»Sie sind dreckig«, sagte er.
Sie blieb stehen, lehnte ihren Kopf an den Türrahmen, ihren Körper, als hätte sie keine Kraft mehr.
»Sie sind dreckig«, wiederholte er.
Sie hob kurz ihre Schultern, wattierte Jackenschultern, ließ sie mit einem Ruck wieder sinken.
»Sie sollten das auch tun. Büßen. Ihre Frau«, sagte sie, drehte sich nicht um.
»Kommen Sie«, er griff nach ihrem Arm, der Arm wehrte sich nicht, schoss nicht nach oben oder störrisch zur Seite. »Kommen Sie«, sagte er, zog an dem Arm, stieß ihn vorwärts. Sie setzte sich in Bewegung, ging neben ihm her, er schloss die Finger fester, wusste, er tat ihr weh.
Sie bockte nicht, ließ sich schieben, leicht schieben, durch den Flur. Ging vor ihm her, mit kleinen schnellen Schritten, als habe sie kein Gewicht. Als wenn er sie verletzen, ihr etwas anhaben könnte. Er hatte erwartet, sie würde sich wehren, widerborstig sein, sperrig, sich am Türrahmen festhalten, sich schwer machen, sich nach hinten werfen, mit ihrem ganzen Körpergewicht nach hinten werfen.
Er betrachtete ihren Nacken, ihre runden Schultern, hätte gern seine Hände auf sie gelegt, sie gestreichelt, zärtlich vielleicht. Ihr Rücken berührte seinen Bauch, er konnte ihre Körperwärme fühlen. Er war langsamer geworden, sie wandte den Kopf, drehte sich nach ihm um, musterte ihn, ihr Blick suchte sein Gesicht ab, er griff fester zu, schob energisch ihren Arm in Richtung Schlafzimmer. Sie stolperte, fing sich rasch, sah wieder geradeaus, sah das Bett an, sein Bett.
Ihre Socken hinterließen feuchte Fußabdrücke auf den Dielen, sie setzte sich auf die Bettkante. Saß stumm da, sah auf den Boden, ihre Schultern hingen herab.
»Weiter rauf«, sagte er.
Sie drehte sich um, betrachtete die zerlegene Decke, die Lakenfalten. Als sie sah, dass er sich nicht gerührt hatte, strich sie den Stoff mit der Hand glatt. Schließlich streckte sie ihre Arme nach hinten, stützte die Hände auf, zog sich weiter hinauf, zog die Beine nach. Saß da und sah ihn an, als würde sie warten.
»Ziehen Sie sich aus«, sagte er, sagte es eher versuchsweise, denn er war sicher, sie würde lachen, nach ihm schlagen vielleicht.
Doch so leicht sie eben im Flur gewesen war, so widerstandslos tastete sie nach dem Reißverschluss ihres Pullovers, er surrte leise, griff nach dem Saum und zog ihn hoch über ihren Bauch, das T-Shirt rutschte ein Stück mit. Sie trug wieder die beige Strumpfhose unter der Hose, den schwarzen BH, zog den Pullover über ihre Brüste, über ihren Kopf.
Er war am Bettende stehen geblieben, »weiter«, sagte er. Das T-Shirt blieb an ihrem Kinn hängen, sie zog mit erhobenen Oberarmen, ihre Achseln nicht rasiert, Baumwollstoff vor ihrem Gesicht. Er streifte die Schuhe von den Füßen, bückte sich nicht, um die Schnürsenkel zu öffnen, sondern trat die Hacken herunter und schlüpfte raus, das tat er sonst nicht, davon gingen sie kaputt. Den BH legte sie auf den Nachtschrank.
Ihre Hose hinterließ nasse, sandige Flecken auf dem Laken. »Sie machen die Wäsche schmutzig«, sagte er. Sie hob ihre Waden, legte sich auf den Rücken, ihre Oberschenkel angewinkelt, schob den Hosenknopf durch die Öse, den Reißverschluss hinab, er konnte ihre Unterhose sehen, weiß, unter beigem Nylon. Sie zog die Hose über ihre Hüfte, hakte ihre Daumen in die Strumpfhose und rollte sie mit herab, die Strumpfhose auch durchnässt, das Beige ab den Waden dunkler.
Er überlegte, ob er seine Hose öffnen, sein Hemd ausziehen sollte, zumindest die Socken. Sah sich nackt vor ihr stehen und frierend und bloß, er ließ es bleiben.
Deutete auf den verbliebenen Stoff, »ausziehen«.
Sie lehnte sich zurück auf ihre Ellbogen, hob leicht das Becken und schob die Unterhose hinab. Über ihre Oberschenkel, ihre Knie, sie öffnete sie nur Millimeter, so dass der Stoff zwischen ihnen durchpasste, so dass er nicht zwischen ihre Beine sehen konnte.
Sie legte sich auf den Rücken, die Beine übereinandergeschlagen, faltete die Hände über ihrem Bauch und sah zur Decke.
Das Schamhaar schütter, er konnte den Schamhügel erkennen, bleich und mädchenweich. Konnte sehen, wo drahtig Haare aus ihm wuchsen, über den Schamlippen dichter, schwarz gelockt, vereinzelt auch weiße darunter. Auf der linken Seite, eine knappe Handbreit unter der Bauchwölbung, war ein roter Strich ins Fleisch gegraben, als sollte er die Grenze zwischen Bauch und Scham markieren. Eine Narbe, vielleicht zehn Zentimeter lang, ihr äußeres Ende am Hüftknochen gezackt, zum Bauchnabel hin wurde sie gerader.
Er nahm ihre Handgelenke, nahm beide in eine Hand, ihre Arme ließen sich widerstandslos nach oben biegen. Er beugte sich über sie, über ihr Gesicht, zog die Arme lang, drückte sie ins Kissen.
Sein Gesicht sehr nahe an ihrem, er lehnte sich weiter vor, stupste sanft mit der Nase gegen ihre Wange, sie drehte den Kopf zur Seite. Drückte eine Gesichtshälfte ins Kissen, seine Nase berührte ihr Ohr. Er musste sich strecken, reckte den Hals, so weit er konnte, erreichte nur ihren Mundwinkel, ihre Haut sehr weich. Ihre Lippen pressten sich zusammen, wurden hart unter seinen, sie drückte das Gesicht fester ins Kopfkissen, weg von ihm.
Er roch Schweiß, herb und stechend, sie hatte nicht geduscht. Strich die Innenseite der Arme hinab, durch die Ellbogenbeuge, über die Oberarme bis in ihre Achseltäler. Seine Finger kitzelten sie, sie zog die Beine an, er hielt inne. Langsam ließ sie die Knie sinken. Die Narbe zuckte leicht, als die Spitze seines rechten Zeigefingers sie berührte, die Muskeln unter ihrer Haut spannten sich, wurden fest und wieder schlaff. Die Narbe war warm, er fuhr sie langsam entlang in Richtung Bauchnabel, eine weiche Schnur unter seiner Fingerkuppe.
»Ich habe eine Tochter«, sagte sie.
Zuerst verstand er nicht.
Seine Hand bewegte sich hinab und weiter zur Mitte, in ihren Schoß, wo die Haare dichter wurden. Weich ihre Haut und warm war sie, und glatt fühlte sie sich an. Auch wenn er Falten und Wülste und Dellen sah, unter seinen Fingerkuppen war die Haut glatt.
Seine Hand tastete seinen Bauch hinab zum Hosenbund, es dauerte, bis er den Knopf durch die Öse geschoben hatte. Der Reißverschluss, seine Fingerspitzen suchten nach dem Reißverschluss, er bekam ihn nicht zu fassen. Er stütze sich auf einen Ellbogen, hob den Unterleib ein wenig an, damit er sehen konnte. Sie sah ebenfalls hinab, der aufgestützte Arm begann unter seinem Gewicht zu zittern. Sie sah stumm zu, wie seine Finger umständlich den kleinen Metallanhänger zu fassen bekamen und hinabzogen. Der Reißverschluss surrte, gut hörbar in dem stillen Zimmer. Beinahe hätte er das Gleichgewicht verloren, wäre nach hinten gekippt, vom Bett gekippt, auf die harten Dielen. Sie verzog den Mund, als er schwankte, zog die Mundwinkel nach unten, mitfühlend, wie ihm schien. Ihre Hand schnellte vor, wollte ihn festhalten. Er fand das Gleichgewicht wieder, Feinripp quoll aus seinem Hosenschlitz, er konnte sein Glied spüren, schlaff und weich in seinem Schritt. Er versuchte sich zu konzentrieren, ein leichtes Kribbeln in der Leistengegend, fühlte, wie sich die Kauflächen seiner Backenzähne aufeinanderpressten, vergebens.
Er lehnte den Oberkörper zurück, sein Arm schmerzte vom Aufstützen, legte sich auf den Rücken, sah zur Decke, die Hose offen, das Glied schlaff. Hörte sie atmen, konnte fühlen, wie sich ihr Brustkorb hob und senkte, fühlte ihre Wärme neben sich.
Er drehte den Kopf. Sie fror, hatte Gänsehaut auf ihren Armen, auf Bauch und Oberschenkeln. Hatte die Hände hinter ihrem Kopf verschränkt. Sah ihn an. Lag ruhig neben ihm und erwiderte seinen Blick, blinzelte kaum. Schämte sich nicht ihrer Blöße, er betrachtete ihren Bauch, Dehnungsstreifen an den Seiten, die Narbe. Sie hatte gelogen. Sah müde aus, ihre Augäpfel waren gerötet, ihre Haare mittlerweile trocken. Er wollte etwas sagen, wusste nicht, was, räusperte sich.
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