Ingo Schulze - Neue Leben

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Neue Leben: краткое содержание, описание и аннотация

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Ostdeutsche Provinz, Januar 1990. Enrico Türmer, Theatermann und heimlicher Schriftsteller, kehrt der Kunst den Rücken und heuert bei einer neu gegründeten Zeitung an. Unter der Leitung seines Mephisto, des allgegenwärtigen Clemens von Barrista, entwickelt der Schöngeist einen ungeahnten Aufstiegswillen. Von dieser Lebenswende in Zeiten des Umbruchs erzählen die Briefe Enrico Türmers, geschrieben an seine drei Lieben — an die Schwester Vera, den Jugendfreund Johann und an Nicoletta, die Unerreichbare.Als Chronist der jüngsten deutschen Geschichte gelingt Ingo Schulze das einzigartige Panorama des Weltenwechsels 1989/90 — der Geburtsstunde unserer heutigen Welt.

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«Ich könnte mir vorstellen«, äffte ich auf dem Heimweg Geronimo nach,»daß du einen wirklich guten Katecheten abgeben würdest. «Klänge es nicht zu pathetisch, müßte ich sagen: Ich lachte höllisch. Ein Vierzehnjähriger 130kann das besser, als man gemeinhin wahrhaben möchte.

Muß ich noch sagen, daß ich erst Tage später überhaupt bemerkte, Gott verloren zu haben, daß er ausgelöscht worden war, ohne daß ich davon Notiz genommen hatte? Kein einziges Vaterunser ist mir seither über die Lippen gekommen.

Ich schwebte jetzt dort, von wo aus Gott auf die Menschen geschaut hatte. Nun war ich es, der auf sie herabblickte, auf mich so gut wie auf Geronimo oder Myslewski, und beobachtete, was sie da trieben. Ich wußte, daß es wenig Bedeutung hatte, ob sie mutig oder feige waren, stark oder schwach, ehrlich oder verlogen. Wichtig waren sie allein deshalb, weil ich sie beobachtete.

Geronimo konnte tun und lassen, was er wollte. Es würde untergehen im allgemeinen Gewusel. Ich würde bestimmen, welches Bild von ihm bliebe. Ja, es würde sich überhaupt niemand für Geronimo interessieren, wenn ich nicht heute, morgen oder dereinst über ihn schriebe. 131Ich verfügte über den Schlüssel zu Dantes Hölle.

Mein gescheiterter Vortrag hatte kein Nachspiel. Ich sprach mit niemandem darüber. Meine Mutter speiste ich mit der Erklärung ab, das Stundenklingeln habe mich unterbrochen.

Ich hatte allen Grund, mein Erlebnis verborgen zu halten. Eine Zeitlang vertuschte ich es sogar vor mir selbst und versuchte, meiner Angstlosigkeit eine andere Herkunft zu geben. Daß meine Novelle eine andere überraschende Wendung nahm, versteht sich von selbst.

Damals ahnte ich nicht, welchen Preis ich noch für meine Angstlosigkeit zahlen sollte.

Meine Sprache, meine Stimme veränderten sich innerhalb weniger Tage. Ich redete lächelnd. Alles, was ich sagte, bekam eine Zweideutigkeit, die mich in der Klasse isolierte. Was meinte ich ernst? Was war Spiel? Zum ersten Mal führte ich ein Außenseiterdasein. Die anderen interessierten mich nicht mehr. Der Umgang mit Menschen, jedenfalls mit Gleichaltrigen, war Zeitverschwendung. Konnte sich denn die Intensität eines Gesprächs je mit der einer Lektüre messen? Ich brauchte meine wenigen freien Stunden zum Lesen und zum Schreiben. Sie waren zu kostbar, um sie in Gesellschaft zu verplempern 132.

Geronimo mied mich, ohne mich zu attackieren. Er bete für mich, flüsterte er mir einmal zu, als er mich dabei überraschte, wie ich seine scharf abgesetzten Kieferknochen und seinen nervösen Mund beobachtete.

Ich gönnte mir neben dem Triumph, sowohl ihm als auch Myslewski entronnen zu sein, eine kleine Rache.

Sobald es im Sportunterricht zu irgendeinem Spiel kam — meistens Fußball oder Volleyball — und Geronimo und ich in eine Mannschaft gewählt wurden, er regelmäßig als letzter, ließ ich keine Gelegenheit aus, Geronimo anzuspielen, um ihn, wie es der Sportlehrer forderte, einzubeziehen.

Geronimo fürchtete nichts so sehr wie einen Ball. Sein Körper duckte sich instinktiv. Er mußte seinen Fluchttrieb unterdrücken — und wenn er sich dann, wie er es immer tat, dem Feind stellte, war es zu spät. Ich hatte schnell Erfolg. Bald galt es als Sensation, wenn die Mannschaft gewann, zu der Geronimo gehörte. Hohn, Spott und Wut entluden sich nur auf ihn. Das Altruistische meiner Zuspiele stand offenbar nie in Frage. 133

Am Tag der Zeugnisausgabe, am Ende der zehnten Klasse, wurden fünf Mitschüler» verabschiedet«. Vier, die wegen ungenügender Leistungen gehen mußten — ich hatte mich ins Mittelfeld gerettet —, und Geronimo, der an seiner Wehrdienstverweigerung festhielt. Vor unserem letzten gemeinsamen Schultag kehrten die alten Beklemmungen zurück. Ich ahnte, daß jetzt eine Abrechnung fällig war, daß Geronimo durch eine spektakuläre Tat, die er seit Monaten geplant hatte, endgültig in unsere Gedächtnisse eindringen wollte. Aber das fürchtete ich nicht. Ich war unsicher, weil ich mich so sicher fühlte, weil ich mir keine Attacke vorstellen konnte, die mich wirklich hätte treffen können. Meine Angstlosigkeit machte mir plötzlich angst.

Die Erinnerung an diesen Tag ist in grelles Julilicht getaucht. Die langen, nie ganz sauberen Finger Geronimos zitterten über der Tischplatte.

«Auch von Ihnen muß ich mich heute verabschieden«, sagte Myslewski und baute sich vor unserer Bank auf. Nachdem sich Geronimo ganz aufgerichtet hatte und Myslewski um einen Kopf überragte, durchfuhr ihn eine Art Schüttelfrost. Myslewski verkündete mit dem Blick auf das Zeugnis die Durchschnittsnote: eins Komma null ohne die Drei im Sport. Irgendwie bekam Myslewski Geronimos Hand zu fassen und hielt sie eine Weile fest.

Geronimo beugte sich im Hinsetzen nach vorn, als müsse er brechen, und begann zu heulen. Er heulte, als hätte er sein Leben lang alle Tränen aufgespart und versuchte sie nun in dreißig Minuten loszuwerden. Unter diesem Heulen, mal schluchzte er auf, mal wimmerte er, bekamen wir unsere Zeugnisse ausgehändigt.

Ich legte meine Hand auf seine Schulter, auf seinen Kopf. Einmal strich ich ihm übers Haar, das fettig war. Geronimo sah bis zum Klingeln nicht mehr auf.

Danach verließ ich das Klassenzimmer, um mir die Hände zu waschen.

Als ich zurückkehrte, war Geronimo von unseren Mitschülern umringt. Sie umstanden ihn so dicht, daß ich ihn nicht mal mehr sehen konnte. Deshalb trennten wir uns ohne Abschied.

Plötzlich schauderte ich bei dem Gedanken, diese Szene jetzt oder dereinst in Literatur zu verwandeln und aus meiner schmierigen Hand eine Metapher zu machen. Weil mir das bis heute nicht gelungen ist, erinnere ich mich an diesen Tag noch sehr genau. 134

Sonnabend, 31. 3. 90

Lieber Jo!

In den letzten Tagen haben sich die Ereignisse überschlagen, und ich gäbe einiges darum zu wissen, wie es um uns bestellt sein wird, wenn Du diese Zeilen liest.

Am Freitag saßen wir zusammen, Georg, Jörg, Marion und ich. Es war zu entscheiden, ob wir den Artikel unserer Umweltbibliothek bringen. Es geht nicht um Altenburg, sondern um Neustadt an der Orla, wo man Mitte der Siebziger in den schönsten Thüringer Wald eine Mastanlage für zweihunderttausend Schweine gebaut hat. Die Kinder in der Umgebung bekamen Erstickungsanfälle, im Brunnenwasser waren Grenzwerte um das Zehnfache überschritten, die Dörfer erhielten ihr Wasser nur noch aus Tankwagen und dergleichen mehr. Jetzt will sich unser Anzeigenkunde Pipping-Fenster dort einkaufen. Der springende Punkt ist, daß sie die Betriebsleitung der Schweinemast übernehmen wollen. Die aber gehörte zu Schalck-Golodkowski. Achtzig Prozent der Schweine waren für den Export bestimmt. Eine Umweltschützerin hat deshalb einen offenen Brief an Herrn Pipping geschrieben, weshalb einige der darin erwähnten Genossen nun gegen sie klagen. Du wirst es ja lesen.

Georg, der sonst immer alles akribisch protokolliert, saß da mit Wurzelfalten zwischen den Augenbrauen, die Ellbogen aufgestützt, Mund und Nase hinter den Händen in Deckung, und beobachtete Jörg, der den Artikel vorlas. Wenn wir den Artikel bringen, werden wir den Altenburger Ableger von Pipping-Fenster als Kunden verlieren — verlieren bedeutet bei zweispaltig/sechzig und wöchentlicher Schaltung (Jahresvertrag), 50 Prozent Aufschlag letzte Seite immerhin 10 870 Mark, mehr als die Hälfte davon in D-Mark. Und dabei können wir weder die Stichhaltigkeit des Artikels prüfen noch die juristischen Folgen einer Veröffentlichung abschätzen. Wir gehen jemanden frontal an, allein im Vertrauen auf die Umweltleute. Andererseits gibt es niemanden, dem wir mehr Glauben schenken als Anna, der Jeanne d’Arc des letzten Herbstes. Die anderen Zeitungen wiegeln ab. Das Für und Wider hielt sich die Waage. Irgendwann aber ließ sich Georgs Schweigen nicht länger ignorieren.

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