, als an dieser Stelle meine Beichte abbrechen zu können. Aber es geht noch tiefer hinab.

Am Theater hatte ich kaum etwas zu tun und saß deshalb oft in den Nestroy-Proben. Michaela spielte wie gesagt den Eberhard Ultra. Im Grunde war es keine Rolle mehr. Sie spielte von Tag zu Tag mehr sich selbst.

Allein die Beschreibung der Proben würde die damalige Zeit hinlänglich charakterisieren. Auch ohne Zutaten wie Demonstration und Polizeieinsatz entstünde eine Art Chronik: von den Vorgesprächen im Mai und Juni, als Norbert Maria Richter im Stück noch eine Persiflage auf die Funktionäre und ihr Revolutionspalaver gesehen hatte, zu der Aufregung Anfang September, als auf der Bühne gezeigt werden sollte, daß Revolution möglich sei, über den Oktober, als die Inszenierung von Tag zu Tag platter wurde, weil die Straße der Bühne mehr als zwei Schritte voraus war, bis hin — aber ich will nicht vorgreifen.

Michaela war nicht davon abzubringen, am Sonnabend 286— wie jedes Jahr — zu Theas Geburtstag nach Berlin zu fahren. Ich fand es absurd, sich ausgerechnet an jenem Wochenende zu trennen, da die Würfel fallen sollten. Sie könne Thea nicht absagen, gerade jetzt müsse man in Kontakt bleiben. Außerdem sei ich auch eingeladen. Dabei wollte sie gar nicht, daß ich mitkam. Am Sonnabend brachten Robert und ich Michaela zum Zug. Sie lehnte sich aus dem Fenster und winkte, als wäre es ein Abschied für Wochen. Dann schaffte ich Robert zu Michaelas Mutter nach Torgau, wo er über Nacht bleiben sollte.

Rückzu konnte ich in Borna ohne längeres Anstehen tanken. Zu Hause aber überfiel mich das Alleinsein wie ein Unglück. Ich fuhr zur Autobahn, von dort waren es nur noch 107 Kilometer bis Dresden.

Erinnern Sie sich an die Züge mit Prager Botschaftsflüchtlingen? Aus den Nachrichten wußte ich von den Tumulten, die es am Dresdner Hauptbahnhof gegeben hatte. Wer rauswollte, versuchte, diese Züge zu erreichen.

Meine Mutter hatte ich zuletzt am Mittwoch gesprochen und geglaubt, sie sei zu ängstlich oder zu vorsichtig, um am Klinik-Telephon darüber zu reden.

Am 7. Oktober aber drehte sich alles wieder um Berlin und Gorbatschow und darum, was am Montag in Leipzig passieren würde. Während der Fahrt hörte ich alte Musik, einen berühmten Neapolitaner, dessen Namen ich mir eigentlich merken wollte, selbst Bach hat ihn bearbeitet. 287Bei seinen Arien und Duetten hatte ich das Gefühl, das erste Mal seit Monaten wieder zur Ruhe zu kommen, als kehrten unter diesen Klängen die Welt und ich selbst in die vertrauten Bahnen zurück. Doch diese Stimmung war nicht von Dauer.

Nachdem ich an der Tür meiner Mutter geklingelt und gewartet hatte, schloß ich auf. Noch während ich den Vorhang, der den kleinen Vorraum des Eingangs von der Diele trennte, aufzog, nahm ich den Geruch meiner Kindheit wahr. Die Tasse in der Spüle war halb gefüllt mit Wasser, ihr Rand ohne die Spuren von Lippenstift. Auf dem Teller darunter schwammen Brotkrumen, am Messer war etwas Dunkles angetrocknet, Leberwurst oder Pflaumenmus. Der Topfputzer war voller Reiskörner und stank ein bißchen.

Ich ging zur Telephonzelle und rief in der Klinik an. Es meldete sich eine Schwester, die ich nicht kannte. Der Stimme nach mußte sie sehr jung sein. Frau Türmer sei zur Zeit nicht zu sprechen. Ich fragte, wie lang die OP dauern würde. Das könne sie nicht sagen. Ich bat sie, meiner Mutter auszurichten, daß ich sie in der Klinik besuchen werde. Zuerst dachte ich, die Schwester habe aufgelegt, dann erfuhr ich, meine Mutter habe dieses Wochenende keinen Dienst, sei also auch nicht in der Klinik.

Ich rief Geronimo an. Bei ihm war besetzt. Ich rief bei Thea an. Eines der Mädchen nahm den Hörer ab, rief, bevor ich überhaupt etwas sagen konnte,»Bei uns ist niemand da!«und legte auf. Geronimo sprach immer noch. Ich ging zu dem kleinen Parkrondell mit dem Theodor-Körner-Gedenkstein und versuchte es ein drittes Mal, wieder vergeblich.

Als ich zurückkam, sah ich unser Wohnzimmer erleuchtet. Ich stürmte hinauf, klingelte, schloß auf, rief, lief ins Wohnzimmer, wo ich eine Weile stehenblieb, auf das Ticken der Wanduhr hörte und schließlich das Licht wieder ausschaltete. Ich ging von Zimmer zu Zimmer, machte die Runde ein zweites Mal, schaltete die Heizung ein und setzte mich schließlich in die Küche. Ich hatte keinen Hunger, wußte aber in dem Moment nichts Besseres, als mir etwas zu essen zu machen. Das Brot war alt, und das wenige, das ich im Kühlschrank fand, stellte ich, nachdem ich es eine Weile in Händen gehalten hatte, wieder zurück. Nur die Westschokolade aus dem Butterfach aß ich Stück für Stück zum Tee.

Sie werden sich fragen, warum ich Ihnen diese Belanglosigkeiten zumute. Natürlich sind die Details unwichtig, aber die alte Musik, die vertraute Umgebung und die Abwesenheit meiner Mutter machten mich wieder zum Kind. Ich fuhr zu Franziska und Geronimo.

Im Auto hörte ich Nachrichten, in denen Dresden nicht vorkam, jedenfalls nichts, was auf das, was gerade geschah, schließen ließ. Hinter dem Dr.-Kurt-Fischer-Platz 288sah ich aus mehreren hundert Metern Entfernung die Straßenbahnen, die sich vom Platz der Einheit 289zurückstauten.

Ich kehrte um und fuhr über die Dr.-Kurt-Fischer-Allee 290zur Bautzner Straße, also direkt vorbei an den Gebäuden der Staatssicherheit, die» Festbeleuchtung «hatten. Außer auf einem Mannschaftswagen, der vor mir abbog, sah ich keine Uniformierten.

Um Gesine nicht zu wecken, warf ich Steinchen ans Fenster, immer wieder, bis ich aus dem dunklen Treppenhaus Schritte hörte. Geronimo erschien hinter der Türscheibe, öffnete und umarmte mich. Damit aber war seine Freude auch schon verpufft.»Was gibt’s?«

Ich solle mich nicht wundern, flüsterte er im Treppenhaus, er habe Besuch.

Geronimo ging voran, die Küche war leer. Er öffnete die Speisekammer.»Es ist Enrico«, sagte er und hielt die Tür auf, als wollte er mir seinen Golem präsentieren. Für ein paar Augenblicke geschah nichts. Ich setzte mich — und stand sofort wieder auf. Weil er sich ducken mußte, um durch die Tür zu kommen, sah ich zuerst nur den weißen Turban, einen Kopfverband. Heraus kam Mario, der rote Mario Gädtke aus unserer Klasse, der zur Armee wie in ein Ferienlager aufgebrochen war. Seine linke Gesichtshälfte war angeschwollen. Wir gaben uns die Hand.»Das trifft sich«, sagte er,»sind wir alle wieder beisammen. «Mario setzte sich aufs Sofa und holte unter seinem Pullover einen A4-Block hervor. Wir hatten uns sieben Jahre nicht gesehen. Ich wartete auf eine Erklärung, auch dafür, warum er in der Speisekammer verschwand, wenn jemand Steinchen ans Fenster warf.

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