Ingo Schulze - Neue Leben

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Neue Leben: краткое содержание, описание и аннотация

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Ostdeutsche Provinz, Januar 1990. Enrico Türmer, Theatermann und heimlicher Schriftsteller, kehrt der Kunst den Rücken und heuert bei einer neu gegründeten Zeitung an. Unter der Leitung seines Mephisto, des allgegenwärtigen Clemens von Barrista, entwickelt der Schöngeist einen ungeahnten Aufstiegswillen. Von dieser Lebenswende in Zeiten des Umbruchs erzählen die Briefe Enrico Türmers, geschrieben an seine drei Lieben — an die Schwester Vera, den Jugendfreund Johann und an Nicoletta, die Unerreichbare.Als Chronist der jüngsten deutschen Geschichte gelingt Ingo Schulze das einzigartige Panorama des Weltenwechsels 1989/90 — der Geburtsstunde unserer heutigen Welt.

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Nie zuvor hatte ich so viel Zeit zum Schreiben gehabt wie am Theater — unsere Anwesenheitspflicht galt von zehn bis vierzehn Uhr —, und dafür wurde ich sogar noch bezahlt! Immerhin blieben mir von neunhundert brutto siebenhundert netto, das war nicht anders als fürstlich zu nennen.

Ich betreute das jährliche Weihnachtsmärchen, eine Bearbeitung von Andersens» Schneekönigin«, und hatte darin sogar ein paar Auftritte als weiser Rabe. Vergeblich wartete ich auf einen Regisseur wie Flieder.

Am besten waren noch die Inszenierungen von Moritz Paulsen, der sein Geld mit Modenschauen verdiente und bei dem sich die Beleuchtungsproben über zwei oder drei Tage erstreckten. Was mich für Moritz Paulsen einnahm, war sein Entschluß, ein sogenanntes Glasnost-Stück als Revue aufzuführen. Höhepunkt waren jene kurzen Szenen, die mit dem von Paulsen erfundenen Ausruf» Der Parteiflamingo!«begannen und die Handlung unterbrachen. Mit verklärtem Lächeln sahen dann alle Schauspieler zu dem imaginären Parteiflamingo auf, der über den Bühnenhimmel zu ziehen schien. Wir rechneten uns gute Chancen aus, nach der Premiere verboten zu werden. Doch bis auf einen Wutausbruch von Jonas, dem Intendanten — niemand würde verstehen, was wir damit sagen wollten —, gab es nur müde Proteste. Ein Lehrer, der mit seiner Klasse die Aufführung gesehen hatte, bemängelte, daß wir, statt unsere künstlerischen Mittel für die Herausbildung eines parteilichen Bewußtseins einzusetzen, den Pädagogen in den Rücken fallen würden. Solche Briefe, die wie Trophäen ausgehängt wurden, blieben Mangelware.

Zur Zeit unseres zweiten gemeinsamen Weihnachten waren wir wohl eine glückliche Familie. Die Anwesenheit beider Großmütter besänftigte Robert. Er antwortete mir und stand nicht mehr auf, wenn ich mich zum Fernsehen neben ihn setzte.

Und dann, am Morgen des zweiten Weihnachtsfeiertages, wußte ich plötzlich, wie meine Novelle enden sollte. Ich verstand gar nicht, warum ich fast drei Jahre dafür gebraucht hatte.

Es muß mit der Stimmung bei uns zu tun gehabt haben, mit der von unserer Lektüre beeinflußten Stimmung. Michaela las Ecos» Der Name der Rose«, und Robert hatte von mir» Tim Thaler oder Das verkaufte Lachen «geschenkt bekommen. Lachen lag in der Luft, und auf einmal durfte auch Titus, mein Held, in der Novelle lächeln. Titus ließ sich nicht länger erpressen. An die Stelle des Leidens trat die Ironie. Er war erwachsen geworden.

Ich würde wieder von vorn beginnen, ganz von vorn, aber diesmal sicher im Tonfall. Das Lächeln von Titus tauchte die Novelle in ein heiteres Licht und befreite sie von der säuerlichen Tragik der Pubertät. 255

Im neuen Jahr machte ich mich an die Arbeit. Ich konnte gar nicht so schnell schreiben, wie mir die Ideen zuflogen. Und weil ich nun viel Zeit in meinem Refugium verbrachte — der Herr Türmer ist stets freundlich und gut gelaunt —, war auch Emilie Paulini froh.

Heute glaubt ja jeder, bei den Kommunalwahlen 256bereits die Totenglocken des Systems gehört zu haben. Im nachhinein erscheint das plausibel.

Hatte es an der Uni noch große Diskussionen gegeben, um wieviel Uhr ein Student im Wahllokal zu sein habe, nämlich nicht später als eine Viertelstunde nach Öffnung, so kümmerten die Wahlen am Theater niemanden. Nachdem der Karl-Marx-Orden an Ceauşescu verliehen worden war, 257hatte selbst Jonas mit Parteiaustritt gedroht.

Am Wahlsonntag war schönstes Maiwetter. Wir holten die Räder heraus und machten einen Ausflug. Ich kann Ihnen kaum eine Vorstellung von jenem Schaudern geben, das mich früher auf dem Weg zum Wahllokal begleitete. Wie auch immer man sich zu tarnen versuchte, man sah es jedem an — und jeder sah es einem selbst an —, daß der Weg zur Wahlurne führte. Das Anstehen vor dem Wahllokal funktionierte wie ein Pranger.

Wir machten ein Picknick an einem See nahe Frohburg und kehrten erst nachmittags zurück — da waren kaum noch Wahlgänger unterwegs. Wir hatten uns gerade hingelegt, als es klingelte. Robert öffnete. Ich dachte, es sei sein Freund Falk. Eine Frau und ein Mann wollten uns sprechen, sagte Robert. Wir zogen uns wieder an.

Ich fühlte mich kampfeslustig! Mit ein paar klaren Worten wollte ich die Sache erledigen.

Die Frau war um die Fünfzig und wippte wie eine Turmspringerin auf unserem Treppenabsatz. Ihre hellrot geschminkten Lippen hielten ein altes Lächeln fest. Er war Mitte Dreißig, hatte schütteres dottergelbes Haar und trug eine schwarze Lederjacke. Um den linken Ellbogen lässig auf das Treppengeländer stützen zu können, mußte er sich lächerlich tief zur Seite neigen. Aus seiner Faust ragte ein Kuli. In der Rechten hielt er eine Mappe.

Er sprach, sie beobachtete unser Frage-Antwort-Spiel.

Nein, sagte ich, wir beabsichtigten nicht, bis 18 Uhr das Wahllokal aufzusuchen, nein, der Grund sei nicht die Lokalpolitik, nein, die zur Wahl stehenden Personen kennten wir nicht, sie interessierten uns nicht, wir hätten eine andere Vorstellung von Wahlen.

Ich mühte mich, mein Lächeln niederzureden. Doch auch Michaela und selbst der mit den dottergelben Haaren begannen zu lächeln. Und sogar die Frau versuchte vergeblich, ihre hellroten Lippen am Lächeln zu hindern. Er war inzwischen mit dem Ellbogen am Geländer abgerutscht.

Ob sie weitere Auskünfte wünschten, fragte Michaela und klang dabei so freundlich, als hätte sie ihnen ein Glas Wasser angeboten. Nein, sagte er, sie hätten keine weiteren Fragen. Sie seien uns dankbar, weil wir so offen mit ihnen gesprochen hätten, nun könnten sie im Wahllokal Bescheid geben, da brauchten die ehrenamtlichen Helfer nicht länger zu warten, und auch die fliegende Wahlurne müsse ja nicht zu uns geschickt werden.

«Dann haben Sie den Weg nicht ganz umsonst gemacht«, sagte ich. Und Michaela fügte hinzu:»Da können Sie wenigstens den Rest vom Sonntag genießen.«—»Ach, schön wär’s«, rief der Dottergelbe, lachte und klopfte mit dem Kuli auf seine Mappe. Fast hätten wir uns zum Abschied die Hand gereicht.

Michaela mußte Robert beruhigen, der mitgehört hatte und fürchtete, man würde ihn unseretwegen in der Schule aufrufen. Er weinte, warf sich aufs Bett und rief:»Warum macht ihr es denn nie so wie die anderen!?«Als es erneut klingelte, zuckte er zusammen. Diesmal war es sein Freund Falk.

Ich weiß nicht, ob ich mich verständlich machen kann. Aber die Jämmerlichkeit der einen Seite machte die Jämmerlichkeit der anderen noch sichtbarer. Mit diesem Tag überfiel mich ein Gefühl absoluter Sinnlosigkeit. War es nicht absurd, sich jetzt wieder an die Novelle zu setzen? War sie nicht eine unfreiwillige Parodie? Überhaupt bekam alles, wie die Szene im Treppenhaus, einen Unterton, der zum Lachen reizte. Jegliche Emphase lief ins Leere, jede Geste, jedes Aufbegehren war überflüssig. Genauso unangemessen erschien mir der kühle Beobachterblick. Er war das Lächerlichste überhaupt, der größte Kitsch. 258

Ich setzte mich an meine Rheinmetall und hämmerte drauflos. Ich verstand nicht, was ich da schrieb. Ich ahnte nur, daß es mit Literatur nichts mehr zu tun hatte.

Es war ein Abschied, ich selbst vertrieb mich aus dem Paradies. Oder sollte ich sagen, ich trieb mir das Ich aus, ich opferte meine Individualität, meine eigene unverwechselbare Stimme, sofern ich sie überhaupt besessen hatte.

Ich glaubte, das, was ich tat, tun zu müssen, um mich zu bestrafen. Und in mir geißelte ich auch alle anderen, das ganze Land, das ganze System. Was ich da fabrizierte, war Dreck, aber nichts anderes als Dreck verdiente ich, dieser Staat, diese Gesellschaft! Vielleicht, dachte ich, hat Duchamp ähnlich empfunden, als er sein Pissoir zum Kunstwerk erklärte. So wie ihn vielleicht die Gewißheit gequält hat, nie wieder einen Pinsel in die Hand nehmen zu dürfen, nie wieder vor die Staffelei zu treten und die Farben auf der Palette zu riechen, so fühlte ich mich bei meinem Ausbruch. Es war ein brutaler Exorzismus, zu dem ich mich gezwungen sah. Mit jedem Satz meiner Wahlgeschichte, einer primitiven Fäkalienorgie, entfernte ich mich weiter von Arkadien. 259

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